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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §16 Abs1 litg idF 1992/416;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 21. Jänner 1993, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Nachsicht vom Ruhen der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 2. Oktober 1992 gab das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsicht vom Ruhen der Notstandshilfe wegen Auslandsaufenthaltes in der Zeit vom 21. August
bis 11. September 1992 gemäß § 38 iVm § 16 Abs. 1 lit. g und Abs. 3 AlVG mit der Begründung keine Folge, daß der Vermittlungsausschuß des Arbeitsamtes die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Nachsichtsgründe nicht als triftig anerkannt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahin ab, daß das Ruhen des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 16 Abs. 3 AlVG für die Zeit vom 21. August bis 5. September 1992 nachgesehen werde. Für die Zeit vom 6. September bis 11. September 1992 ruhe jedoch sein Anspruch gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG. Begründend wurde ausgeführt, daß sich der Beschwerdeführer u.a. in den Zeiträumen vom 1. Juli bis 9. August 1992 sowie vom 21. August bis 11. September 1992 im Ausland (Deutschland) aufgehalten habe. Aus diesem Grund sei von der erstinstanzlichen Behörde (mit den Bescheiden vom 31. August 1992 und vom 2. Oktober 1992) für diese Zeiträume das Ruhen gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG ausgesprochen worden. Im Rahmen der jeweiligen Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer jedoch nachweisen können, daß er in den genannten Zeiträumen in Deutschland auf permanenter Arbeitssuche gewesen sei. Die belangte Behörde habe in den beiden Berufungsverfahren die Auffassung vertreten, daß dies einen berücksichtigungswürdigen Umstand iSd § 16 Abs. 3 AlVG darstelle, um für acht Wochen vom Ruhen abzusehen. Demgemäß sei mit dem Berufungsbescheid vom 27. Oktober 1992 das Ruhen für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 9. August 1992 (also für 40 Tage) nachgesehen worden. Die restlichen in § 16 Abs. 3 AlVG normierten Tage, die auf acht Wochen fehlten (das seien 16 Tage), sei nunmehr für die Zeit ab 1. August 1992 nachzusehen. Dies ergebe den Endzeitpunkt 5. September 1992. Ein Hinausgehen über diese Achtwochenfrist sei jedoch der belangten Behörde "in freier Beweiswürdigung" mangels "besonders zwingender Gründe" iSd § 16 Abs. 3 AlVG nicht möglich erschienen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde insoweit, als nicht auch für die Zeit vom
6. bis 11. September 1992 das Ruhen des Arbeitslosengeldes nachgesehen worden sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 416/1992 ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Aufenthaltes im Ausland, soweit nicht Abs. 3 oder Regelungen aufgrund internationaler Verträge anzuwenden sind.
Nach § 16 Abs. 3 AlVG ist auf Antrag des Arbeitslosen das Ruhen des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 lit. g bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände nach Anhörung des Vermittlungsausschusses des Arbeitsamtes bis zu acht Wochen während eines Leistungsanspruches (§ 18) nachzusehen. Berücksichtigungswürdige Umstände sind Umstände, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind, insbesondere wenn sich der Arbeitslose ins Ausland begibt, um nachweislich einen Arbeitsplatz zu suchen oder um sich nachweislich beim Arbeitgeber vorzustellen oder um sich einer Ausbildung zu unterziehen, oder Umstände, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen. In besonders gelagerten Fällen kann aus zwingenden Gründen auch über die acht Wochen hinausgegangen werden.
Gemäß § 38 AlVG sind, soweit in diesem Abschnitt (über die Notstandshilfe) nichts anderes bestimmt ist, auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 (über das Arbeitslosengeld) sinngemäß anzuwenden.
Inhaltlich rechtswidrig soll nach Auffassung des Beschwerdeführers der angefochtene Bescheid schon deshalb sein, weil in ihm lediglich für den Zeitraum vom 6. September bis 11. September 1992 das Ruhen der Notstandshilfe festgestellt, über den Antrag des Beschwerdeführers jedoch nicht bescheidmäßig (im Sinne einer Ab- oder Zurückweisung) entschieden worden sei.
