TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/18 91/12/0142

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Veröffentlicht am 18.02.1994
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Index

L22003 Landesbedienstete Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/02 Familienrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

ABGB §140;
ABGB §901;
ABGB §94;
B-VG Art7 Abs1;
DPL NÖ 1972 §84 Abs1;
EheG §69;
PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs4 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs6 idF 1985/426;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde der LL in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. April 1991, Zl. I/PB-177.6538/75, betreffend Festsetzung des Versorgungsbezuges nach der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehefrau des am 8. Februar 1991 verstorbenen (als Landesbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich gestandenen) HL. Ihre Ehe wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg mit Wirkung vom 22. November 1990 rechtskräftig geschieden. In dem aus Anlaß der Scheidung abgeschlossenen Vergleich (Ausfertigung des BG Korneuburg vom 22. November 1990, 1 C 64/90a) verpflichtete sich (soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist) L. gegenüber der Beschwerdeführerin "beginnend mit 1.12.1990 jeweils am 1. eines jeden Monates einen Betrag von S 5.000,-- 14 x jährlich die Sonderzahlung fällig am 1.6. und 1.12. eines jeden Jahres bei Exekution zu bezahlen. Für 1990 ist keine Sonderzahlung fällig. Bemessungsgrundlage bildet ein monatliches Nettoeinkommen der Erstantragstellerin (Anmerkung: das ist die Beschwerdeführerin) von S 8.000,-- und des Zweitantragstellers von S 30.000,--" (Punkt 1. der Vergleichsausfertigung).

Mit Schreiben vom 20. März 1991 (eingelangt bei der belangten Behörde am 26. März 1991) beantragte der nunmehrige Beschwerdevertreter namens der Beschwerdeführerin über ihren Versorgungsgenuß bescheidmäßig abzusprechen. Er vertrat die Auffassung, die im Vergleich als Bemessungsgrundlage angeführten Einkommen der beiden Ehegatten kämen der Festlegung eines Prozenttitels gleich. Auch die Beschwerdeführerin selbst stellte mit Schreiben vom 2. April 1991 einen Antrag auf Witwenversorgungsbezug.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. April 1991 sprach die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführerin gebühre als früherem Ehegatten des verstorbenen Landesbeamten L. ab 1. März 1991 ein Versorgungsbezug von monatlich brutto S 5.833,30 zuzüglich der jeweiligen Sonderzahlungen. Dieser Betrag ändere sich jeweils um denselben Hundertsatz, um den sich der Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V ändere. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, im Hinblick auf den beim BG Korneuburg abgeschlossenen Vergleich vom 22. November 1990 seien die Voraussetzungen für den Versorgungsanspruch der Beschwerdeführerin nach § 84 Abs. 1 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, LGBl. 2200 (im folgenden: DPL 1972) gegeben. Auf Grund dieses Vergleiches habe die Beschwerdeführerin im Februar 1991 Anspruch auf eine Unterhaltsleistung von S 5.000,-- sowie auf einen aliquoten Anteil der Sonderzahlung von S 833,30 (monatlicher Unterhaltsbeitrag daher: S 5.833,30) gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 1 DPL 1972, LGBl. 2200-36, gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 86 Abs. 2 bis 4 und 88 - soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

Nach Abs. 3 leg. cit. darf der Versorgungsbezug die Unterhaltsleistung nicht übersteigen, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat.

Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, die belangte Behörde hätte nicht von einem Fixbetrag ausgehen dürfen. § 84 Abs. 3 DPL 1972 spreche bewußt von "Unterhaltsleistungen" und verwende nicht das Wort "Unterhaltsbetrag", um der ständigen Rechtsprechung des OGH Rechnung zu tragen, wonach die Regelung des Unterhaltes, bei der die Bemessungsgrundlage festgehalten sei, der Festlegung eines Prozenttitels gleichgestellt sei. Es sei daher im Beschwerdefall von der Relation zwischen Einkommens- und Unterhaltshöhe auszugehen. Der angefochtene Bescheid hätte daher als Unterhaltsleistung diese Relation (34,21 % des Familieneinkommens) in den Spruch aufnehmen müssen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die im Beschwerdefall angewendeten Bestimmungen der NÖ DPL 1972 entsprechen § 19 Abs. 1 und 4 des Pensionsgesetzes 1965, sodaß die dazu ergangene Judikatur auf die DPL 1972 übertragen werden kann.

