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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Feststellung der Gleichheitswidrigkeit der "Stichtagsregelung" - des Beschäftigungsverbotes am Stichtag - gemäß §253 Abs1 ASVG; Unsachlichkeit der für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension geforderten Voraussetzung des Nichtbestehens einer Pflichtversicherung nur an einem einzigen TagSpruch
Die Worte "und der (die) Versicherte am Stichtag (§223 Abs2) weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert" in §253 Abs1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. Nr. 111/1986, waren verfassungswidrig.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Der Oberste Gerichtshof beantragt nach Art140 B-VG die Aufhebung der Wortfolge "und der (die) Versicherte am Stichtag (§223 Abs2) weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert" in §253 Abs1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. 189/1955 idF der 41. ASVG-Novelle, BGBl. 111/1986.
2. §253 Abs1 ASVG idF BGBl. 111/1986 - die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben - lautet:
"(1) Anspruch auf Alterspension hat der Versicherte nach Vollendung des 65. Lebensjahres, die Versicherte nach Vollendung des 60. Lebensjahres, wenn die Wartezeit erfüllt (§236) und der (die) Versicherte am Stichtag (§223 Abs2) weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert ist; eine Pflichtversicherung aufgrund einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes und eine Pflichtversicherung aufgrund eines am Stichtag bereits beendeten Beschäftigungsverhältnisses, aus dem dem (der) Versicherten noch ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung oder ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld anstelle von Kündigungsentschädigung zusteht, haben hiebei außer Betracht zu bleiben."
Mit Wirksamkeit vom 1. April 1991 wurde §253 Abs1 ASVG durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1991, BGBl. 157/1991, neu gefaßt.
3.1. Der Oberste Gerichtshof legt dar, daß der Klägerin des Anlaßverfahrens, die in ihrem Antrag auf Gewährung der Alterspension verneint hatte, selbständig erwerbstätig zu sein, zunächst eine Alterspension ab 1. Juli 1984 zuerkannt worden sei. Nachdem am 4. April 1985 die Pensionsversicherungsanstalt davon Kenntnis erlangt hatte, daß die Pensionsbezieherin am 1. Juli 1984 der Pflichtversicherung gemäß §2 Abs1 Z3 GSVG unterlag, sei nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens der Antrag auf Gewährung der Alterspension ab dem 1. Juli 1984 mit Bescheid des Sozialversicherungsträgers abgewiesen und der entstandene Übergenuß rückgefordert worden. Die Klägerin habe anläßlich der Antragstellung gegenüber der beklagten Pensionsversicherung nicht erwähnt, daß sie handelsrechtliche Geschäftsführerin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei und über 50 % des Stammkapitals verfüge. In der sodann erhobenen Klage habe die Klägerin das Urteil begehrt, daß die beklagte Partei schuldig sei, ihr ab 1. Juli 1984 eine Alterspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren und die mit dem bekämpften Bescheid ausgesprochene Rückforderung der bereits ausbezahlten Pensionsbeträge zu unterlassen. Dieses Begehren sei vom Erstgericht abgewiesen und die Klägerin zum Ersatz des Überbezuges verurteilt worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden. Der Oberste Gerichtshof habe nun aufgrund einer von der klagenden Partei gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision in der Sache zu entscheiden und hiebei auch §253 Abs1 ASVG anzuwenden.
3.2. Der Oberste Gerichtshof hegt gegen die angefochtene Wortfolge des §253 Abs1 ASVG verfassungsrechtliche Bedenken und legt diese wie folgt dar:
"In der Stammfassung des ASVG (BGBl 1955/189) war nur eine Form der Altersrente vorgesehen. Nach §253 Abs1 ASVG hatte Anspruch auf Altersrente der Versicherte nach Vollendung des 65sten Lebensjahres, die Versicherte nach Vollendung des 60sten Lebensjahres, wenn die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch (§235) erfüllt waren und der (die) Versicherte am Stichtag (§223 Abs2) in der Pensionsversicherung nicht pflichtversichert war. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (599 BlgNR 7.GP, 85) wird dabei unter anderem ausgeführt, daß die Altersrente im Gegensatz zum bisher geltenden Recht nur gebühre, wenn der Anspruchswerber am Stichtag in der Pensionsversicherung nicht pflichtversichert sei. Der Antrag auf Altersrente könne also mit Erfolg nur gestellt werden, wenn sich der Anspruchswerber zur Ruhe gesetzt habe. Der Umstand, daß durch die Regelung des vorliegenden Entwurfes den Versicherten ausreichende Renten gesichert würden, berechtige andererseits dazu, vom Versicherten zu verlangen, daß er nicht jüngeren Arbeitskräften einen Arbeitsplatz durch weiteres Verbleiben in seiner bisher innegehabten pensionsversicherungspflichtigen Beschäftigung wegnehme. Nehme er nach dem Stichtag wieder eine unselbständige Beschäftigung auf, so sei §94 anzuwenden (diese Ruhensbestimmungen sahen in gewissen Grenzen ein Ruhen für den Fall des Zusammentreffens eines Rentenanspruches aus der Pensionsversicherung mit einer gleichzeitig ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit vor. Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wurden wegen der großen Schwierigkeit der richtigen Erfassung und der damit verbundenen hohen Verwaltungskosten nicht erfaßt).
Durch die 3. ASVG-Novelle (BGBl 1957/294) wurde die bis dahin im §272 des Stammgesetzes geregelte 'Berufsunfähigkeitsrente bei Arbeitslosigkeit' in §253 ASVG durch Anfügung der Absätze 3 und 4 transponiert und damit zu einer auch für den Bereich der Pensionsversicherung der Arbeiter wirksamen Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters gemacht.
Die 8. ASVG-Novelle (BGBl 1960/294) brachte eine Lockerung der Voraussetzungen für die Alterspension in §253 Abs1 ASVG, die Herausnahme der vorzeitigen Altersrente bei Arbeitslosigkeit aus dieser Bestimmung und Bildung eines §253 a ASVG sowie die Einführung einer vorzeitig gebührenden Alterspension bei langer Versicherungsdauer in §253 b ASVG (im Bereich der knappschaftlichen Pensionsversicherung entsprechende Bestimmungen in §§276, 276 a und 276 b). Gegen Ende der 50er Jahre wurde nämlich ein weitaus stärkeres Ansteigen der Zahl der Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit als der Zahl der Alterspensionisten beobachtet. Um Versicherten die Möglichkeit zu eröffnen, bei langer Versicherungsdauer und großer Dichte des Versicherungsverlaufes in der letzten Zeit vor dem vollendeten 65sten bzw 60sten Lebensjahr ohne vorherige Untersuchung und ohne vorangegangenen Bezug der Arbeitslosenunterstützung in den Pensionsbezug zu gelangen, wurde eine vorzeitig gebührende Alterspension eingeführt. Diese Einführung wurde zum Anlaß genommen, um sowohl diese Leistung aus der Pensionsversicherung als auch die durch die dritte Novelle zum ASVG geschaffene vorzeitige Altersrente bei Arbeitslosigkeit als eigene Versicherungsfälle zu konstruieren (334 BlgNR 9.GP).
