TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/23 93/01/1203

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Veröffentlicht am 23.02.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §12;
AVG §71 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des A in I, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. September 1993, Zl. 4.272.506/5-III/13/90, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, ist am 6. März 1989 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 7. März 1989 um Asyl angesucht. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland hat den Antrag mit Bescheid vom 29. Mai 1989 abgewiesen. Der Bescheid wurde vom Beschwerdeführer persönlich am 27. Juni 1989 übernommen. Die Berufung wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 12. Juli 1989 eingebracht.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1989 brachte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zur Kenntnis, daß die Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 29. Mai 1989 am 27. Juni 1989 persönlich übernommen worden sei und der letzte Tag für die fristgerechte Einbringung der Berufung der 11. Juli 1989 gewesen sei. Die Berufung sei aber erst am 12. Juli 1989 (Postaufgabestempel) durch den Rechtsvertreter eingebracht worden. Der Rechtsvertreter werde ersucht, seinen Mandanten dahingehend in Kenntnis zu setzen. Außerdem wäre es erforderlich, daß die Berufung zurückgezogen würde. Abschließend ersuchte die Behörde um Mitteilung dazu. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers erhielt dieses Schreiben am 21. Dezember 1989. Sie lud den Beschwerdeführer daraufhin zu einer Besprechung in die Kanzlei am 12. Jänner 1990. Bei dieser Besprechung sei der Irrtum betreffend die Berufungsfrist aufgeklärt worden. Am 19. Jänner 1990 sei dann wegen Versäumung der Berufungsfrist ein Wiedereinsetzungsantrag eingebracht worden, der mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 24. April 1990 wegen Verspätung zurückgewiesen worden sei, da die einwöchige Frist des § 71 Abs. 2 AVG 1950 nicht eingehalten worden sei. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und im selben Bescheid die Berufung gegen den abweisenden Bescheid vom 29. Mai 1989 betreffend die Asylgewährung wegen Verspätung gemäß § 63 Abs. 5 AVG zurückgewiesen.

Den abweisenden Teil des angefochtenen Bescheides begründet die belangte Behörde damit, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 2 AVG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 254/1983, binnen einer Woche nach dem Aufhören des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt, gestellt hätte werden müssen. Am 11. Juli 1989 habe der Beschwerdeführer die Rechtsvertreterin mit seiner Vertretung im Verwaltungsverfahren beauftragt. Gemäß § 12 AVG 1950 seien die Vorschriften des AVG über die Beteiligten auch auf den Bevollmächtigten anzuwenden. Das Hindernis, das der rechtzeitigen Einbringung der Berufung entgegengestanden sein solle, sei somit jedenfalls spätestens mit der Mitteilung an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers weggefallen, da die Kenntnis des Vertreters der Partei der Kenntnis der Partei gleichzusetzen sei. Die Frist zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung habe daher am 21. Dezember 1989 mit der Zustellung des angeführten Schreibens der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland zu laufen begonnen und habe am 28. Dezember 1989 geendet. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher zutreffend als verspätet zurückgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid in bezug auf die Abweisung der Berufung gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages und macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem "Recht auf Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Berufungsfrist sowie in seinem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da das gegenständliche Verwaltungsverfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Antrag vom 19. Jänner 1990 eingeleitet wurde, war gemäß der Anlage 2 der Kundmachung des Bundeskanzlers, mit dem das AVG 1950 wiederverlautbart wurde, BGBl. Nr. 51/1991, nach der am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 357/1990 (am 1. Jänner 1991) geltenden Rechtslage zu Ende zu führen sind, § 71 Abs. 2 AVG in der Stammfassung anzuwenden (im Bescheid wird nicht zutreffend das Bundesgesetz BGBl. Nr. 254/1983 ins Treffen geführt), der wie folgt lautet:

"(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen einer Woche nach Aufhören des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden."

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, spätestens im Zeitpunkt der an die Rechtsvertreterin ergangenen Information der Sicherheitsdirektion, daß die Berufung verspätet eingebracht worden sei, sei das Hindernis, dessetwegen die Berufungsfrist versäumt worden wäre, weggefallen.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei das angeführte Schreiben der Sicherheitsdirektion kein Bescheid und werde in diesem auch nicht ausdrücklich eine Verspätung der Berufung behauptet, sondern nur "in den Raum gestellt", daß der letzte Tag der fristgerechten Einbringung der Berufung "der 11.07.1989 gewesen wäre". Die Rechtsvertreterin sei weiters ersucht worden, den Beschwerdeführer davon in Kenntnis zu setzen. Es sei ihm mit dem Schreiben offensichtlich Parteiengehör eingeräumt worden, da auch ein Irrtum im Datum der Übernahme oder des Postaufgabestempels vorliegen hätte können. Die Kenntnis der Rechtsvertreterin von dem zitierten Schreiben könne noch nicht den Wegfall des Hindernisses bedeuten, da aus dem Schreiben nicht hervorgehe, wieso die Berufung verspätet eingebracht worden sei. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Verspätung in einem Umstand der Kanzlei der Rechtsvertreterin gelegen wäre. Da dies nicht der Fall gewesen sei, habe der Inhalt des Schreibens dem Beschwerdeführer persönlich zur Kenntnis gebracht werden müssen. Erst in einer Besprechung mit diesem hätte der Irrtum aufgeklärt werden können. Der Wegfall des Hindernisses sei somit erst mit der Mitteilung des Sachverhaltes an den Beschwerdeführer und mit der in der Besprechung am 12. Jänner 1990 erfolgten Aufklärung des Irrtums erfolgt. Die Frist gemäß § 71 Abs. 2 AVG müsse daher mit dem Zeitpunkt beginnen, in welchem die Partei ausreichend Kenntnis des Sachverhaltes erhalten habe. Dies werde auch durch das Erfordernis bestätigt, daß der Wiedereinsetzungsantrag begründet sein müsse.

Den Einwänden des Beschwerdeführers gegen die Auffassung der belangten Behörde kommt keine Berechtigung zu. Gemäß § 12 AVG sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beteiligten auch auf deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte zu beziehen. Die mit dem Schreiben vom 15. Dezember 1989 am 21. Dezember 1989 erhaltene Kenntnis der Rechtsvertreterin von der Verspätung der Berufung ist im Hinblick auf § 12 AVG so zu werten, wie wenn die vertretene Partei selbst hievon Kenntnis erlangt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1979, Zl. 2342/79). Es kann nicht die Rede davon sein, daß das angeführte Schreiben der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland nicht zum Ausdruck gebracht habe, daß (und im übrigen auch aus welchen Gründen) die Berufung verspätet sei. Daß im vorliegenden Fall die von der Behörde angenommene Verspätung der Rechtsvertreterin nicht in Form eines zurückweisenden Bescheides zur Kenntnis kam, ändert daran nichts. Der Wegfall des Hindernisses, um die Berufungsfrist einzuhalten, ist im vorliegenden Fall am 21. Dezember 1989 eingetreten. Der am 19. Jänner 1990 gestellte Wiedereinsetzungsantrag war daher gemäß § 71 Abs. 2 AVG verspätet. Es wurde somit von der belangten Behörde zutreffend die in erster Instanz erfolgte Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages bestätigt und die Berufung abgewiesen.

Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993011203.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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