Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des I in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1993, Zl. 4.341.673/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1993, in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Oktober 1992, der am 25. September 1992 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines türkischen Staatsangehörigen, der am 21. September 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am 1. Oktober 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vom 13. bis 21. September 1992 in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Der Beschwerdeführer wendet sich lediglich gegen die Auslegung der genannten Gesetzesbestimmung durch die belangte Behörde, wobei er sich für seinen Standpunkt mehrmals auf die betreffenden Gesetzesmaterialien (RV 270 BlgNR 18. GP) beruft. Dazu hat aber der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, eingehend Stellung genommen und die Argumente, die der Beschwerdeführer daraus zu gewinnen sucht, nicht für stichhältig erachtet. Der Beschwerdeführer zeigt demgegenüber keine neuen Gesichtspunkte auf, auf die darüber hinaus noch eingegangen werden müßte. Insbesondere unterliegt er auch einem Rechtsirrtum insofern, als er die Auffassung vertritt, daß im gegebenen Zusammenhang die zu den §§ 5 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) ergangene Rechtsprechung, es hätte der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt gewesen und von ihnen "geduldet und gebilligt" worden sein müssen, heranzuziehen sei. Könnte - wie der Beschwerdeführer meint - von "Verfolgungssicherheit" erst dann gesprochen werden, "wenn dieser andere Staat dem Antragsteller bereits Asyl gewährt hat", so hätte dies wohl der Gesetzgeber im § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 durch einen entsprechenden Wortlaut auf diese Weise eindeutig zum Ausdruck gebracht, dies umso mehr, als sich § 2 Abs. 3 leg. cit. auf den gegenteiligen Fall, nämlich die Abweisung eines Asylantrages (auch) in einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, bezieht. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß "alle Varianten der bloßen Durchreise durch Drittstaaten ohne Aufenthaltswillen aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG herausfallen", widerspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand, § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 normiere "eine Pflicht zur Asylbeantragung in einem Transitland nicht", steht einer Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, es genüge für die Annahme der "Verfolgungssicherheit", daß der Asylwerber in einem anderen Staat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und - ungeachtet der Frage, ob dies nur bei Stellung eines Asylantrages hinreichend gewährleistet gewesen wäre - auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, nicht entgegen.
Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß "Verfolgungsschutz und Abschiebungsschutz in den Verfolgerstaat bestanden haben muß"; er hat aber konkrete Umstände, die darauf schließen ließen, daß er auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Slowenien nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, nicht dargetan. Er ist insbesondere auch nicht der Ansicht der belangten Behörde entgegengetreten, es sei davon auszugehen, daß Slowenien die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention - an welche sich auch weiterhin mit der Verpflichtung nach der Alternative b des Abschnittes B des Art. 1, also ohne jede Einschränkung, gebunden zu erachten, dieses Land mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 erklärt hat (siehe BGBl. Nr. 806/1993) - beachte. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe den "Aspekt", daß das "Fortbestehen dieser Sicherheit im Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich notwendig ist, was eine aktuelle Rückkehrmöglichkeit in diesen sicheren Drittstaat voraussetzt", "vollkommen unbehandelt gelassen", ist - abgesehen davon, daß kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß sich zwischen der Einreise und der Antragstellung diesbezüglich etwas geändert hätte - rechtlich verfehlt (vgl. auch dazu das schon erwähnte Erkenntnis vom 24. November 1993). Der Beschwerdeführer bringt schließlich Art. 2 Abs. 2 4. ZPMRK ins Spiel, wonach es jedermann freisteht, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen, woraus er schließt, daß "es nicht angehen kann, jemanden entgegen" dieser Bestimmung "durch eine unzutreffende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG in einem anderen Staat quasi "festzuhalten"". Darauf ist zu erwidern, daß dieses ihm verfassungsgesetzlich eingeräumte Recht (dessen Ausübung gemäß Abs. 3 des genannten Artikels unter bestimmten Voraussetzungen Einschränkungen unterworfen werden kann) damit, daß seinem ihm - für den Fall, daß er als Flüchtling anzusehen wäre - zuzubilligendem Sicherheitsbedürfnis bereits dadurch entsprochen wurde, daß er sich nach Verlassen seines Heimatlandes in Slowenien befunden hat und diese (seit Betreten dieses Staates vorhandene) Sicherheit schon dort hätte in Anspruch nehmen können, nichts zu tun hat.
Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - und daher ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung - als unbegründet abzuweisen.
Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994010026.X00Im RIS seit
20.11.2000