TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/22 93/04/0192

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Veröffentlicht am 22.02.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §87 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 1992, Zl. MA 63 - R 310, 311/91, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 1992 wurden dem Beschwerdeführer die ihm bis dahin zugestandenen Gewerbeberechtigungen für das Gewerbe Handel mit Altwaren im Standort Wien, P-Gasse 13, und Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Kleinhandel, im Standort Wien, S-Gasse 26, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 entzogen. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. März 1990 wegen Verbrechens des schweren Betruges als Beteiligter nach den §§ 12, 146 und 147 Abs. 3 StGB verurteilt, weil er zusammen mit einem Sozialhelfer am 21. Juli 1989 die Wohnung einer in einem Pflegeheim in Agonie liegenden Frau aufgesucht, dort vier mit Losungswort vinkulierte Sparbücher der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien sowie die Losungsworte enthaltende Notizen vorgefunden, die Sparbücher an sich genommen und zwischen dem 21. und 25. Juli 1989 von den Sparbüchern insgesamt S 1,447.750,-- behoben habe. Es stehe unbestritten fest, daß diese Verurteilung noch nicht getilgt sei. Die Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers böten geradezu ideale Voraussetzungen dafür, sich unter dem Vorwand von Wohnungsräumungen Zutritt zu den Wohnungen alter und kranker Menschen zu verschaffen, dort widerrechtlich Sachen an sich zu nehmen und diese sodann zum eigenen Vorteil zu verwerten. Beim Beschwerdeführer sei eine ausgeprägte Neigung zur Begehung solcher Straftaten anzunehmen, weil er die der Verurteilung vom 16. März 1990 zugrundeliegenden Taten im Alter von 45 Jahren verübt habe, in dem die Charakterbildung eines Menschen erfahrungsgemäß längst abgeschlossen sei. Von einer Überwindung dieser Neigung könne erst gesprochen werden, wenn der Beschwerdeführer während vieler Jahre nicht mehr straffällig geworden wäre. Die seit der Verurteilung vergangene Zeit sei für eine solche günstige Prognose noch viel zu kurz. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Entziehung der Gewerbeberechtigungen gefährde seine Existenz, könne nicht von Erfolg sein, weil das Gesetz eine Berücksichtigung dieses Umstandes im Entziehungsverfahren nicht vorsehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung seiner Gewerbeberechtigungen verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer, soweit es für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, vor, es könne ihm zwar zweifellos bei der Beurteilung der von ihm begangenen Straftat kein jugendlicher Leichtsinn als Milderungsgrund zugute gehalten werden, es sei aber auch verfehlt, ihm auf Grund seines bereits fortgeschrittenen Alters schwerwiegendere Rechtsfolgen aufzuerlegen, als dies etwa im Falle eines 25jährigen verurteilten Gewerbetreibenden erfolgen würde. Die im § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 enthaltene Günstigkeitsprognose sei an keine Altersgrenze geknüpft, sodaß sie, wenn sie zutreffe, jedermann gleichermaßen zugute kommen müsse. Der Beschwerdeführer habe bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt, seine Tat stehe mit seinem sonstigen Verhalten im auffallenden Widerspruch. Es handle sich dabei um das erste Ausnahmeverhalten eines Geschäftsmannes, sodaß keinesfalls davon gesprochen werden könne, die Persönlichkeit des Beschwerdeführers ließe weitere Straftaten, die der begangenen ähnlich seien, befürchten. Diesbezügliche Ausführungen der belangten Behörde entbehrten einer Grundlage. Das Argument der belangten Behörde, eine Überwindung der vermeintlich schädlichen Neigung des Beschwerdeführers sei noch nicht eingetreten, könne nicht zielführend sein. Nach einer relativ langen Zeitspanne des Wohlverhaltens, die die belangte Behörde offenbar für erforderlich halte, um eine schädliche Neigung zu überwinden, könne die der Entziehung der Gewerbeberechtigung zugrundeliegende Verurteilung von Rechts wegen bereits getilgt werden, sodaß die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 dann ohnehin nicht mehr vorlägen und sich die Frage einer Günstigkeitsprognose in einem solchen Fall nicht mehr stelle. Dem Beschwerdeführer sei überdies vor der Entscheidung der zweiten Instanz kein rechtliches Gehör gewährt worden.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973, in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Voraussetzungen für einen Ausschluß gemäß § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 zutreffen oder wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.

Nach § 13 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen, wer wegen einer vorsätzlichen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung von einem Gericht verurteilt worden ist, sofern die Verurteilung noch nicht getilgt ist und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten und vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellten Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde, es bestehe die Befürchtung, der Beschwerdeführer werde eine gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung seines Gewerbes begehen, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im vorliegenden Fall ist schon die Straftat, derer der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, derart gestaltet, daß daraus im Zusammenhang mit dem sich darin manifestierenden Charakter des Beschwerdeführers die Befürchtung der neuerlichen Begehung einer derartigen Tat ergibt. Daran vermag der Umstand, daß weitere Straftaten des Beschwerdeführers von der belangten Behörde nicht festgestellt wurden, nichts zu ändern. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, im Hinblick auf das Alter des Beschwerdeführers und der deshalb bereits als abgeschlossen angesehenen Charakterbildung sei die seit der Tat verstrichene Zeit noch zu kurz, um aus dem in dieser Zeit an den Tag gelegten Wohlverhalten auf eine Überwindung der schädlichen Neigung beim Beschwerdeführer zu schließen. Daß die dieser Beurteilung zugrundeliegenden Erwägungen im vorliegenden Fall dazu führen können, daß die in Rede stehende Verurteilung getilgt werden kann, bevor noch eine entsprechend positive Prognose getroffen werden kann, ist kein zwingendes Argument gegen deren Richtigkeit.

Mit dem Hinweis, die belangte Behörde habe es versäumt, ihm in ausreichendem Maße rechtliches Gehör zu gewähren, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil die Beschwerde kein Vorbringen enthält, das die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG darzutun geeignet wäre.

Die Beschwerde erweist sich damit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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