Dem ist nicht beizupflichten. Denn dadurch, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem seinem Antrag auf Nachsicht vom Ruhen für die Zeit vom 21. August bis 11. September 1992 keine Folge gegeben wurde, teilweise Folge gab und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid in der Richtung abänderte, daß das Ruhen des Anspruches für die Zeit vom 21. August bis 5. September 1992 nachgesehen wurde, bestätigte sie im übrigen den erstinstanzlichen Bescheid, dessen Spruch dadurch insofern, als für die Zeit vom 6. September bis 11. September 1992 keine Nachsicht vom Ruhen erteilt wurde, zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides wurde. Dies hat die belangte Behörde im übrigen durch die Feststellung, daß der Anspruch des Beschwerdeführers für die Zeit vom 6. September bis 11. September 1992 gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG ruhe, noch verdeutlicht.
In der Sache selbst erblickt der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel darin, daß die belangte Behörde eine weitergehende Nachsicht für den strittigen Zeitraum nur mit einem Hinweis auf die freie Beweiswürdigung ohne jede Darlegung der behördlichen Überlegungen begründe. Dieser Verweis mache den angefochtenen Bescheid für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar und für den Verwaltungsgerichtshof nicht überprüfbar. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde aber bei sorgfältigerer Beweiswürdigung zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Der Beschwerdeführer habe nämlich schon im Verwaltungsverfahren das Schreiben eines deutschen Unternehmens vom 10. September 1992 vorgelegt, mit dem seine Einstellung aufgrund des Vorstellungsgespräches vom selben Tag erfolgt sei. Dies erweise, daß seine Bemühungen um einen Arbeitsplatz "justament" in dem Zeitraum von Erfolg gekrönt gewesen seien, in dem die belangte Behörde keine Nachsichtsgründe mehr für seinen Auslandsaufenthalt als gegeben erachtet habe.
Auch diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu. § 16 Abs. 3 AlVG wurde durch die AlVG-Novelle 1989, BGBl. Nr. 364, in zweifacher Hinsicht neu gefaßt: einerseits durch Verlängerung der bis dahin bestehenden Frist von vier Wochen auf acht Wochen und andererseits durch die Einfügung des letzten Satzes. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage, 986 BlgNR XVII. GP, 12, heißt es dazu:
"Auf Grund der längeren Bezugsdauer soll auch die Möglichkeit des Auslandsaufenthaltes aus berücksichtigungswürdigen Umständen verlängert werden. Der Auslandsaufenthalt soll nach Anhörung des Vermittlungsausschusses grundsätzlich für acht Wochen möglich sein, in besonderen Fällen aber auch länger, wie z.B. im Falle einer Ausbildungsmaßnahme im Ausland, die in Österreich nicht durchgeführt werden kann."
Die in diesen Erläuterungen zum Ausdruck kommende Absicht der Statuierung von (gegenüber einer Nachsicht bis zu acht Wochen) strengeren Voraussetzungen für eine Nachsicht über acht Wochen findet im Gesetzeswortlaut Deckung. Denn danach unterscheidet sich dieser Nachsichtstatbestand von jenem des ersten Satzes des § 16 Abs. 3 AlVG dadurch, daß den Arbeitsämtern für diese Entscheidung - anders als nach dem ersten Satz - Ermessen eingeräumt wird, dessen positive Ausübung das in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilende Vorliegen nicht nur "berücksichtigungswürdiger Umstände", sondern "zwingender Gründe" in "besonders gelagerten Fällen" voraussetzt. Deshalb genügt für die Annahme der zuletzt genannten Voraussetzung nicht der bloße Umstand, daß sich ein Arbeitsloser aus den im ersten Satz des § 16 Abs. 3 AlVG genannten demonstrativen Umständen in das Ausland begibt oder seinen Auslandsaufenthalt verlängert, auch wenn er hiebei einen Arbeitsplatz findet. Es ist daher im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren näher geschilderte Arbeitsplatzsuche in der Bundesrepublik Deutschland über den 5. September 1992 hinaus trotz des zunächst positiv erscheinenden (in der Folge aber doch wiederum negativen) Resultats nicht als "besonders zwingende Gründe" iSd § 16 Abs. 3 AlVG bewertete.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, begrenzt durch das Begehren der belangten Behörde.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993080099.X00Im RIS seit
18.10.2001