TE Vwgh Beschluss 1994/2/18 90/07/0082

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Veröffentlicht am 18.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, in der Beschwerdesache des JS in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 13. Juni 1988, Zl. Agrar 11-511/5/88, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft "Nachbarschaft A", vertreten durch den Obmann S), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen den von der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft A" in der Vollversammlung vom 21. Juni 1987 gefaßten Mehrheitsbeschluß, daß "die Hölzer von alten Wohn- und Wirtschaftsgebäuden wenn sie abgetragen werden nicht verkauft werden dürfen sowie auch nicht abtransportiert werden" dürfen, erhob der Beschwerdeführer am 29. Juni 1987 bei der Agrargemeinschaft Beschwerde. Mit Schreiben gleichen Datums teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Agrarbezirksbehörde Villach (ABB) folgendes mit:

"Im Auftrag des Herrn JS in A habe ich gegen den Vollversammlungsbeschluß der Agrargemeinschaft A vom 21.6.1987 termingerecht Einspruch erhoben.

Ich bitte zu überwachen, daß dieser Beschluß auch seiner ordnungsgemäßen Erledigung zugeführt wird."

Das Kuvert, in welchem dieses Schreiben an die ABB übermittelt wurde, enthält den Poststempelaufdruck des Postamtes 9900 Lienz mit der Datumsangabe "30.6.87".

Mit Bescheid vom 14. September 1987 wies die ABB die Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 51 des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (FLG), LGBl. Nr. 64/1979, iVm § 7 Abs. 5 der Satzungen der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft A" gegen den Beschluß der Vollversammlung dieser Agrargemeinschaft vom 21. Juni 1987 als "unzulässig" zurück und führte in der Begründung ihres Bescheides aus, daß "diese Beschwerde als verspätet eingebracht anzusehen ist".

Mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung (LAS) vom 23. November 1987, - dieses Datum wurde in der Folge durch das Erkenntnis dieser Behörde vom 13. Juni 1988 auf den 14. Dezember 1987 berichtigt -, Zl. Agrar 11-757/6/87, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der ABB vom 14. September 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG) als unbegründet abgewiesen. Als entscheidend sah der LAS ebenfalls an, daß die Minderheitenbeschwerde vom Beschwerdeführer verspätet eingebracht wurde. Mit hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, Zl. 88/07/0053, wurde die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des LAS vom 14. Dezember 1987 als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, daß das vom Vertreter des Beschwerdeführers oben wörtlich wiedergegebene Schreiben vom 29. Juni 1987 an die ABB nicht als Minderheitsbeschwerde im Sinne des § 51 FLG 1979 im Zusammenhang mit § 7 Z. 5 der Satzungen der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft A" anzusehen ist.

Mit Anbringen vom 3. März 1988 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung gegen "die Versäumung der Vorlage der Abschrift des Schreibens des Post- und Telegraphenamtes Lienz vom 10. Dezember 1987" und die Aufhebung des Erkenntnisses des LAS vom 23. November 1987.