Nach §253 Abs1 ASVG in der Fassung dieser 8. Novelle wurde die bisher geltende Voraussetzung für den Anspruch auf Alterspension, daß der Versicherte am Stichtag in der Pensionsversicherung nicht pflichtversichert war, dahin gelockert, daß eine Pflichtversicherung auf Grund einer Beschäftigung mit einem im Monat gebührenden Entgelt von nicht mehr als 680 S hiebei außer Betracht zu bleiben hatte. Dieser Betrag entsprach dem Mindestentgelt, das auch in §94 ASVG für das Ruhen eines Pensionsanspruches festgesetzt war und wurde - entsprechend den Ruhensbeträgen - bis zur 39. ASVG-Novelle jeweils jährlich aufgewertet. Für die Leistungen einer vorzeitigen Altersrente bei Arbeitslosigkeit nach §253 a ASVG und bei langer Versicherungsdauer nach §253 b ASVG war hingegen Voraussetzung, daß keine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Die Renten fielen mit der Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne Rücksicht auf die Höhe des Entgeltes weg. Diese gegenüber der normalen Alterspension also wesentlich strengeren Regelungen blieb bis zur 29. ASVG-Novelle unverändert. Erst in dieser Novelle (BGBl 1973/31) anläßlich der zweiten Lesung der Regierungsvorlage wurden die Anspruchsvoraussetzungen nach §253 b dahin gelockert, daß die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer auch neben einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Anspruch genommen werden konnte, wenn die Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit den Betrag, wie er damals bei der normalen Alterspension galt, nicht überschritten. Es erfolgte somit erstmals eine Angleichung an die mildere und mit den Ruhensbestimmungen übereinstimmende Regelung des §253 ASVG.
Dieser Gleichklang wurde in der 39. ASVG-Novelle (BGBl 1983/590) wieder verlassen. Ziel der Neuregelungen war nach dem Ausschußbericht (80 BlgNR 16.GP) vor allem die Sicherung der Arbeitsplätze und eine Entlastung des Bundeshaushaltes. Es sollte den Bestrebungen, neben dem Bezug einer eigenen Pension noch eine einträglichere Nebenbeschäftigung oder die frühere Berufstätigkeit auszuüben entgegengewirkt werden. Neben den einschneidend verschärften Ruhensbestimmungen sollte der Anspruch auf Alterspension bzw vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit am Stichtag ohne betragliche Begrenzung ausgeschlossen werden, der Zuschlag zur Alterspension und die Bonifikation bei Aufschub der Geltendmachung der Alterspension wegfallen und der Zugang zur Frühpension erleichtert werden. Während zunächst daher sowohl für die normale Alterspension nach §253 ASVG als auch für die Formen der vorzeitigen Alterspension (§§253 a, 253 b, 276 a und 276 b) als Voraussetzung für den Anspruch gleichlautend vorgesehen war, daß der (die) Versicherte am Stichtag in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz oder nach dem GSVG oder nach dem BSVG nicht pflichtversichert ist, wurde im Ausschuß - jedoch nur für die Formen der vorzeitigen Alterspension - ein Zusatz aufgenommen, daß eine Erwerbstätigkeit, auf Grund derer ein Erwerbseinkommen bezogen wird, daß das nach §5 Abs2 litc jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt, hiebei unberücksichtigt bleibt und bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ein solches Erwerbseinkommen auch nicht zum Wegfall der vorzeitigen Alterspension führt. Ein Bezug zu den Ruhensbestimmungen besteht seither nicht mehr. Dem Bericht des Ausschusses (80 BlgNR 16.GP 5) ist nur zu entnehmen, die vorgeschlagenen Änderungen bewirkten, daß vorzeitige Alters-(Knappschaftsalters-)Pensionen bei Arbeitslosigkeit bzw bei langer Versicherungsdauer bei Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit dann nicht wegfallen, wenn das daraus bezogene Erwerbseinkommen im Monat die Geringfügigkeitsgrenze des §5 Abs2 litc ASVG nicht überschreite. Gegenüber der Fassung des Initiativantrages bedeute diese Neuregelung insofern eine Milderung, weil der dort verankerte Grundsatz, daß jede unselbständige oder selbständige Tätigkeit die Frühpension zum Wegfall bringe, ohne Ausnahme normiert worden sei. Ein Hinweis, warum diese Milderung im Hinblick auf die erklärten Ziele der geplanten Novellierung nicht auch für normale Alterspensionisten vorgeschlagen wurde und warum die Stichtagsregelungen der einzelnen Formen der Alterspensionen nicht wie bisher mit den Ruhensbestimmungen in Einklang stehen, fehlt.
Nach der seit der 39. Novelle noch geltenden Fassung des §253 Abs1 ASVG besteht also ein Anspruch auf Alterspension unter anderem nur dann, wenn der Versicherte am Stichtag weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem GSVG noch nach dem BSVG pflichtversichert ist. Das Zusammentreffen eines bereits erworbenen Anspruches auf Alterspension mit einem daneben erzielten Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit führt nach §94 Abs1 ASVG nur zu einem teilweisen Ruhen der Alterspension. Der Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer nach §253 b Abs1 ASVG (oder §276 b Abs1) hingegen hat zwar zunächst auch zur Voraussetzung, daß der Versicherte am Stichtag weder selbständig noch unselbständig erwerbstätig ist, eine Erwerbstätigkeit auf Grund deren ein Erwerbseinkommen bezogen wird, das das nach §5 Abs2 litc ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt, bleibt jedoch unberücksichtigt und führt bei späterer Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit nicht zum Wegfall der Pension.
Es ist ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, daß der Gesetzgeber durchaus im Rahmen des Kompetenztatbestandes gemäß Art10 Abs1 Zif 11 B-VG 'Sozialversicherungswesen' bleibt, wenn er gewisse Rentenbeträge, auf die ansonsten ein Anspruch besteht, wegen anderweitiger Einkünfte des Versicherten zum Ruhen bringt, der Gesetzgeber könne also grundsätzlich Ruhensbestimmungen normieren. Die grundsätzliche Differenzierung zwischen Rentenberechtigten, die über ein gewisses Einkommen verfügen und anderen, die ein solches anderweitiges Einkommen nicht haben, sei nicht als gleichheitswidrig anzusehen, es komme aber auf die konkrete Verwirklichung an (VfSlg 3836/1860 und 5241/1966). Gleiches wird auch zu gelten haben, wenn der Gesetzgeber den Anfall einer Alterspension von der Aufgabe der Erwerbstätigkeit abhängig macht. Schon die von der Stammfassung bis zur 8. ASVG-Novelle gültige Regelung, daß einerseits zum Pensionsstichtag keine Pflichtversicherung vorliegen durfte, danach aber bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur mehr die (gegenüber der derzeitigen Regelung noch wesentlich milderen) Ruhensbestimmungen zur Anwendung kamen, hat wegen der Ungleichbehandlung von im wesentlich gleichgelagerten Sachverhalten und der Möglichkeit, durch kurze Unterbrechung der Erwerbstätigkeit die Stichtagsregelung zu umgehen, zu einer ganzen Reihe von kritischen Aufsätzen mit der Forderung einer Novellierung dieser Bestimmungen geführt (vgl hiezu Butschek in ÖJZ 1957, 368 und in JBl 1959, 26). Nicht zuletzt auch deshalb dürfte die unterschiedliche Behandlung von Erwerbseinkommen eines Alterspensionisten zum Pensionsstichtag einerseits und nach Pensionsanfall andererseits mit der 8. ASVG-Novelle behoben worden sein. Diese Gleichbehandlung wurde mit der 39. ASVG-Novelle, wie schon dargestellt, wieder beseitigt. Die Begründung des Gesetzgebers für die getroffenen Maßnahmen, nämlich die Sicherung der Arbeitsplätze und eine Entlastung des Bundeshaushaltes vermag die vorgenommene Differenzierung nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht zu rechtfertigen. Zunächst ist das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung am Stichtag Voraussetzung für die Gewährung einer Alterspension, eine schon am nächsten Tag aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung führt aber im Regelfall nur zum teilweisen Ruhen der Pension. Haben Alterspensionisten 540 Versicherungsmonate erreicht, führt eine weitere aktive Tätigkeit zwar zu keiner Steigerung der Pension, streben sie jedoch eine solche an, dann gelten für sie die schärferen Ruhensbestimmungen des §94 Abs1 ASVG, wenn sie nach dem Stichtag wieder eine Erwerbstätigkeit ausüben. Der angestebte Zweck, jüngeren Arbeitskräften Arbeitsplätze freizumachen und den Bundeshaushalt zu entlasten, wird aber bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem Pensionsstichtag in gleicher Weise zunichte gemacht, wie bei Weiterbestehen einer Erwerbstätigkeit zum Stichtag selbst. Soweit Pensionisten eine selbständige Tätigkeit ausüben, nehmen sie überhaupt niemandem einen Arbeitsplatz weg, sondern schaffen vielmehr häufig durch ihre Tätigkeit sogar zusätzlich Arbeitsplätze. Dazu kommt noch, daß nach §2 Abs1 Zif 3 GSVG die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mbH, soferne diese Gesellschaft Mitglied einer Kammer der Gewerblichen Wirtschaft ist und diese Personen nicht bereits auf Grund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen, selbst dann der Pflichtversicherung unterliegen, wenn sie ihre Tätigkeit unentgeltlich ausüben.
Noch viel weniger verständlich erscheint die ungleiche Behandlung der normalen Alterspensionisten gegenüber Pensionisten, die eine vorzeitige Alterspension anstreben. Letztere belasten den Bundeshaushalt bereits zu einem früheren Zeitpunkt und nach der Wahrscheinlichkeit auch für längere Zeit als normale Alterspensionisten. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß für Alterspensionisten eine unentgeltliche Tätigkeit oder eine solche im Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze den Pensionsanspruch zunichte macht, ist nicht ersichtlich. Durch solche Tätigkeiten können jedenfalls keine Arbeitsplätze freigemacht werden. Durch die Zulassung unentgeltlicher Tätigkeit oder eines Erwerbseinkommens im Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze bei den Bestimmungen der §§253 a, 253 b, 276 a und 276 b ASVG werden die grundsätzlichen Ziele der 39. ASVG-Novelle zwar nicht gefährdet, doch gilt dies in gleicher Weise auch für Alterspensionisten nach §253 ASVG. Es kann kein Unterschied im Tatsächlichen gefunden werden, der die Differenzierung rechtfertigen könnte. Da für die vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gerade eine besonders hohe Anzahl von Versicherungsmonaten und eine große Versicherungsdichte in den letzten Jahren gefordert wird, kann auch die Überlegung, dem Versicherten solle die Möglichkeit geboten werden, durch Erwerb weiterer Versicherungszeiten eine angemessene, seinem Lebensstandard nahekommende Versorgung zu erlangen, nicht überzeugen. Bei beiden Formen der Alterspension bestehen, was die Ausübung einer weiteren Erwerbstätigkeit zum Stichtag betrifft, keine wesentlichen Unterschiede im Tatsächlichen.
Dazu kommt noch, daß bei der vorzeitigen Alterspension bei Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nach deren Zuerkennung nicht wie bei der normalen Alterspension die wesentlich günstigeren Ruhensbestimmungen des §94 ASVG Anwendung finden, sondern bei Erzielen eines Erwerbseinkommens, das über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, diese Pensionen zur Gänze wegfallen. Diese Differenzierung erscheint im Hinblick auf den früheren Pensionsanfall und den damit verfolgten Zweck durchaus einsichtig. Die dazu in krassem Gegensatz stehende günstigere Regelung zum Pensionsstichtag erscheint daher nicht nur gleichheits- sondern auch systemwidrig.
Gegen die Verfassungsgemäßheit der derzeitigen Regelung, welche einerseits Versicherte, die zum Pensionsstichtag einer Pflichtversicherung unterliegen gegenüber jenen, die erst nach Pensionsanfall eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, andererseits normale Alterspensionisten und Frühpensionisten hinsichtlich einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum Pensionsstichtag ohne ausreichende Unterschiede im Tatsächlichen unterschiedlich behandelt, bestehen somit gewichtige Bedenken. ..."
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie mit folgenden Argumenten die Abweisung des Antrages des Obersten Gerichtshofes begehrt:
"1. Die angefochtene Rechtsvorschrift ist vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung der Pensionsversicherung, einen Ersatz für das verlorengegangene Arbeitseinkommen zu gewährleisten, zu sehen. Die Stichtagsregelung soll bewirken, daß der Antrag auf Alterspension nur gestellt werden kann, wenn sich der Anspruchswerber zur Ruhe gesetzt hat (vgl. Teschner, Pensionsversicherung, in: Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 380, 420).
Dieser Gedanke liegt bereits der Stammfassung des §253 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, zugrunde und ist seither prinzipiell beibehalten worden. Die Erläuterungen zu §253 ASVG in der Stammfassung begründen dies damit, daß das ASVG ausreichende Leistungen sichert und daher die Berechtigung gibt, 'vom Versicherten zu verlangen, daß er nicht jüngeren Arbeitskräften einen Arbeitsplatz durch weiteres Verbleiben in seiner bisher innegehabten pensionsversicherungspflichtigen Beschäftigung wegnimmt. Nimmt er nach dem Stichtag wieder eine unselbständige Beschäftigung auf, so ist §94 anzuwenden.' (599 BlgNR VII.GP, 85).
Der Ausschußbericht zum Stammgesetz begründet die sachliche Rechtfertigung für die gegenständliche Rechtsvorschrift noch klarer:
'Solange die Rente, wie dies nach dem derzeit geltenden Recht der Fall ist, zu den im Laufe eines ganzen Berufslebens erarbeiteten Lebensstandard in keinem direkten Verhältnis stand, sondern sich nach dem Durchschnitt der während der gesamten Versicherungsdauer geleisteten Beiträge errechnete, war es im Hinblick auf das Versicherungsprinzip gerechtfertigt, die Rente nach Erreichung der Altersgrenze auch neben einem Erwerbseinkommen voll zu gewähren. Angesichts des Mißverhältnisses zwischen Rente und letztem Arbeitseinkommen waren auch sozialpolitische Erwägungen dafür maßgebend, eine Rentenkürzung auszuschließen. Aber schon im Zusammenhang mit der auf die Preis- und Lohnabkommen zurückgehende Anpassungsgesetzgebung nach 1945 wurde von diesem Grundsatz abgegangen. Wenn nun das vorliegende Gesetz Renten festlegt, die nach 40 Versicherungsjahren 72 v.H. der Bemessungsgrundlage erreichen und nach 45 Versicherungsjahren bis zu einem Höchstausmaß von 79,5 v.H. ansteigen, so ändert dies auch die grundsätzliche Einstellung zur Frage des Ruhens der Rente neben einem fortlaufenden Arbeitseinkommen. Dies gilt umso mehr, als diese Renten ohne laufende Zuschüsse des Staates in bedeutender Höhe nicht ausgezahlt werden können. Es ist nun ausgeschlossen, den übrigen Versicherten, welche die Beiträge aufbringen müssen, sowie der Allgemeinheit, welche mit ihrer Steuerleistung zur Deckung des Rentenaufwandes beiträgt, höhere Belastungen zuzumuten, damit ein Versicherter, der nach Erreichung der Altersgrenze in seinem Arbeitsverhältnis verbleibt, eine entsprechend erhöhte Rente und Arbeitsentgelt nebeneinander beziehen kann. Das Gesetz sieht daher im §253 vor, daß als weitere Voraussetzung für den Rentenanfall der Versicherte am Stichtag nicht pflichtversichert sein darf. Diese Regelung war im übrigen im Angestelltenversicherungsgesetz der Ersten Republik eine Selbstverständlichkeit ...' (613 BlgNR VII.GP).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung bestätigt, daß bei Pensionen nach den Sozialversicherungsgesetzen der sozialpolitische Gedanke im Vordergrund stehe und den Versicherungsgedanken zurückdränge (VfSlg. 4714/1964, 5241/1966 u. a.) und mit dieser Begründung im konkreten Fall des §94 ASVG die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, daß Pensionsleistungen nur gebühren, wenn die die Pensionsversicherungspflicht begründende Tätigkeit aufgegeben ist, grundsätzlich als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet. Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg. 5241/1966 darauf hingewiesen, daß die Mittel der Sozialversicherungsgemeinschaft allein nicht ausreichen, um die Pensionen in der gesetzlichen Höhe sicherzustellen, sondern vom Bund bedeutende Zuschüsse zu leisten seien, und auch dieses Argument zur sachlichen Rechtfertigung der oben beschriebenen gesetzgeberischen Grundentscheidung, daß Pensionsleistungen prinzipiell nur anfallen sollen, wenn der Anspruchswerber sich zur Ruhe gesetzt hat, herangezogen.
Dieser gesetzgeberische Grundgedanke wurde jedoch seit jeher nicht in aller Strenge verwirklicht: Einerseits war das dargestellte System immer - d.h. bereits seit seiner Stammfassung - dadurch abgeschwächt, daß eine Erwerbstätigkeit aufgrund derer ein unter der Geringfügigkeitsgrenze (§5 Abs2 litc ASVG) liegendes Erwerbseinkommen anfällt, keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet; eine solche Erwerbstätigkeit stellt daher auch kein Hindernis für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension dar!
Andererseits enthielt das ASVG zwar seit seiner Stammfassung in §94 eine Ruhensbestimmung, die aber ebenfalls erst bei Überschreitung eines bestimmten Grundbetrages zu einem Ruhen von Teilen der Pension führt. Wenn die vom Gesetzgeber als für den vollen Bezug der Alterspension als unbeachtlich angesehenen Einkommensgrenzen aber nicht in allen Fällen - so insbesondere nicht im Falle der Weiterführung einer pensionsversicherungspflichtigen Beschäftigung am Stichtag einerseits gegenüber der späteren Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit andererseits - übereinstimmen, kann darin noch keinesfalls zwingend ein Verstoß gegen Art7 B-VG erblickt werden. Nicht jede Unstimmigkeit oder Unvollkommenheit macht nämlich ein Gesetz verfassungswidrig (vgl. auch VfSlg. 5241/1966).
Darüber hinaus liegen bei den Fällen einer pensionsversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit am Stichtag einerseits und der späteren Aufnahme einer solchen Beschäftigung andererseits in den Augen des Gesetzgebers unterschiedliche Sachverhalte vor. Der Gesetzgeber regelt daher keinesfalls gleiches ungleich. Während sich eine pensionsversicherungspflichtige Beschäftigung am Stichtag selbst sehr häufig als unmittelbare Weiterführung der bisherigen Aktivtätigkeit darstellen wird, die der Gesetzgeber ja gerade gelöst wissen will, liegt im Falle einer späteren, den Ruhensbestimmungen des §94 ASVG unterliegenden Beschäftigung in den weitaus meisten Fällen eine geringfügige Nebenbeschäftigung zur bloßen Aufbesserung der Alterspension vor. (vgl. Butschek, Zur Auslegung des §253 ASVG (Anspruch auf die Altersrente), ÖJZ 1957, 368f). Wenn der Gesetzgeber an den erstgenannten Fall strengere Maßstäbe zur Vermeidung der 'Überversorgung' anlegt, kann ihm aus Sachlichkeitsgründen nicht entgegengetreten werden.
Durch die 3. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 294/1957, wurde dieses System grundsätzlich auch der Gewährung einer vorzeitigen Alterspension zugrundegelegt (vgl. §253 Abs4 ASVG idF der 3. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 294/1957).
Mit Wirkung vom 1. Jänner 1951 (richtig: 1961)
(8. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 294/1960) bis einschließlich 1983 war eine für die Betroffenen günstigere Fassung des §253 ASVG in Geltung, als der Bestand einer Pflichtversicherung am Stichtag auf Grund einer Beschäftigung mit einem jährlich aufzuwertenden Betrag, der höher lag als der Grenzbetrag des §5 Abs2 litc ASVG - er belief sich zuletzt auf 3.195 S - dem Pensionsanfall nicht entgegenstand. Diese Lockerung der Anspruchsvoraussetzungen nach §253 Abs1 ASVG wurde vor allem im Interesse jener Versicherten geschaffen, die bei Aufgabe ihrer Beschäftigung auch eine Dienstwohnung verlieren und wegen der Notwendigkeit zusätzlicher Einkünfte zur Finanzierung einer Ersatzwohnung keinen Anspruch auf Alterspension geltend machen konnten. Dabei handelte es sich insbesondere um Hausbesorger (vgl. die EB zur RV 344 BlgNR IX. GP). An dem bis dahin bestehenden System, daß nämlich anderweitige Erwerbseinkünfte der Intention der Pensionsversicherung zwar grundsätzlich widersprechen, eine Beschäftigung mit einem Entgelt unter einem gesetzlich festgelegten Grenzbetrag aber die Erlangung einer Alterspension nicht hindert, hat sich aber auch mit dem Inkrafttreten der 8. ASVG-Novelle nichts geändert.
Mit der 39. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 590/1983, hat der Gesetzgeber im wesentlichen die Rechtslage des Stammgesetzes wiederhergestellt: Beschäftigungsverhältnisse, die keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründen, also insbesondere solche, deren Einkünfte sich im Rahmen der Geringfügigkeitsgrenze des §5 Abs2 litc ASVG bewegen, bleiben bei der Prüfung der Voraussetzungen des §253 Abs1 ASVG grundsätzlich außer Betracht. Die mit der 8. ASVG-Novelle geschaffene Begünstigung für Hausbesorger wurde aufrecht erhalten. Neu an der Bestimmung des §253 Abs1 ASVG idF der 39. Novelle gegenüber der Stammfassung war, daß sie nicht wie die Stammfassung allgemein auf eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung, sondern explizit auf eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach ASVG sowie auf die zwischenzeitig neugeregelten Pflichtversicherungen in der Pensionsversicherung nach dem BSVG und GSVG abstellte. In der gesetzgeberischen Grundentscheidung hat sich dadurch aber nichts geändert. Auch das BSVG enthält im §2 Abs3 eine der Intention des §5 Abs2 litc ASVG entsprechende Regelung über eine Geringfügigkeitsgrenze, unterhalb derer eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nicht besteht, die allerdings keine betragsmäßige Einkommensbegrenzung enthält, sondern den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes als Anknüpfungspunkt wählt.
Wenn das GSVG aber keine dem §5 Abs2 litc ASVG
vergleichbare Geringfügigkeitsgrenze in Form einer betragsmäßigen Begrenzung enthält, so kann dies mit der Besonderheit der vom GSVG erfaßten selbständigen Beschäftigungen und der auf Grund dieser Besonderheiten erforderlichen pauschalen Anknüpfungskriterien für die Versicherungspflicht (z.B. Kammermitgliedschaft) sachlich gerechtfertigt werden. Wenn also ein nach dem GSVG Versicherter auch bei einer unentgeltlichen aber versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gemäß §253 ASVG keinen Anspruch auf Alterspension hat, so ist das die Folge eines wesentlich anders gestalteten Pensionssystems, das aber an sich zweifellos sachlich ist. Auch hier wird demnach nicht Gleiches ungleich behandelt.
Der Gesetzgeber hat also in der 39. ASVG-Novelle bloß die durch die 8. ASVG-Novelle eingeräumten Begünstigungen hinsichtlich der Möglichkeit einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung angesichts geänderter gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und zunehmend abzusehender Finanzierungsengpässe der Pensionsversicherung (bereits mit der 40. ASVG-Novelle wurde eine umfassende Pensionsreform durchgeführt, in deren Zuge es insbesondere auch zu einer Änderung des Bemessungsrechtes - Verlängerung der Bemessungszeit und Einführung linearer Steigerungsbeträge - kam) teilweise wieder zurückgenommen.
Daß eine teilweise Rücknahme früher gewährter Begünstigungen im Sozialversicherungsrecht aber im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers liegt, hat der Verfassungsgerichtshof selbst im Falle eines Eingriffes in eine durch die Rechtslage begründete Erwartungshaltung ausdrücklich festgehalten (VfSlg. 11288/1987); dies muß umsomehr im vorliegenden Fall gelten.
Zur Begründung der teilweisen Rücknahme früher gewährter Begünstigungen und der Verschärfung der die Möglichkeit der Ausübung einer Nebenbeschäftigung neben dem Bezug einer Alterspension betreffenden Regelungen führen im übrigen sowohl die Begründung zum Initiativantrag als auch der Ausschußbericht (80 BlgNR XVI.GP) folgendes aus:
'... Diese Maßnahmen werden in erster Linie im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik getroffen. Sie sollen nunmehr durch entsprechende Änderung des Sozialversicherungsrechts, das ebenfalls einen wesentlichen Bestandteil der Sozialen Sicherheit bildet, wirksam ergänzt und unterstützt werden. Diese Aufgabe bildet das Schwergewicht des einen Teiles der mit dem vorliegenden Antrag vorgeschlagene Neuregelungen. Der andere Teil verfolgt die Absicht, durch eine Reihe finanzieller Maßnahmen im Bereich der Sozialversicherung zur Entlastung des Bundeshaushaltes beizutragen.
Bei den die Sicherung der Arbeitsplätze unterstützenden Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes handelt es sich vor allem um jene, die den Bestrebungen, neben dem Bezug einer eigenen Pension noch eine einträglichere Beschäftigung oder die frühere Berufstätigkeit auszuüben, entgegenwirken sollen.
Die Rechtfertigung dieser Maßnahmen ist vor allem in der schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß beträchtliche allgemeine Steuermittel und Beiträge der Dienstnehmer und Dienstgeber, abgesehen von der Sicherstellung des Pensionsaufwandes, zur Stützung der Beschäftigungslage notwendig sind. Unter diesem Aspekt ist es den noch nicht im Pensionsalter stehenden Erwerbstätigen bzw. Arbeitssuchenden gegenüber unvertretbar, insbesondere die Bestimmungen, die das Zusammentreffen einer Eigenpension mit Erwerbseinkommen regeln, mit dem Inhalt unverändert weiter gelten zu lassen, mit der sie zur Zeit des wirtschaftlichen Aufschwunges bzw. der Vollbeschäftigung und angesichts dieser Entwicklung beschlossen wurden ...'.
Als Zwischenergebnis läßt sich daher festhalten:
Der vom Obersten Gerichtshof angefochtenen Regelung des §253 ASVG liegt der - vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich anerkannte - Versorgungsgedanke zugrunde. Die Zweckbestimmung der Alterspension liegt darin, einen Ersatz für früheres Arbeitseinkommen zu bieten; sie soll nicht zusätzlich zu einem vollen Arbeitsverdienst hinzutreten. Dies wäre vor allem im Hinblick auf das Finanzierungssystem nicht vertretbar, da auf Grund der Umlagenfinanzierung kein Versicherter seine Pension selbst zahlt und er daher auch keine den Prinzipien der Vertragsversicherung folgenden Leistungsanspruch erwerben kann. Die laufende Beiträge sind aber weder ausreichend, die nach der heutigen Pensionsformel errechneten und angepaßten Pensionen zu finanzieren, noch dienen sie diesem Zweck, da die Pensionsversicherung auf dem Gedanken des Generationenausgleichs basiert. Angesichts der hohen Mittel, die von der Allgemeinheit aufgebracht werden müssen, damit die Pensionsversicherungsanstalten ihre gesetzliche Verpflichtung erfüllen können, war und ist es nicht vertretbar, so wie etwa in der privaten Vertragsversicherung, das Erwerbseinkommen eines Pensionsberechtigten gänzlich außer Betracht zu lassen.
2. Was die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes zur - hinsichtlich der Ruhensbestimmungen unterschiedlichen - Behandlung Versicherter, die eine vorzeitige Alterspension anstreben, gegenüber Beziehern einer normalen Alterspension (§253 ASVG) im Falle der Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach Pensionsanfall betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß weder §253a bzw. §253b noch §94 ASVG im vorliegenden Fall präjudiziell sind. Deren Prüfung ist vom Obersten Gerichtshof auch nicht beantragt. Auf diese Regelungen geht daher die Bundesregierung nur unter dem Aspekt der - behaupteten - Abweichung der Anspruchsvoraussetzungen im Vergleich zu §253 ASVG ein.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß inhaltlich betrachtet sowohl §253 ASVG als auch §§253a und 253b ASVG das Entstehen eines Anspruchs an dieselbe Bedingung knüpfen, daß nämlich der Versicherte am Stichtag in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht. Dies wird in §253 ASVG gerade durch die angefochtene Wortfolge zum Ausdruck gebracht, in §253a ASVG folgt dies aus dem Begriff 'arbeitslos' (vgl. §12 Abs6 lita des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977: 'Als arbeitslos gilt jedoch, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die in §5 Abs2 lita bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;') und in §253b ASVG wird an den Umstand angeknüpft, daß der (die Versicherte) am Stichtag nicht erwerbstätig ist, wobei eine Erwerbstätigkeit mit einem Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze (§5 Abs2 litc ASVG) unberücksichtigt bleibt. Zu den beiden letztgenannten Regelungen ist darauf hinzuweisen, daß eine Beschäftigung mit einem als geringfügig anzusehenden Entgelt eine Ausnahme von der Vollversicherung bewirkt, gerade das ist aber eine der in §253 Abs1 ASVG vorgesehenen Bedingungen. Was die Anknüpfung an Regelungen des GSVG und des BSVG betrifft, trifft dies zwar nicht zu, doch scheint diese Abweichung im Hinblick auf die Unterschiede zu diesen Pensionsversicherungssystemen gerechtfertigt (siehe oben).
Die Rechtsfolgen einer nach dem Stichtag aufgenommenen Beschäftigung sind allerdings tatsächlich unterschiedlich. Während sie bei der normalen Alterspension nur das Ruhen eines Teiles derselben (§94 ASVG) bewirkt, führt sie bei den beiden Formen der vorzeitigen Pension (ab einer bestimmten Einkommenshöhe) zum gänzlichen Wegfall des Anspruches. Dies ist aber leicht damit zu rechtfertigen, daß in den Fällen der vorzeitigen Alterspension ein früher einsetzender Schutz des Versicherten intendiert werden soll. Dementsprechend ist es auch sachlich zu rechtfertigen, daß die Voraussetzungen für den Anspruch auf diese Pension im Hinblick auf ein daneben erzieltes Einkommen schärfer gefaßt werden als beim normalen Versicherungsfall des Alters.
3. Hinsichtlich der vom Obersten Gerichtshof behaupteten Ungleichbehandlung - betreffend das Ausmaß der Pensionskürzungen - von Versicherten, die zum Pensionsstichtag einer Pflichtversicherung unterliegen (überhaupt kein Pensionsanspruch) gegenüber solchen, die erst nach Pensionsanfall eine versicherungspflichtige Beschäftigung annehmen (bloßes Ruhen von Teilen der Pension), ist ebenfalls darauf hinzuweisen, daß es die Zweckbestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Pensionsregelungen ist, daß Alterspensionen nur gewährt wird, wenn sich der Anspruchswerber tatsächlich zur Ruhe gesetzt hat. Wenn §253 ASVG auf einen bestimmten Stichtag abstellt, ist dies im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu Stichtagsregelungen unbedenklich. Die Ruhensbestimmung in §94 ASVG stellt demgegenüber typischerweise auf eine geringfügigere Nebenbeschäftigung ab, die der Pensionist nach Pensionsanfall zur Aufbesserung seiner Alterspension ausübt. Butschek (Zur Auslegung des §253 ASVG (Anspruch auf die Altersrente), ÖJZ 1957, 368f) drückt dies folgendermaßen aus:
'Die durch die neue Art der Rentenberechnung erhöhte Altersrente sollte nunmehr anstelle des bisherigen Verdienstes treten, und nicht, wie dies vor dem ASVG möglich war, neben dem bisherigen Einkommen bezogen werden; der 65-jährige, bzw. die 60-jährige soll seinen (ihren) hoch bezahlten, weil in diesem Alter meist leitenden Arbeitsplatz für jüngere, nachrückende Arbeitskräfte freimachen. Daß der zum Rentner Gewordene dann einmal später zur Ergänzung seiner Altersrente noch einen kleinen Posten irgendwo sucht und vielleicht auch findet (in dem Alter wird dies gewiß nicht leicht sein), dagegen hat der Gesetzgeber nichts einzuwenden. In diesem Falle kommen dann eben die Ruhensbestimmungen des §94 ASVG zur Anwendung.'
Die ebenfalls vom Obersten Gerichtshof ins Treffen geführten allfälligen Umgehungsmöglichkeiten der Stichtagsregelung des §253 Abs1 ASVG vermögen in diesem Zusammenhang insbesondere bei Anlegung einer Durchschnittsbetrachtung kein die Gleichheitswidrigkeit der Regelung begründendes Argument zu bilden; im übrigen darf darauf hingewiesen werden, daß eine ungleiche Behandlung gleicher Sachverhalte bei bloßer Scheinauflösung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zum Zwecke der Erlangung des Anspruches auf Alterspension durch teleologische und verfassungskonforme Auslegung dieser Gesetzesbestimmung unter Anlegung eines strengen Maßstabes für die Anspruchsvoraussetzungen von den Zivilgerichten sichergestellt werden kann (vgl. Teschner, Pensionsversicherungspflicht, in: Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 380f)."
5. Die klagende Partei des gerichtlichen Anlaßverfahrens hat eine Stellungnahme abgegeben, in der sie sich den vom Obersten Gerichtshof vorgebrachten Bedenken anschließt.
6. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
6.1. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf der Antrag eines Gerichtes wegen mangelnder Präjudizialität der angefochtenen Normen nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß das - angefochtene - Gesetz eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (vgl. zB VfSlg. 8136/1977, 9284/1981). Davon kann hier keine Rede sein; die Präjudizialität der angefochtenen Regelung liegt offenkundig vor. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse bestehen, ist das Verfahren zulässig.
6.2. Der Antrag ist auch begründet:
6.2.1. Die angefochtene Wortfolge des §253 Abs1 ASVG normiert ua. als Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension, daß der (die) Versicherte am sogenannten Stichtag weder in der Pensionsversicherung nach diesem Gesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert ist.
6.2.2. Die Stichtagsregelung wird in der Regierungsvorlage zur Stammfassung des ASVG, BGBl. 189/1955, damit begründet, daß das ASVG ausreichende Leistungen an Alterspension sichere; es sei daher sachlich gerechtfertigt, "vom Versicherten zu verlangen, daß er nicht jüngeren Arbeitskräften einen Arbeitsplatz durch weiteres Verbleiben in seiner bisher innegehabten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wegnimmt" (599 BlgNR VII.GP, 85). Im Ausschußbericht (613 BlgNR VII.GP) wird dazu dargelegt, daß nach dem vor dem ASVG geltenden Recht die Rente zu dem im Laufe eines ganzen Berufslebens erarbeiteten Lebensstandard in keinem direkten Verhältnis stand, sondern sich nach dem Durchschnitt der während der gesamten Versicherungsdauer geleisteten Beiträge errechnete. Das sei im Hinblick auf das damals maßgeblich gewesene Versicherungsprinzip angesichts des Mißverhältnisses zwischen Rente und letztem Arbeitseinkommen gerechtfertigt gewesen. Mit dem ASVG seien jedoch (ermöglicht durch Bundeszuschußleistungen) Renten festgelegt worden, die nach 40 Versicherungsjahren 72 v.H. der Bemessungsgrundlage erreichen und nach 45 Versicherungsjahren bis zu einem Höchstmaß von 79,5 v.H. ansteigen.
6.2.3. Das Sozialversicherungsrecht beruht nicht nur auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Versorgungsprinzip.
6.2.4. Die sogenannte Stichtagsregelung, also das "Beschäftigungsverbot" am Stichtag, stand - wie die Gesetzesmaterialien zeigen - von Anfang an in einem Konnex mit der Anordung über das Ruhen von Pensionsansprüchen bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem Entstehen des Pensionsanspruches (vgl. zB zur Stammfassung des ASVG, 613 BlgNR V.GP, 3; besonders deutlich die Erläuterungen zur 29. ASVG-Novelle, 404 BlgNR XIII.GP, 61: "Die Ruhensbestimmungen sind demnach die logische Konsequenz des Beschäftigungsverbotes am Stichtag").
Dieser Konnex ist jedoch nach Inhalt und Zielrichtung nicht derart, daß sich die Regelungen gegenseitig bedingt hätten. Während der Stichtagsregelung die Funktion zukommt, eine Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension zu normieren, sollten die Ruhensbestimmungen - flankierend - bei einer nach dem Stichtag aufgenommenen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit ein vorübergehendes, teilweises Ruhen des Pensionsanspruches nach sich ziehen, und zwar mit dem gesetzgeberischen Ziel, dadurch einerseits eine Lenkung des Arbeitsmarktes und andererseits eine Entlastung des Bundeshaushaltes zu bewirken, ohne aber den erworbenen Anspruch zum Erlöschen zu bringen (so schon die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des ASVG, 613 BlgNR V.GP, 3).
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1990, G33,34/89 ua., die Ruhensbestimmungen des §94 ASVG als verfassungswidrig aufgehoben, was aber im Hinblick auf die vorausgehenden Darlegungen nicht zwangsläufig eine Verfassungswidrigkeit der Stichtagsregelung nach sich zieht.
6.2.5. Ausgehend davon, daß mit der Alterspension ein Ersatz für das verlorengegangene Arbeitseinkommen gewährt werden soll und daß das Sozialversicherungsrecht auch auf dem Versorgungsgedanken beruht, weil die Mittel für die Pensionsleistungen nach wie vor sowohl im Wege einer Umlagenfinanzierung als auch durch laufende Zuschüsse des Staates aufgebracht und sichergestellt werden, hält der Verfassungsgerichtshof an seiner bereits in VfSlg. 5241/1966 geäußerten und im Erkenntnis vom 15. Dezember 1990, G33,34/89 ua. (S 30), aufrechterhaltenen Ansicht weiter fest, daß eine Regelung, wonach einem Antrag auf Alterspension nur zu entsprechen ist, wenn sich der Anspruchswerber zur Ruhe gesetzt hat, sachlich unbedenklich ist.
6.2.6. Dies stellt auch der Oberste Gerichtshof nicht in Frage. Er hält die angegriffene Regelung jedoch ua. deshalb für unsachlich, weil sie das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung bloß am Stichtag zur Voraussetzung der Gewährung einer Alterspension macht, während "eine schon am nächsten Tag aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung ... im Regelfall nur zum teilweisen Ruhen der Pension" führe. Dazu komme die ungleiche Behandlung von Anspruchsberechtigten nach §253 ASVG ("normale" Alterspension) und von solchen nach §253a und §253b leg.cit. ("vorzeitige" Alterspensionen).
Mit dem ersten Vorwurf ist der Oberste Gerichtshof im Recht:
Die Stichtagsregelung des §253 Abs1 ASVG ist - für sich allein gesehen - offensichtlich nicht geeignet, der mit ihr verfolgten Absicht des Gesetzgebers Rechnung zu tragen. Wenn nämlich mit dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht werden soll, daß Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension sein soll, daß der Anspruchswerber in den Ruhestand tritt, dann ist §253 Abs1 ASVG, der lediglich festlegt, daß an einem bestimmten Tag keine versicherungspflichtige Beschäftigung bestehen darf, zur Erreichung des deklarierten Zieles absolut untauglich. Steht dem (der) Versicherten nämlich die Möglichkeit offen, jederzeit nach Erlangung der Alterspension eine versicherungspflichtige Tätigkeit neu zu begründen, ja selbst mit dem bisherigen Dienstgeber schon am nächsten Tag ein Rechtsverhältnis neu einzugehen, dann ist es offenkundig, daß die Regelung den angestrebten Zweck verfehlen muß. Ist aber Voraussetzung eines Anspruches auf Alterspension, daß die versicherungspflichtige Tätigkeit nur für einen (Stich-)Tag aufgegeben werden muß, findet sich auch keine sachliche Rechtfertigung dafür, dem (der) Versicherten nicht nur eine die Pflichtversicherung nach dem ASVG begründende Beschäftigung zu untersagen, sondern Gleiches auch für Beschäftigungen anzuordnen, die nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz oder dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz eine Pflichtversicherung nach sich ziehen.
Auch der von der Bundesregierung vorgetragene Einwand, daß eine nur zum Schein getroffene Vereinbarung über das Erlöschen der versicherungspflichtigen Tätigkeit als Umgehungsvereinbarung gewertet und so das Entstehen eines Anspruches auf Alterspension ausgeschlossen werden könnte, ist nicht zielführend. Dies deshalb, weil Unterbrechungen eines Arbeitsverhältnisses - mögen sie noch so kurz sein - durchaus echt und rechtswirksam sein können und auch die angegriffene Regelung selbst vor dem Hintergrund der Ruhensbestimmungen des §94 ASVG keinesfalls die Deutung erlaubt, daß in jeder nach dem Erwerb eines Anspruches auf Alterspension neu aufgenommenen Erwerbstätigkeit eine Umgehungsvereinbarung erblickt werden muß, und zwar auch dann nicht, wenn diese der vor dem Stichtag ausgeübten gleichartig wäre; dies wäre nämlich mit einem teilweisen Ruhen von Entgeltsansprüchen, wie es in solchen Fällen nach §94 ASVG vorgesehen war, nicht vereinbar.
Eine Regelung aber, mit der der Gesetzgeber sich begnügt, vom Versicherten die Aufgabe jeder versicherungspflichtigen Tätigkeit nur für einen einzigen (Stich-)Tag zu verlangen, ist sachlich nicht zu rechtfertigen, weil nach dem deklarierten Ziel der Regelung der Pensionsanspruchsberechtigte in den Ruhestand getreten sein muß. Es kann weder davon ausgegangen werden, daß eine gesetzliche Regelung, wonach Voraussetzung eines Anspruches auf Alterspension die Aufgabe der versicherungspflichtigen Tätigkeit ist, bewirken könnte, daß ein Versicherungsnehmer in den Ruhestand tritt, noch kann vertretbarerweise angenommen werden, daß der Arbeitsplatz des Pensionswerbers für einen jüngeren Dienstnehmer frei wird, wenn derselbe Gesetzgeber dem Pensionisten schon für den nächsten Tag die (Wieder-)Aufnahme einer gleichartigen Tätigkeit freistellt.
Aber auch, wenn die angegriffene Stichtagsregelung in Zusammenschau mit den Ruhensbestimmungen des §94 ASVG betrachtet wird, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil das Abstellen ihrer sachlichen Rechtfertigung auf Bestimmungen, die selbst verfassungswidrig sind, zu keiner Rechtfertigung der angegriffenen Wortfolge führen kann.
6.2.7. Der vom Obersten Gerichtshof erhobene Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit der angegriffenen Regelung trifft daher schon aus den genannten Gründen zu, sodaß es sich erübrigt, auf weiteres einzugehen.
Da §253 Abs1 ASVG mit Wirksamkeit vom 1. April 1991 durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1991, BGBl. 157/1991, eine neue Fassung erhalten hat, war jedoch nur auszusprechen, daß die angegriffene Wortfolge verfassungswidrig war (Art140 Abs4 B-VG).
Der Ausspruch über die Kundmachungsverpflichtung stützt sich auf Art140 Abs5 B-VG.
Schlagworte
Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Leistungsvoraussetzungen (Sozialversicherung), Stichtag (Sozialversicherung), RuhensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:G18.1990Dokumentnummer
JFT_10088998_90G00018_00