TE Vwgh Beschluss 1994/2/22 93/07/0160

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Veröffentlicht am 22.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über den Antrag des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Februar 1993, Zl. III/1-33.411-93, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1993, Zl. 93/07/0092, wurde das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, da der Beschwerdeführer den Mängelbehebungsauftrag vom 29. Juli 1993 unvollständig nachgekommen war, weil er den ergänzenden Schriftsatz nur in zweifacher statt wie im Mängelbehebungsauftrag angeordnet, in dreifacher Ausfertigung einbrachte.

Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer am 2. November 1993 zugestellt. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde rechtzeitig am 16. November 1993 zur Post gegeben und die dritte Ausfertigung des Mängelbehebungsschriftsatzes angeschlossen.

Im Antrag wird vorgebracht, dem anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers sei der dem Mängelbehebungsauftrag entsprechende Schriftsatz von seiner Kanzleileiterin in dreifacher Ausfertigung in der Postmappe zur Unterfertigung vorgelegt worden. Der anwaltliche Vertreter habe alle drei in der Postmappe erliegenden Schriftsatzgleichschriften unterfertigt und der Kanzleileiterin den abschließenden Auftrag erteilt, den Schreibfehler auf der 1. Seite rechts unten, nämlich das Wort "zweifach" auf "dreifach" zu korrigieren, was durch eine handschriftliche Abschlußkorrektur am Kanzleidurchschlag vermerkt worden sei. Er habe die Postmappe mit den drei unterfertigten ergänzenden Beschwerdeausführungen und den paraphierten Kanzleidurchschlag an die Kanzleileiterin mit der Anweisung übergeben, im Sinne des Verbesserungsauftrages die Beschwerde in dreifacher Ausfertigung zur Post zu geben und den Schreibfehler auszubessern. Der Anwalt sei im Rahmen der ihm obliegenden Überwachungspflicht mit Selbstverständlichkeit davon ausgegangen und habe auch darauf vertraut, daß die seit Jahren reibungslos funktionierende Kanzleileiterin diese Aufträge ausführen werde. Die Kanzleileiterin habe aber die notwendige Korrektur des Schreibfehlers übersehen und dann lediglich die ersten beiden Gleichschriften der ergänzenden Beschwerdeausführung kuvertiert. Dieses Versehen der bislang absolut verläßlichen Kanzleileiterin sei einmalig und erstmalig.

Das Vorbringen ist durch die Mitunterfertigung des Antrages durch die Kanzleileiterin hinlänglich bescheinigt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein Verschulden des Parteienvertreters ist einem Verschulden der Partei gleichzuhalten. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt als Versehen anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann der Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verläßlichen Kanzleikraft überlassen (vgl. den hg. Beschluß vom 29. September 1993, Zl. 93/03/0206).

Auf dem Boden dieser Rechtslage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist vorliegen, weshalb dem Antrag stattzugeben war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993070160.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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