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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Mag. J in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 30. Juli 1993, Zl. 112.089/191-I/D/12/93, betreffend Reisegebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentschutz.
Er war zur Absolvierung des 2. Lehrganges der Europaakademie für die Zeit vom 7. September bis 18. Dezember 1992 der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt.
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens fertigte der Beschwerdeführer eine Reiserechnung für die Zeit vom 7. September bis 19. Oktober 1992 am 14. November 1992. Das Original dieser Reiserechnung weist unter "Eingangsvermerk" handschriftlich lediglich die Aussage "eingelangt am 28. 11. 92" und eine unleserliche Unterschrift auf. Die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit dieser Reiserechnung erfolgte mit unleserlicher Unterschrift am 15. Jänner 1993. Für die restliche Zeit des Lehrganges (20. Oktober bis 18. Dezember 1992) weist die zweitgelegte Reiserechnung neben der Unterschrift des Beschwerdeführers das Datum "4. 2. 93" und beim Eingangsvermerk einen Stempelaufdruck auf, bei dem nur das Einlaufdatum mit "5. 2. 93" leserlich ist.
Mit Amtsvermerk vom 29. März 1993 leitete die belangte Behörde diese Reiserechnungen im Einsichtsweg an die Buchhaltung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales weiter und informierte den Beschwerdeführer im wesentlichen wie folgt:
"Die Lehrgänge an der Europaakademie der Verwaltungsakademie des Bundes sind Bestandteil des Kursangebotes der Verwaltungsakademie und bilden durch ihre Themenstellung einen gesonderten Schwerpunkt innerhalb des Kursprogrammes. Die Zulassung zu den Lehrgängen der Europaakademie erfolgt durch die Verwaltungsakademie des Bundes. Teilnehmer werden für die Dauer dieser Lehrgänge der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt. Die Europaakademie kann daher allenfalls als "themenbezogener Teil der Verwaltungsakademie", nicht jedoch als eigenständige Organisationseinheit angesehen werden."
Auf diesem Schriftstück brachte der Beschwerdeführer folgenden handschriftlichen Vermerk an (- soweit leserlich -):
"Wird der Abteilung schriftlich mit der Feststellung rückgemittelt, daß ich, wie in Vorgesprächen mitgeteilt, (MR. Dr. XY) die geänderte (Rechts)ansicht NICHT TEILE und um Ausstellung eines BESCHEIDES mit Rechtsmittelbelehrung ersuche, um im Instanzenweg meinen Anspruch geltend machen zu können."
Der angefochtene Bescheid hat folgenden Spruch:
"Ihrem Antrag vom 31. März 1993 auf Ausbezahlung von Reisegebühren wegen Teilnahme an einem Lehrgang der Verwaltungsakademie des Bundes in der Zeit vom 6. September 1992 bis 18. Dezember 1992 wird gemäß § 2 Abs. 3 und 5 und § 73 der Reisegebührenvorschrift (= RGV 1955), BGBl. Nr. 133/1955 in der geltenden Fassung, keine Folge gegeben."
Zur Begründung werden die §§ 73 und 2 Abs. 3 und 5 RGV wiedergegeben und dann weiter ausgeführt:
Der Beschwerdeführer sei als Leiter der Abteilung NN des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz der Zentralleitung dieses Ressorts mit dem Sitz in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, dauernd zur Dienstleistung zugewiesen. Sein Dienstort sei daher Wien. Er sei unbestritten auf Grund eines Dienstauftrages in der genannten Zeit der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt gewesen. Diese sei gemäß § 1 des Verwaltungsakademiegesetzes, BGBl. Nr. 122/1975 in der geltenden Fassung, als unselbständige Bundesanstalt in Wien eingerichtet, näherhin in 1140 Wien, Mauerbachstraße 43.
Wo die Verwaltungsakademie nun ihre Lehrveranstaltungen abhalte, sei hiebei irrelevant (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1985, Zl. 84/09/2015 - richtig wohl 84/09/0215), es sei jedenfalls bei der Beurteilung der aus der Dienstzuteilung zur Verwaltungsakademie allenfalls resultierenden reisegebührenrechtlichen Ansprüche vom geographischen Standort der Verwaltungsakademie des Bundes auszugehen. Die Lehrgänge an der Europaakademie der Verwaltungsakademie des Bundes seien Bestandteil des Kursangebotes der Verwaltungsakademie und bildeten durch ihre Themenstellung einen gesonderten Schwerpunkt innerhalb des Kursprogrammes. Die Zulassung zu den Lehrgängen der Europaakademie erfolge durch die Verwaltungsakademie des Bundes. Teilnehmer würden für die Dauer dieser Lehrgänge der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt. Die Europaakademie könne daher allenfalls als themenbezogener Teil der Verwaltungsakademie, nicht jedoch als eigenständige Organisationseinheit angesehen werden.
