Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Jänner 1993, Zl. UVS-03/20/01467/91, betreffend Übertretungen des EGVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer u.a. einer Übertretung des Artikels IX Abs. 1 Z. 1 ("Ordnungsstörung") und des Art. IX Abs. 1 Z. 2 ("ungestümes Benehmen") EGVG schuldig erkannt. Über den Beschwerdeführer wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, daß er an der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am 29. Jänner 1993 nicht habe teilnehmen können, weil er wegen Grippe bettlägerig gewesen sei. Dies habe er der belangten Behörde mit Telegramm vom 28. Jänner 1993 mitgeteilt; er habe um Verlegung der Verhandlung ersucht. Trotzdem sei in seiner Abwesenheit die Verhandlung durchgeführt und der angefochtene Bescheid verkündet worden.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, was er in Vermeidung dieses behaupteten Verfahrensmangels in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hätte, das geeignet gewesen wäre, die Erlassung eines anders lautenden Bescheides herbeizuführen. Ein Verfahrensmangel führt jedoch nur dann zur Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides, wenn er wesentlich ist, wobei die Wesentlichkeit vom Beschwerdeführer darzutun ist. Dies gilt insbesondere für die behauptete rechtswidrige Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in seiner Abwesenheit (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0233, 0234). Auch wenn davon auszugehen wäre, daß der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung inhaltlich wie in seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde argumentiert hätte, würde dies nichts ändern, weil dieses Vorbringen - wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt - keinen anders lautenden Bescheid herbeizuführen geeignet ist.
Zur Behauptung, der angefochtene Bescheid leide an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil § 51 Abs. 7 VStG verletzt worden sei, ist darauf hinzuweisen, daß der Bescheid am 29. Jänner 1993 mündlich verkündet worden ist. Die Abwesenheit des Beschwerdeführers hinderte gemäß § 51 f Abs. 1 VStG die Fällung der Entscheidung nicht. Auch eine in Abwesenheit des Beschuldigten erfolgte Verkündung des Berufungsbescheides hat in Ansehung der Wahrung der Frist nach § 51 Abs. 7 VStG die Wirkung der Erlassung dieses Bescheides (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0071, mit Hinweis auf Vorjudikatur).
In der Sache selbst ist von folgender Rechtslage auszugehen:
Nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört.
Dieses Tatbild ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch zwei Elemente gekennzeichnet:
Der Täter muß einmal ein Verhalten gesetzt haben, das geeignet ist, bei einem normal empfindenden Menschen Ärgernis zu erregen; zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Das Verhalten muß nicht zu Aufsehen, Zusammenlaufen von Menschen und dgl. führen, um strafbar zu machen; es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Zuständen an öffentlichen Orten widerspricht (vgl. z.B. die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 1. Band, wiedergegebene Rechtsprechung zu Art. IX EGVG).
Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich ungeachtet vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während sich diese Person in rechtmäßiger Ausübung des Amtes oder Dienstes befindet, ungestüm benimmt.
Als "ungestümes Benehmen" ist nach der Rechtsprechung ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen (vgl. z.B. aus der ständigen Rechtsprechung das Erkenntnis vom 1. März 1979, Zl. 873/78). Das Vorbringen seines Rechtsstandpunktes berechtigt dabei nicht, durch schreiendes und gestikulierendes Verhalten gegenüber einem in Ausübung seines Dienstes befindlichen Amtsorgan, die durch Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG gesetzten Grenzen zu überschreiten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1985, Zl. 85/10/0133).
Der Beschwerdeführer bestreitet im wesentlichen, wild mit den Händen gestikuliert und die öffentliche Ordnung gestört zu haben. Er habe sich nur mit maßvollen Worten gegen die unfreundlich vorgetragenen Anschuldigungen der Polizisten gewehrt. Es könne natürlich vorkommen, daß man beim Reden Hände und Arme bewege, doch habe er sich nicht ungestüm benommen. Der Beschwerdeführer habe gegenüber den einschreitenden Polizisten nur seinen Rechtsstandpunkt vertreten.
Mit diesem Vorbringen gekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kann der Beweiswürdigung (vgl. dazu u. a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, VwSlg. 8619/A) allerdings nicht entgegengetreten werden. Die belangte Behörde hat nämlich schlüssig begründet, weshalb sie den im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der vernommenen Sicherheitswachebeamten gefolgt ist. Die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der ihm vorgeworfenen Übertretungen des EGVG ist somit nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet.
Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993100092.X00Im RIS seit
27.03.2001Zuletzt aktualisiert am
29.04.2009