Mit Erkenntnis vom 13. Juni 1988 hat der LAS (belangte Behörde) I. den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen und II. unter einem das Datum seines Erkenntnisses vom 23. November 1987 mit 14. Dezember 1987 gemäß § 62 Abs. 4 AVG richtig gestellt. Zur Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne lediglich wegen Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung erfolgen. Eine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Vorlage der Abschrift des Schreibens des Post- und Telegraphenamtes Lienz vom 10.12.1987 - wie vom Beschwerdeführer beantragt - sei jedoch mit dem Wesen und dem rechtlichen Gehalt des § 71 AVG nicht vereinbar. Im übrigen sei weder der Beschwerdeführer selbst noch sein Vertreter an der Vornahme einer befristeten Handlung tatsächlich behindert worden. Aufgrund eines Schreibfehlers habe die belangte Behörde den Bescheid Agrar 11-757/6/87 irrtümlich mit 23. November 1987 datiert, schon aus der Begründung dieses Erkenntnisses ergebe sich jedoch bereits, daß das richtige Datum 14. Dezember 1987 heißen solle. Dieser auf einem Versehen beruhende Schreibfehler sei gemäß § 62 Abs. 4 AVG zu berichtigen gewesen. Durch diese Berichtigung sei keine Änderung im Inhalt des genannten Bescheides, insbesonders auch nicht in der Begründung desselben vorgenommen worden.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - auf Grund des hg. Beschlusses vom 19. Juni 1990, Zl. 90/07/0083, mit welchem dem Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung gemäß § 46 Abs. 2 VwGG bewilligt wurde - als rechtzeitig anzusehende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Anwendung des § 12 Abs. 3 VwGG erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Bewilligung des Antrages auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung von Verfahrenshandlungen bei der Berufungsverhandlung am 23.11.1987" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer (zusammengefaßt) vor, nach Abführung der Berufungsverhandlung am 23. November 1987 habe die belangte Behörde von Amts wegen beim Postamt Lienz Erhebungen durchgeführt. In der Folge habe die belangte Behörde dem Vertreter des Beschwerdeführers ein offenkundig rückdatiertes Erkenntnis zugestellt, in welchem der für den Beschwerdeführer negative Teil der von Amts wegen eingeholten Postauskunft vom 10. Dezember 1987 verwertet worden sei. Aus der Mitteilung des Postamtes Lienz vom 10. Dezember 1987 ergebe sich jedoch eindeutig, daß der Beschwerdeführer die Minderheitsbeschwerde rechtzeitig am 29. Juni 1987 zur Post gegeben habe. Erst mit Zustellung des ursprünglich mit 23. November 1987 datierten Erkenntnisses der belangten Behörde am 2. März 1988 sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt, daß das Schreiben des Postamtes vom 10. Dezember 1987, welches ausdrücklich in dem Erkenntnis der belangten Behörde nicht zitiert werde, unrichtig gewürdigt worden sei. Zur Wahrung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers sei daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht worden. Unzulässigerweise habe die belangte Behörde das Wiedereinsetzungsverfahren dazu benutzt, das Datum des Erkenntnisses vom 23. November 1987 auf 14. Dezember 1987 "richtig zu stellen".

Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin - unabhängig von der Frage der Parteistellung im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren -, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N.F. Nr. 10.511/A und den hg. Beschluß vom 25. Mai 1993 Zl. 93/07/0013).

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen zu bewilligen.

Gemäß § 51 Abs. 2 FLG 1979 entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft untereinander oder mit dem gemeinsamen Verwalter oder zwischen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und ihren Organen oder Mitgliedern aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen, die Behörde. Gemäß § 7 Abs. 5 der Satzungen der Agrargemeinschaft "Nachbarschaft A" können gegen Mehrheitsbeschlüsse der Agrargemeinschaft die überstimmten Mitglieder aus triftigen Gründen binnen acht Tagen bei der Agrarbezirksbehörde Beschwerde führen, müssen sich aber dem instanzmäßigen Ausspruche der Behörde fügen.

Mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand will der Beschwerdeführer offensichtlich erreichen, daß über seine gegen den Vollversammlungsbeschluß der Agrargemeinschaft A vom 21. Juni 1987 erhobene "Minderheitsbeschwerde" meritorisch entschieden wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, Zl. 88/07/0053, bereits dargelegt hat, liegt aber keine solche Minderheitsbeschwerde vor. Durch das angefochtene Erkenntnis, mit welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen wurde, kann daher der Beschwerdeführer keinen Rechtsnachteil im Sinne des § 71 Abs. 1 AVG erleiden, weil seine Rechtsstellung keine verschiedene ist, je nachdem, ob das angefochtene Erkenntnis aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. den hg. Beschluß vom 21. April 1977, Slg. N.F. Nr. 9304/A).

Ausgehend davon und von den vorstehenden Darlegungen über die vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes vorzunehmende Prüfung der Beschwerdezulässigkeit erweist sich die Beschwerde als unzulässig, da aus ihr nicht zu erkennen ist, daß der Beschwerdeführer in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht durch den angefochtenen Bescheid verletzt werden konnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mangels einer Beschwerdeberechtigung mit Beschluß zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990070082.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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