TE Vfgh Beschluss 1991/10/1 G294/90

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Veröffentlicht am 01.10.1991
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7070 Veranstaltung, Theater

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Sbg VeranstaltungsG 1987 §21 Abs1 litb
Sbg VeranstaltungsG 1987 §28 Abs1 und Abs3

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung verschiedener Bestimmungen des Sbg VeranstaltungsG 1987 mangels Darlegung des aktuellen Eingriffs in eine rechtlich geschützte Interessensphäre der Antragsteller

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehren "die in Gründung befindliche G Aktiengesellschaft" (als Zweitantragstellerin) sowie Mag. H D als "selbständig vertretungsbefugter Vorstand der in Gründung befindlichen

G Aktiengesellschaft" (als Erstantragsteller) die Bestimmungen der §§21 Abs1 litb, 28 Abs1 letzter Halbsatz und 28 Abs3 des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 als verfassungswidrig aufzuheben.

Ihre Antragslegitimation begründen die Antragsteller wie folgt:

"Die Antragsteller betreiben unter der Anschrift A-5020 Salzburg, St. Julienstr. 9a die 'Erste Österreichische Poker-Schule'. Nach ihrer Meinung ist für den Betrieb dieser Schule eine verwaltungsbehördliche Bewilligung, insbesonders nach den Bestimmungen des Salzburger VeranstaltungsG nicht erforderlich. Die Bundespolizeidirektion SALZBURG (als zuständige Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz) hat hingegen durch ihre Organe die formlos geäußerte Meinung vertreten, daß es sich bei dieser Schule um eine Einrichtung handelt, bei der Spielapparate i.S. des §21 VeranstaltungsG verwendet werden würden; ihr Betrieb verstoße daher, weil einer behördlichen Bewilligung nicht zugänglich, gegen die Strafbestimmung des §28 Abs1 letzter Halbsatz Salzburger VeranstaltungsG.

Die in der 'Ersten Österreichischen Poker-Schule' aufgestellten Spielapparate stehen teils im Eigentum des Erstantragstellers, teils im Eigentum der Zweitantragstellerin.

Ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die beiden Antragsteller (bezüglich des Erstantragstellers als verantwortliches Organ der Zweitantragstellerin; bezüglich der Zweitantragstellerin zur Verwirklichung eines allfälligen Verfallsanspruches) ist jedoch bis jetzt nicht eingeleitet worden.

...

Die Antragsteller vertreten die Meinung, daß sowohl die Verbote des §21 Abs1 litb des Salzburger VeranstaltungsG, als auch die Strafbestimmungen für eine Übertretung dieser Verbote im Anlaßfall zur Anwendung kommen könnten, weil es sich bei den in der 'Ersten Österreichischen Pokerschule' verwendeten Geräte um Geldspielapparate i.S. des §28 Abs2 Salzburger VeranstaltungsG handelt, nach Auffassung der Bundespolizeidirektion Salzburg.

Wenn nun ein Zuwiderhandeln gegen die Gebote und Verbote des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1978 in abstracto und in concreto strafbar macht, so setzen sich die Antragsteller hiedurch der aktuellen Gefahr einer Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens und einer Bestrafung mit allen nachteiligen Folgen aus.

Der Normadressat ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann nicht zur Individualanfechtung von Rechtsvorschriften legitimiert, wenn er auf dem Wege eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens seine Bedenken gegen die Verfassungswidrigkeit der Rechtsnorm geltend machen könnte; das Beschreiten des Verwaltungsrechtsweges ist als unzumutbar angesehen worden, wenn der Antragsteller zunächst ein (Verwaltungs-)Strafverfahren gegen sich provozieren müßte - vgl. Slg. 8395, 8432 und ff., aus letzter Zeit etwa Erk. 3.10.1989 G2/89 = Zeitschrift für Verwaltung 1990 S. 535).

Aus diesen Überlegungen ergibt sich somit die Zulässigkeit des vorliegenden Individualantrages."

2. Die Salzburger Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den vorliegenden Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen. In einer ergänzenden Äußerung der Salzburger Landesregierung wurde dem Verfassungsgerichtshof zur Kenntnis gebracht, daß gegen den Erstantragsteller wegen "des Betreibens einer Pokerschule in Salzburg" ein Strafverfahren gemäß §168 StGB beim Bezirksgericht Salzburg sowie ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des §52 Abs1 des Glückspielgesetzes bei der Bundespolizeidirektion Salzburg anhängig seien.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).

2. Der Antrag ist unzulässig:

Bei der Beurteilung des Vorliegens der Prozeßvoraussetzungen hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. VfSlg. 8594/1979, 8974/1980). Wie unter Pkt. I.1. dargestellt, sind die Antragsteller selbst der Auffassung, daß für den Betrieb der "Poker-Schule" eine Bewilligung nach den Bestimmungen des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 nicht erforderlich sei, mithin das Salzburger Veranstaltungsgesetz 1987 auf den in Frage stehenden Sachverhalt keine Anwendung fände. Die Antragsteller stützen sich in der Darlegung ihrer Antragslegitimation lediglich darauf, daß die als verfassungswidrig bekämpften Bestimmungen des Salzburger Veranstaltungsgesetzes 1987 im Anlaßfall "zur Anwendung kommen könnten (Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof), weil es sich bei den in der 'Ersten Österreichischen Pokerschule' verwendeten Geräte um Geldspielapparate i.S. des §28 Abs2 Salzburger VeranstaltungsG handelt, nach Auffassung der Bundespolizeidirektion Salzburg" (Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof). Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine aktuelle Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen der Antragsteller darzutun, gehen doch die Antragsteller selbst in ihrem Antrag - offenbar - davon aus, daß die Bestimmungen des Salzburger Veranstaltungsgesetzes auf den in Frage stehenden Sachverhalt keine Anwendung finden, der behauptete Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller sohin nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst nicht eindeutig bestimmt ist. Umstände, die es erlauben würden, einen aktuellen Eingriff in eine rechtlich geschützte Interessensphäre der Antragsteller anzunehmen, sind den Darlegungen nicht zu entnehmen; sie sind auch nicht aus einer lediglich formlos geäußerten, unverbindlichen Rechtsansicht der Bundespolizeidirektion Salzburg ableitbar. Die Antragslegitimation ist somit nicht gegeben (vgl. VfSlg. 8698/1979, 9309/1981, 10511/1985).

Der Antrag war daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß das Vorliegen der sonstigen Prozeßvoraussetzungen zu prüfen war.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G294.1990

Dokumentnummer

JFT_10088999_90G00294_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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