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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Juni 1993, Zl. IV-636.548/FrB/91, betreffend Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 18. Juni 1993 wurde der dem Beschwerdeführer, einem jugoslawischen Staatsangehörigen, erteilte bis 10. Mai 1994 gültige Wiedereinreisesichtvermerk gemäß § 11 Abs. 1 FrG für ungültig erklärt.
Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer nach zwei erfolglosen Versuchen, eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, für die Erlangung einer solchen als Kraftfahrer S 20.000,-- an einen Mittelsmann bezahlt habe. Dieser Mittelsmann habe dem Beschwerdeführer die gewünschte Beschäftigungsbewilligung als Kraftfahrer auch besorgt. Der Beschwerdeführer habe die illegale, entgeltliche Beschaffung von Beschäftigungsbewilligungen in sechs Fällen vermittelt und dafür Geld bekommen. Im Sichtvermerksantrag vom 18. Dezember 1992 habe der Beschwerdeführer als Beruf Chauffeur angegeben. Dies offensichtlich deshalb, um die Diskrepanz zwischen seinem tatsächlichen Beruf - Maler und Anstreicher - und dem Beruf, für den er eine Beschäftigungsbewilligung - Kraftfahrer - erteilt erhalten habe, zu verschleiern. Durch die Berufsangabe im Sichtvermerksantrag habe er die Behörde über seine Person bzw. seine persönlichen Verhältnisse getäuscht, um sich die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Dieses Verhalten stelle eine derart grobe und gehäufte Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, daß trotz des Umstandes, daß die berufstätige Gattin und die beiden schulpflichtigen Kinder des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig seien, spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 FrG ist ein Sichtvermerk ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung des Sichtvermerkes (§ 10 Abs. 1 und 2) rechtfertigen.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Die Beschwerde läßt die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde unbestritten. Der aus diesen Annahmen von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG begegnet keinen Bedenken. Unter Zugrundlegung des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers ist die Annahme der belangten Behörde, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, näherhin das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährde, nicht rechtswidrig.
Der Beschwerdeführer bringt vor, aus der Textierung des § 11 Abs. 2 FrG und den diesbezüglichen Materialien gehe hervor, daß eine eigene bescheidmäßige Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes nur für den Fall in Frage komme, daß nicht aufgrund ein und desselben Tatbestandes bereits ein Aufenthaltsverbot erlassen sei bzw. werde, weil anders dem Fremden das "Privileg" des § 11 Abs. 2 leg. cit. genommen werde.
Dieser Auffassung ist nicht beizupflichten. Gemäß § 11 Abs. 2 FrG wird ein Sichtvermerk ex lege - also ohne daß es eines Verfahrens gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. bedürfte - ungültig, wenn gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar wird. Ein solcherart ungültig gewordener Sichtvermerk lebt von Gesetzes wegen wieder auf, sofern das Aufenthaltsverbot oder die Ausweisung innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer anders als gemäß § 26 aufgehoben wird. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Materialien (692 der Beilage zu den Stenographischen Protokollen des Nr. XVIII. GP, Seite 35) ergibt sich die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Materialien, wonach die Notwendigkeit bestehe, den Sichtvermerk innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer wiederaufleben zu lassen, wenn das Aufenthaltsverbot oder die Ausweisung (im Berufungswege) zeitgerecht aufgehoben werden, spricht nicht für seine Auffassung. Diese Notwendigkeit ergibt sich nach den Materialien lediglich daraus, daß die Ungültigkeit des Sichtvermerkes nicht mit der Rechtskraft eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, sondern mit der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Verfügung eintritt.
Die belangte Behörde hat ihren Ausspruch - zutreffend - auf § 11 Abs. 1 FrG gestützt. Diese Bestimmung sieht weder eine Subsidiarität gegenüber den Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung vor, noch räumt es der Behörde ein Ermessen ein.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993180344.X00Im RIS seit
20.11.2000