Index
80/02 Forstrecht;Norm
ForstG 1975 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des F in Z, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15. Jänner 1992, Zl. 1/35-6/1991, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in der Zeit zwischen 4. Juli 1991 und 29. Juli 1991 auf einer Teilfläche der GP. 701/1 im Ausmaß von ca. 300 m2 knapp unterhalb des alten Stallgebäudes der "X-Alpe" einen Schweinefreilauf errichtet, diesen Freilauf mit einem Maschendrahtzaun eingezäunt und darin mittels eines Bretterverschlages einen provisorischen Schweinestall errichtet. Der Beschwerdeführer habe hiedurch Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet und damit das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) nicht befolgt. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 iVm § 17 Abs. 1 ForstG begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine primäre Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Wochen verhängt.
In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vom 15. Jänner 1992 sei davon auszugehen, daß es sich bei der GP. 701/1 um Wald handle. Der Beschwerdeführer habe durch die Verwendung eines 300 m2 großen Teilstückes aus dieser Waldparzelle zur Errichtung eines Schweinestalles dem Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 ForstG zuwidergehandelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in seiner Berufung geltend gemacht, daß es sich bei der betroffenen Teilfläche der GP. 701/1 nicht um Wald handle, da er bereits seit Jahrzehnten diese Fläche unbeanstandet mähe. Die belangte Behörde habe hiezu keine Feststellungen getroffen, sondern ohne nähere Begründung die Auffassung vertreten, die betroffene Teilfläche der Parzelle 701/1 sei Wald im Sinne des ForstG.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt.
Nach § 17 Abs. 1 leg. cit. ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
Wald im Sinne des ForstG sind nach dessen § 1 Abs. 1 mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.
Für eine Neubewaldung enthält § 4 ForstG besondere Bestimmungen.
Nach § 4 Abs. 1 unterliegen Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von 10 Jahren ab deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.
Grundflächen, auf denen eine Ersatzaufforstung (§ 18 Abs. 2) durchgeführt wurde, gelten nach § 4 Abs. 2 ForstG ab Sicherung der Kultur im Sinne des § 13 Abs. 8 als Wald.
Grundflächen, zu deren Aufforstung Förderungsmittel gemäß den Bestimmungen des X. Abschnittes gewährt wurden, gelten mit dem Zeitpunkt der Auszahlung der Förderungsmittel als Waldboden; im Falle von Hochlagenaufforstungen gilt dies jedoch erst ab Sicherung der Kultur im Sinne des § 13 Abs. 8.
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Fläche als Wald im Sinne des ForstG anzusehen ist, ist schließlich auch noch § 5 Abs. 2 ForstG von Bedeutung. Aus ihr geht hervor, daß die Waldeigenschaft auch solchen Flächen zukommt, die innerhalb der dem Beurteilungszeitpunkt vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne des ForstG waren.
Die belangte Behörde stützt die Einstufung des vom Beschwerdeführer zur Errichtung eines Schweinestalles benutzten Teiles der GP. 701/1 auf das Ergebnis ihrer am 15. Jänner 1992 durchgeführten mündlichen Verhandlung.
Bei dieser Verhandlung sagte der Zeuge Oberförster M. aus, die gesamte GP 701/1 sei Mitte der Siebziger Jahre aufgeforstet worden. In jenem Bereich, wo vom Beschwerdeführer der Schweinestall errichtet worden sei, hätten sich früher Bäume befunden. Im Laufe der Jahre sei dieser Baumbestand im fraglichen Bereich immer geringer geworden. Die gegenständliche Fläche sei zweifelsfrei Waldboden.
Aus dieser Aussage kann - jedenfalls für sich allein - auf die Waldeigenschaft der in Rede stehenden Fläche nicht geschlossen werden. Aus dieser Aussage ergibt sich lediglich ein Zeitraum, innerhalb dessen die Aufforstung vorgenommen wurde ("Mitte der Siebziger Jahre"); es läßt sich aus dieser Aussage aber nicht entnehmen, daß die Aufforstung im fraglichen Bereich mindestens 10 Jahre Bestand hatte oder daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 oder 3 ForstG vorgelegen seien.
