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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 20. Oktober 1993, Zl. 746/1-10/Sv-1993, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO für Umsatzsteuer samt Säumniszuschlag sowie für Investitionsprämie, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde hat den Bescheid des Finanzamtes, mit dem der Beschwerdeführer gemäß § 14 BAO zur Haftung für Umsatzsteuer samt Säumniszuschlägen sowie für Investitionsprämie herangezogen wurde, mit der Begründung bestätigt, der Berufungswerber selbst habe im Fragebogen anläßlich der Eröffnung seines Gewerbebetriebes einen Erwerb des Betriebes von seinem Vater angegeben, im Schlußbesprechungsprogramm der Prüfung des Betriebes des Vaters des Beschwerdeführers sei ein Veräußerungsgewinn festgestellt worden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht durch unrichtige Anwendung des § 14 BAO mit unberechtigten Lasten belegt zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 BAO sieht die Haftung für Abgaben vor, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Dazu genügt ein Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und Abgabe nicht. Das Haftungsrecht stellt auf jene Abgaben ab, die nur dadurch entstehen können, daß der Inhaber durch seine betriebliche Tätigkeit den materiellrechtlichen, die Abgabepflicht begründenden Tatbestand auslöst. Gehört die Führung des Betriebes nicht zum materiellrechtlichen Tatbestand, kann für die Abgabe, mag sie auch durch den Betrieb veranlaßt sein, nicht die Haftung nach § 14 BAO in Anspruch genommen werden (vgl. Reeger - Stoll, Bundesabgabenordnung, Anm. 5 zu § 14). Die Haftung kann daher etwa nicht für die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die Zölle und die meisten Verkehrssteuern, wohl aber für die Gewerbe- und Umsatzsteuer und sogar für die mit der Betriebsveräußerung zusammenhängenden Abgaben in Anspruch genommen werden (Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, 35).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage gehört auch der Abgabenanspruch (§ 10 IPrG) auf Rückzahlung von Investitionsprämie wegen Veräußerung des Betriebes gemäß § 8 IPrG unter die Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Veräußerung des Betriebes, also einer organisatorischen Einheit im Rahmen des Unternehmens, und damit die Führung eines Betriebes ist nämlich Tatbestandsmerkmal dieses Abgabenanspruches.
Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Tatsachen festgestellt hat, die ihr die rechtliche Beurteilung erlaubten, dem Beschwerdeführer sei ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Sinne des § 14 BAO im ganzen übereignet worden. Die belangte Behörde beruft sich nur auf das Ersuchen des Beschwerdeführers aus 1988 um Mitteilung einer Steuernummer samt angeschlossenem Fragebogen, worin der Beschwerdeführer angegeben hatte, den Betrieb vom Vater übernommen zu haben, sowie auf die Feststellung im Schlußbesprechungsprogramm der Betriebsprüfung betreffend den Vater des Beschwerdeführers über einen von diesem erzielten Veräußerungsgewinn. Beide Umstände zeigen keine Ermittlungsergebnisse auf, aus denen sich Anhaltspunkte für Tatsachen entnehmen ließen, die für einen Unternehmens- oder Betriebserwerb entscheidungswesentlich wären, nämlich, ob der Beschwerdeführer von seinem Vater alle jene Wirtschaftsgüter erworben hat, die die wesentliche Grundlage des Betriebes bildeten und ihm die Weiterführung des Betriebes ermöglichten, ohne daß - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers in seiner Berufung - eine Übernahme aller Aktiven und Passiven notwendig gewesen wäre. Sowohl das Ansuchen des Beschwerdeführers um Mitteilung einer Steuernummer als auch die Feststellung eines Veräußerungsgewinnes durch den abgabenbehördlichen Prüfer zeigen nur rechtliche Schlußfolgerungen, deren Richtigkeit mangels Kenntnis des ihnen zugrundeliegenden Sachverhaltes sich der Nachprüfbarkeit entzieht. Da der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausdrücklich behauptet hatte, 1988 keinen Betrieb, sondern lediglich bestimmte, keinesfalls einen Betrieb ausmachende Teile des Anlagevermögens und der Vorräte erworben zu haben, wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, zu ermitteln und festzustellen, welche Wirtschaftsgüter für die Führung (Weiterführung) des Betriebes wesentlich waren und ob diese vom Beschwerdeführer erworben wurden.
Die belangte Behörde hat daher Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß sie den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht festgestellt hat. Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993140232.X00Im RIS seit
20.11.2000