Wie sich aus § 84 DPL 1972 ergibt, stellt der Versorgungsgenuß für den früheren Ehegatten - das ist jener Ehegatte, dessen Ehe mit dem Beamten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist (vgl. § 81 Abs. 4 DPL 1972) - einen Ausgleich dafür dar, daß der frühere Ehegatte durch die rechtskräftige Auflösung der Ehe (im obigen Sinn) die Anwartschaft auf den Versorgungs-(Witwen und Witwer)Genuß verloren hat. Der Ausgleich wird in der Weise gewährt, daß bei einem Landesbeamten das Land in dessen Unterhaltspflicht gegenüber dem früheren Ehegatten mit der Maßgabe "eintritt", daß an die Stelle des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches gegen den verstorbenen Beamten ein gegen das Land gerichteter öffentlich-rechtlicher Anspruch tritt. Das Land wird aber damit nicht Rechtsnachfolger des verstorbenen Landesbeamten und tritt auch nicht in dessen Rechtsstellung ein. Nach § 84 Abs. 1 DPL 1972 wird vielmehr ein neuer, rechtlich selbständiger öffentlich-rechtlicher Anspruch auf (Witwen- bzw. Witwer)Versorgung des früheren Ehegatten gegen das Land begründet, dessen HÖHE grundsätzlich an die im Zeitpunkt des Todes des Landesbeamten in bestimmter SCHRIFTLICHER Weise (vgl. § 84 Abs. 1 und Abs. 5 leg. cit.) - um eine spekulative Ausnützung dieser Institution hintanzuhalten - geregelte (zivilrechtliche) Unterhaltsverpflichtung (wie sich aus der Begrenzungsvorschrift des § 84 Abs. 5 leg. cit. ergibt) anknüpft (vgl. dazu das zur DPL 1972 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 1992, Zl. 88/12/0180, sowie das zum PG 1965 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1982, Zl. 81/09/0134 = Slg. N.F. Nr. 10640/A).

Der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten ist nicht etwa ein abstrakter, sich aus dem Gesetz ergebender Anspruch zugrunde zu legen. Entscheidend ist vielmehr allein der Anspruch, wie er auf Grund eines im § 84 Abs. 1 DPL 1972 angeführten Verpflichtungsgrundes gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag KONKRET bestanden hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988, Zlen. 86/12/0071, 0072 =

Slg. N.F. Nr. 12606/A - nur Leitsatz). Im übrigen behält der Begriff "Unterhaltsleistungen" auch dann einen Sinn, wenn damit zum Ausdruck gebracht wird, daß auch Naturalleistungen darunter fallen und bei der Bemessung zu berücksichtigen sind (zur Beachtlichkeit der Naturalunterhaltsleistung siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1982, Zl. 81/09/0134 = Slg. N.F. Nr. 10640/A).

Aus diesen Gründen treffen daher die vom Beschwerdeführer aus § 84 Abs. 3 DPL 1972 gezogenen Schlußfolgerungen nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen diese (im obigen Sinn verstandene) Bestimmung auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes:

Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführerin verkennt trotz der Verknüpfung grundlegend den Unterschied zwischen der privatrechlichen Unterhaltsleistung einerseits und dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch andererseits.

Sofern die Beschwerdeführerin vermeint, aus dem Vergleich vom 22. November 1992 etwas für sich gewinnen zu können, ist ihr zu erwidern, daß die Anführung der für die festgelegte Unterhaltsleistung maßgebenden Einkommen allein noch keinen der Beschwerdeführerin zustehenden unmittelbaren Anspruch aus dem Vergleich begründet, der nach § 84 DPL 1972 bei der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten zu berücksichtigen wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/12/0141, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991120142.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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