TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/22 93/04/0247

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Veröffentlicht am 22.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1973 §198 Abs5 idF 1988/399;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des E in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Mai 1993, Zl. V/1-B-9327, betreffend Vorschreibung einer früheren Sperrstunde, (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16. Mai 1990 wurde J die Errichtung und der Betrieb einer Gastgewerbebetriebsanlage im Standort X, L-Gasse 4, gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 i.V.m. § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt und gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 angeordnet, daß die gegenständliche Gastgewerbebetriebsanlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf. Ein Probebetrieb auf die Dauer von sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides wurde bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen zugelassen. Die unter Spruchpunkt I Pkt. 40 vorgeschriebene Auflage lautet:

"An Werktagen ist die Öffnungszeit des Lokales auf den Zeitraum zwischen 18.00 Uhr und 04.00 Uhr zu beschränken."

Unter einem wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend Lärmbelästigung durch den Betrieb der genehmigten Gastgewerbeanlage gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 i.V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 und § 74 Abs. 3 leg. cit. abgewiesen und der Antrag des Beschwerdeführers, daß Vorkehrungen getroffen werden sollten, eine genehmigungslose Inbetriebnahme der Gastgewerbebetriebsanlage zu verhindern, gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde T vom 5. Jänner 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, für das am vorgenannten Standort betriebene Lokal "X" des Beschwerdeführers die Sperrstunde mit 23.30 Uhr vorzuschreiben, zurückgewiesen. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde T vom 17. Februar 1993 keine Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Mai 1993 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde T vom 3. Februar 1992 gemäß § 7 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 10. März 1967, BGBl. Nr. 123, betreffend die Aufsicht des Bundes über die Gemeinden (Bundes-Gemeinde-Aufsichtsgesetz) ab.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, die Bestimmungen der Gewerbeordnung enthielten kein subjektives Recht eines Nachbarn, einen Antrag auf Sperrzeitverlängerung bzw. Sperrzeitverkürzung zu stellen. Vielmehr handle es sich hiebei um ein amtswegiges Verfahren. Die Gemeinde habe bei Vorliegen der Voraussetzungen die notwendigen Maßnahmen zu verfügen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. September 1993, B 1179/93, nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, "als die belangte Behörde, entgegen der Bestimmung des § 8 AVG, seine Stellung als Partei bzw. Verfahrensbeteiligter ablehnt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer in der Beschwerde und der aufgetragenen Ergänzung vor, der Bewilligungswerber der gegenständlichen Betriebsanlage habe einen Großteil der ihm erteilten Auflagen nicht erfüllt, die Betriebsanlage sei nach dem vorgeschriebenen Probebetrieb bis zum heutigen Tage nicht endgültig abgenommen worden, weshalb sich der Beschwerdeführer veranlaßt gesehen habe, einen Antrag gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 zu stellen. Werde einem Anrainer eine Antragslegimation in diesem Verfahren abgesprochen, so wäre derselbe sowohl behördlicher Willkür als auch dem beliebigen Verhalten des Inhabers der Betriebsanlage ausgesetzt, ohne daß diesem die Möglichkeit eingeräumt werden könnte, den gesetzmäßigen Zustand herstellen zu lassen. Infolge Vernachlässigung der Handlungspflicht der belangten Behörde müsse dem Beschwerdeführer auch subjektiv die Möglichkeit über das gewerberechtliche Verfahren hinaus eingeräumt werden, seine subjektiv öffentlichen Rechte bis zum Abschluß eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens durchzusetzen. Auf Grund des Umstandes, daß die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage niemals den gesetzlichen Erfordernissen entsprochen und die zuständige Behörde keinerlei Anstalten gemacht habe, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, ergebe sich das Beschwerderecht des Beschwerdeführers aus dem Umstand, daß dieser jedenfalls Beteiligter im Sinne des § 8 AVG sei.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Der Beschwerdeführer stützt seinen dem verwaltungsbehördlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag offensichtlich auf § 198 Abs. 5 GewO 1973.

Gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973, in der hier zur Anwendung gelangenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Gastgewerbes ungebührlich belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, daß der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden vor einer Entscheidung diese Behörden zu hören.

Nach § 7 Abs. 5 des Bundes-Gemeinde-Aufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, hat die Aufsichtsbehörde, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid (der letzten gemeindebehördlichen Instanz), wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt wurden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

Das Verfahren nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 ist von Amts wegen einzuleiten. Parteistellung in einem solcherart von Amts wegen eingeleiteten Verfahren und sodann in Ansehung einer nach dieser Gesetzesstelle getroffenen gemeindebehördlichen Anordnung - die eine gewerbepolizeiliche Maßnahme darstellt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 91/04/0048) - kommt danach aber dem Nachbar nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0018). Daran vermag auch die Berufung des Beschwerdeführers auf § 8 AVG nichts zu ändern.

Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof gestellten Prüfungsaufgabe vermag daher - auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens - der belangten Behörde nicht entgegengetreten zu werden, wenn sie unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers zur Auffassung gelangte, daß der im Wege der Vorstellung angefochtene Bescheid zu Recht auf die den Bescheidabspruch tragende Gesetzesgrundlage gestützt wurde.

Hingewiesen sei darauf, daß die für die Vorschreibung einer späteren Aufsperrstunde oder einer früheren Sperrstunde im § 198 Abs. 5 GewO 1973 angeführten ungebührlichen Belästigungen der Nachbarschaft oder die sicherheitspolizeilichen Bedenken von der Behörde von Amts wegen im Rahmen der ihr nach dieser Gesetzesstelle auferlegten Verpflichtungen und gesetzlichen Verantwortlichkeit wahrzunehmen sind.

Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040247.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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