Ergänzend werde noch darauf hingewiesen, daß das Gebäude, in dem die Verwaltungsakademie die Lehrveranstaltungen der Europaakademie durchführe, die Anschrift "1140 Wien - Leischinggasse 4" führe.
Als Sonderbestimmung gehe § 73 RGV allen sonstigen Bestimmungen der RGV vor (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 88/12/0154).
Da der Beschwerdeführer somit zwar auf Grund eines Dienstauftrages, aber nicht außerhalb des Dienstortes an Lehrveranstaltungen zum Zwecke der Aus- und Fortbildung teilgenommen habe, sei spruchgemäß festzustellen, daß er gemäß § 73 RGV keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz habe. Auf Art und Höhe der vom Beschwerdeführer mit Reiserechnungen vom 24. November 1992 und 4. Februar 1993 geltend gemachten Ansprüche sowie auf die Frage, ob diese im Anspruchsfall gemäß § 73 RGV rechtzeitig eingebracht worden seien, sei daher gar nicht einzugehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisegebühren nach den Abschnitten II und V der RGV 1955 durch unrichtige Anwendung insbesondere der §§ 2 Abs. 3 und 5, 22 Abs. 5 und 73 dieses Gesetzes sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Spruches des angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß ein abweisender Leistungsbescheid und nicht, wie insbesondere nach dem letzten Satz der Begründung anzunehmen wäre, ein diesfalls unzulässiger Feststellungsbescheid (vgl. diesbezüglich beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1992, Zl. 91/12/0156) vorliegt.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer zum Besuch des 2. Lehrganges der Europaakademie der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt war. Weiters ist unbestritten, daß die Lehrveranstaltungen grundsätzlich im Anton Hueber-Haus stattgefunden haben. Eine Feststellung darüber, ob dieser Ort der Abhaltung der Lehrveranstaltung noch in Wien liegt oder, wie sich aus einem bei den Akten befindlichen Schreiben vom 5. Mai 1992 ergibt, zur Gänze auf dem Gebiet der Gemeinde Purkersdorf liegt, hat die belangte Behörde unterlassen. Sie meint nämlich, da die Dienstzuteilung des Beschwerdeführers zur Verwaltungsakademie des Bundes erfolgt sei, diese ihren Sitz in Wien habe und reisegebührenrechtlich nur von diesem Sitz auszugehen sei, daß im Sinne des § 73 RGV keine Teilnahme des Beschwerdeführers an einer Lehrveranstaltung außerhalb des Dienstortes und daher kein Gebührenanspruch gegeben sei.
Diese Rechtsauffassung ist unrichtig.
§ 73 der Reisegebührenvorschrift 1955 (die nach § 92 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht) in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 658/1983 lautet:
"Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen
§ 73. Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienstortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, entfällt der Anspruch auf Tagesgebühr für den entsprechenden Kalendertag. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr."
Nach dem klaren Wortlaut des § 73 RGV ist daher entscheidend, ob die TEILNAHME AN LEHRVERANSTALTUNGEN (KURSEN) außerhalb des Dienstortes erfolgt. Dementgegen ist die belangte Behörde von der Rechtsauffassung ausgegangen, es sei für die reisegebührenrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers nur maßgebend, daß er der Verwaltungsakademie des Bundes, die ihren Sitz in Wien habe, dienstzugeteilt worden sei und hat darauf gestützt den Anspruch des Beschwerdeführers auf Reisegebühren nach § 73 RGV verneint. Damit hat aber die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung es unterlassen, Feststellungen über die Zugehörigkeit des Ortes der Abhaltung der Lehrveranstaltung zu einem bestimmten Gemeindegebiet zu treffen.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die weiteren Feststellungs- und Begründungsmängel eingegangen werden mußte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Im übrigen wird bemerkt, daß die unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1985, Zl. 84/09/0215, getroffene Rechtsaussage (- es sei bei der Beurteilung der aus der Dienstzuteilung zur Verwaltungsakademie resultierenden reisegebührenrechtlichen Ansprüche nur vom geographischen Standort der Verwaltungsakademie auszugehen -) in diesem Erkenntnis keine Deckung findet. Gegenstand dieses Erkenntnisses war nämlich lediglich die reisegebührenrechtliche Beurteilung der Normaldienstleistung bei einer dislozierten Dienststelle in einem Dienstort. Für das fortgesetzte Verfahren wird weiters bemerkt, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auch nach § 36 Abs. 2 RGV zu prüfen sein wird.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993120269.X00Im RIS seit
20.11.2000