TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/23 94/01/0038

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.1994
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;
MRK;
Rechtsstellung der Flüchtlinge Protokoll 1974;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Oktober 1993, Zl. 4.341.126/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 10. September 1993 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 14. September 1993 um Asyl angesucht. Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. September 1993, mit dem der Asylantrag abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 abgewiesen.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Beschwerdeführer im Asylantrag angegeben, daß er mit dem Schiff nach Griechenland und von dort über Rumänien und Ungarn nach Österreich gefahren sei. In der Einvernahme vom 30. September 1993 habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er mit einem Fischerboot nach Griechenland und in der Folge mit einem Taxi an die bulgarische Grenze gefahren sei, die er versteckt in einem Lastkraftwagen passiert habe. An der rumänischen Grenze habe er sich drei bis vier Tage aufgehalten. Versteckt in einem Lastkraftwagen habe er diese Grenze passiert und sei bis nach Budapest (offensichtlich Bukarest) gefahren, wo er sich fünfundzwanzig Tage aufgehalten habe. Er habe in der Folge illegal die ungarische Grenze passiert, sei in Budapest zwei Tage gewesen und sei dann in einem Lastkraftwagen versteckt in Österreich eingereist.

In der Berufung habe sich der Beschwerdeführer u.a. dagegen gewendet, daß er in Ungarn bzw. in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung u.a. damit, daß der Beschwerdeführer sowohl in Griechenland als auch in Rumänien und Ungarn gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vor Verfolgung sicher gewesen sei. Verfolgungssicherheit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht befürchten habe müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen dem Asylwerber und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es müßten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit gegeben sein, diesen Schutz durch oder bei Kontaktnahme mit der Behörde zu aktualisieren. Bei Griechenland und Rumänien, die Mitglieder der Genfer Flüchtlingskonvention seien, wie auch bei Ungarn, das zwar einen Vorbehalt zur Genfer Flüchtlingskonvention hinsichtlich außereuropäischer Flüchtlinge gemachte habe, jedoch der MRK verpflichtet sei, würden diese Voraussetzungen vorliegen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung von Asyl und der dauernden Aufenthaltsberechtigung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Sofern sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, daß die Behörde Verfolgungssicherheit in Ungarn angenommen habe, für Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention gegenüber außereuropäischen Ereignissen jedoch nicht gelte, rügt er dies zu Recht. Zur näheren Begründung wird dazu gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/01/0230, verwiesen.

Der Beschwerdeführer bringt - im Unterschied zu der Ansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer in Ungarn und Rumänien gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vor Verfolgung sicher gewesen sei - gegen die Auffassung der belangten Behörde, er sei auch in Griechenland bereits vor Verfolgung sicher gewesen, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht etwas vor, sondern geht darüber völlig hinweg. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. die oben zitierten Erkenntnisse), auf die des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, und dem Umstand, daß für Griechenland die Genfer Flüchtlingskonvention am 4. Juli 1960 in Kraft getreten ist (siehe BGBl. Nr. 86/1962 und Art. 43 der Konvention), Griechenland weiters die Erklärung abgegeben hat, die Verpflichtungen der Konvention auch im Hinblick auf außereuropäische Ereignisse zu übernehmen, und in der Folge auch Mitglied des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, wurde, diesbezüglich nicht entgegenzutreten. Es erübrigte sich daher ein Eingehen auf die übrigen Beschwerdeausführungen, insbesondere zur Auslegung des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Parteiengehör Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010038.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten