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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art144 Abs1 / InstanzenzugserschöpfungLeitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages auf Feststellung der fünfjährigen Dauer der praktischen Verwendungszeit eines Rechtsanwaltsanwärters mangels Erschöpfung des InstanzenzugesSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.
Ein Ersatz der Kosten des Verfahrens wird nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Bescheid des Ausschusses (Plenum) der Rechtsanwaltskammer Wien vom 3. April 1990, Z05/03/90/1435, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (er ist Doktor der Rechte nach der Rigorosenordnung vom 15. April 1872 und seit 1. Februar 1987 in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen) auf Feststellung, daß die von ihm zu absolvierende praktische Verwendung, die eine Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte darstellt, fünf Jahre (in eventu sechs Jahre) beträgt, abgewiesen.
1.2. Nach Darlegung der Gründe, die für die Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides sprechen, begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, daß für den Antragsteller die Übergangsbestimmung des ArtVI Abs3 des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes (RAPG), BGBl. Nr. 556/1985, nicht zum Tragen komme und er sohin als Doktor der Rechte gemäß §2 Abs2 der Rechtsanwaltsordnung (RAO) idF BGBl. Nr. 556/1985 eine siebenjährige praktische Verwendung zu absolvieren habe, um dem Erfordernis des §1 Abs2 litd RAO Genüge zu tun.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens, insbesondere hinsichtlich §2 Abs2 RAO (idF des ArtII Z2 RAPG, BGBl. Nr. 556/1985) angeregt und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.
2.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Eine Beschwerdeführung nach Art144 B-VG setzt die Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges voraus.
Gemäß §5 Abs1 RAO muß, wer die Rechtsanwaltschaft erlangen will, unter Nachweis aller gesetzlichen Erfordernisse (s. §1 Abs2 RAO) bei dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel er seinen Kanzleisitz nimmt, seine Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte erwirken. Wird die Eintragung vom Ausschuß verweigert, so steht gemäß §5a RAO dem Bewerber das Recht der Berufung an die OBDK zu.
Das gleiche Recht steht den Beteiligten gegen die Verweigerung der Bestätigung der Rechtsanwaltspraxis gemäß §30 Abs4 RAO zu.
Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die mit einer künftigen Eintragung des Beschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwälte im Zusammenhang stehende Frage der gesetzlichen Dauer der vom Beschwerdeführer nachzuweisenden praktischen Verwendung gemäß §1 Abs2 litd iVm §2 Abs2 RAO.
Entscheidend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtszuges gegen den ergangenen Bescheid ist, daß der Feststellungsbescheid über Fragen erkennt, die im Eintragungsverfahren nach §5a oder nach §30 Abs4 RAO im Instanzenzug von der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter zu entscheiden sind.
Auch in diesem Fall geht es nämlich, wie im Fall der Verweigerung der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, um Fragen der praktischen Verwendung, die als Eintragungserfordernis vom Eintragungswerber in der gesetzlichen Art und Dauer zu absolvieren und nachzuweisen ist (§1 Abs2 litd iVm §2 sowie §5 und §30 RAO; vgl. auch VfSlg. 11601/1988, VfGH vom 25.2.1991, B798/90, sowie VwGH vom 4.10.1989, Z89/01/0272 und die dort zitierte Vorjudikatur). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann es nun nicht darauf ankommen, ob über ein Eintragungsbegehren oder über ein auf Zulässigkeit der Eintragung gerichtetes Feststellungsbegehren zu entscheiden ist (soweit dem Erk. des VwGH vom 27.6.1990, Z 90/18/0035, implizit eine abweichende Ansicht zugrunde lag, vermag ihr der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen).
Gegen den angefochtenen Bescheid steht also die Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter offen.
4. Die Beschwerde war daher zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war abzuweisen, weil eine solche nur im Falle einer abweisenden oder ablehnenden Entscheidung in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Ein Kostenzuspruch kam schon deshalb nicht in Frage, weil die belangte Behörde anwaltlich nicht vertreten war, und im übrigen eine anwaltliche Vertretung für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich gewesen wäre (VfGH vom 25.2.1991, B798/90, vgl. auch VfSlg. 10016/1984).
Schlagworte
Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Berufung, InstanzenzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B680.1990Dokumentnummer
JFT_10088997_90B00680_00