Auch aus der Aussage des Gemeindewaldaufsehers O., daß der fragliche Bereich zur Gänze Aufforstungsfläche sei, kann nicht auf das Vorliegen der Waldeigenschaft geschlossen werden.
Der Zeuge Dipl.-Ing. K., ein Beamter der zuständigen Bezirksforstinspektion, gab an, die fragliche Fläche sei ursprünglich zur Gänze aufgeforstet gewesen. In der Mitte der Achtzigerjahre habe es sich bei dieser Fläche um einen sichtbar aufgeforsteten Grund gehandelt. Durch die in der Folge jahrelange intensive Beweidung und Bewirtschaftung habe sich der Baumbestand auf dieser Grundfläche reduziert. Die fragliche Grundfläche sei nach wie vor von der rechtlichen Qualifikation her Waldboden. Die Frage des Beschwerdeführers, weshalb gerade der fragliche Bereich praktisch keinen Baum mehr aufweise, während andere Flächen wesentlich stärker bestockt seien, hänge nach Meinung des Zeugen damit zusammen, daß durch den Nahbereich zum Alpsgebäude die Beweidung durch das Vieh in diesem Bereich wesentlicher stärker und häufiger erfolgt sei, sodaß in diesem Bereich die Schädigung der Bäume stärker gewesen sei als auf weiter entfernt gelegenen Waldflächen.
Auch diese Aussage vermag die Feststellung der Behörde über die Waldeigenschaft der betroffenen Fläche nicht zu tragen. Sie enthält zwar eine Zeitraumangabe, innerhalb der die gegenständliche Fläche noch sichtbar aufgeforstet gewesen sei. Da aber die Angaben "Mitte der Siebziger Jahre" in der Aussage des Zeugen M. und "Mitte der Achtziger Jahre" (Zeuge K) nicht näher präzisiert sind und eine derartige Zeitangabe einen erheblichen Spielraum für den tatsächlichen zeitlichen Beginn der Aufforstung sowie für deren Bestand aufweist, kann auch aus einer Zusammenschau der Aussagen der Zeugen M. und K. nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit auf die Tatsache geschlossen werden, daß auf der fraglichen Fläche mindestens 10 Jahre lang eine Aufforstung Bestand gehabt habe und diese Fläche daher nach § 4 Abs. 1 ForstG unter die Bestimmungen des ForstG falle. Für seine Behauptung, es handle sich nach wie vor um Waldboden, hat der Zeuge - er ist Sachverständiger für Forsttechnik - keine nähere Begründung gegeben.
Schließlich stützt sich die belangte Behörde auf ein Schreiben der Bezirksforstinspektion aus dem Jahr 1987 an die Bezirkshauptmannschaft, in welchem davon die Rede ist, "daß in der Zwischenzeit die Aufforstung im Bereich der GP. 701/1 flächenhaft sehr gut angekommen sei und als gesichert bezeichnet werden" könne.
Dieses Schreiben bezieht sich auf die Aufforstung auf der Parzelle 701/1 im allgemeinen, ohne auf den im vorliegenden Verfahren relevanten Teilbereich dieser Parzelle einzugehen. Daß dieser Teilbereich aber Besonderheiten aufweist, die im vorliegenden Zusammenhang relevant sein könnten, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen K., wonach diese Teilfläche wegen ihrer Nähe zum Alpsgebäude einer stärkeren Beweidung durch das Vieh ausgesetzt gewesen sei, sodaß nicht auszuschließen ist, daß in diesem Bereich die Aufforstung keine 10 Jahre lang Bestand hatte.
Daß die in Rede stehende Fläche allenfalls bereits aus einem anderen Grund als dem der Aufforstung Waldeigenschaft aufgewiesen habe, hat die belangte Behörde auch nicht dargetan.
Der von der belangten Behörde ermittelte Sachverhalt reicht daher nicht aus, um beurteilen zu können, ob die vom Beschwerdeführer zur Errichtung eines Schweinestalles verwendete Fläche zum Tatzeitpunkt Waldcharakter aufwies.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993100037.X00Im RIS seit
20.11.2000