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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und Senatspräsident DDr. Hauer sowie Hofrat Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache des JK in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in O, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung einer Berufung in einer Bausache (beteiligte Parteien im Sinne des § 8 AVG: 1) K K und 2) E K in X, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in N), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Die Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1989 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Hochneukirchen den Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Baubewilligung zur Neuerrichtung der durch einen Brand vernichteten Stall- und Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. 48/1 KG Gschaidt. Die dagegen von Anrainern, u.a. dem Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wies der Gemeinderat der Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt mit Bescheid vom 19. April 1990 als unbegründet ab.
Der dagegen vom beschwerdeführenden Nachbarn erhobenen Vorstellung gab die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 21. März 1991 Folge, behob den Berufungsbescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß das Grundstück der Beteiligten nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde teilweise im Bauland-Agrargebiet, teilweise im Bauland-Wohngebiet zu liegen komme, wobei kein Zweifel daran bestehe, daß eine Tiermast- und -zuchtanlage in der vorliegenden Größe und Form im Bauland-Wohngebiet örtlich unzumutbare Belästigungen der Anrainer hervorrufen könne. Die eingeholten Gutachten seien aber von einer Situierung des Bauvorhabens im Bauland-Agrargebiet ausgegangen und hätten in gleicher Weise wie die Gemeindebehörden übersehen, daß das Bauvorhaben teilweise im Bauland-Wohngebiet zu liegen komme. Der Bescheid des Gemeinderates sei daher als rechtswidrig aufzuheben gewesen.
Gegen diesen Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung erhoben die Beteiligten Beschwerde nach Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Im Hinblick auf diese anhängige Beschwerde sowie die Absicht, einen geänderten Flächenwidmungsplan zu beschließen, entschied der Gemeinderat der Gemeinde Hochneukirchen-Gschaidt nicht neuerlich über die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung, setzte aber auch das Verfahren nach § 38 AVG nicht aus. Der Beschwerdeführer erhob daher nach Ablauf der Frist von sechs Monaten nach § 27 VwGG Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welche zur Zl. 91/05/0210 protokolliert wurde.
Mit Verfügung vom 13. November 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde die Beschwerde mit dem Auftrag zugestellt, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und dem Verwaltungsgerichtshof eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. In ihrer Stellungnahme vom 19. Februar 1992 wies die belangte Behörde u.a. auf das von den Beteiligten anhängig gemachte Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Insbesondere wurde ausgeführt, daß die Festlegungen im Flächenwidmungsplan im Zuge der erstmaligen Erstellung des örtlichen Raumordnungsprogrammes unbeabsichtigt und in Unkenntnis der weitreichenden Folgen für den bäuerlichen Betrieb der Beteiligten vorgenommen worden seien. Weder der seinerzeitige Planer noch die Aufsichtsbehörde hätten die Gemeinde auf die Bedeutung der exakten Festlegung der verschiedenen Nutzungsarten des Baulandes hingewiesen, was umso bedeutender sei, als auch rund 10 weitere landwirtschaftliche Betriebe im Bauland-Wohngebiet ausgewiesen worden seien. Diese Umstände hätten die Gemeinde bewogen, ein neuerliches örtliches Raumordnungsprogramm einschließlich Grundlagenforschung zu erstellen. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit die Lehren ziehend, erarbeite ein Ausschuß des Gemeinderates gemeinsam mit dem Raumplaner die Grundlagen und werde auch die Bevölkerung schon in der Phase des Vorentwurfes eingebunden und nicht erst während der gesetzlichen Auflagefrist. Auf Grund der agrarisch-dominierten Struktur der Ortschaft Gschaidt sei an eine großflächige Ausweisung von Bauland-Agrargebiet in diesem Ortsgebiet gedacht, in welchem auch der Betrieb der Beteiligten liege. Der Gemeinderat habe es deshalb als nicht zweckmäßig erachtet, solange einerseits nicht das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ergangen, und andererseits nicht das neue örtliche Raumordnungsprogramm in Kraft gesetzt sei, eine Entscheidung zu fällen. Im Hinblick auf das beim Verfassungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren setzte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Mai 1992 gemäß § 42 Abs. 4 VwGG und § 38 AVG das Berufungsverfahren bis zur Erledigung des beim Verfassungsgerichtshof zur Zl. B 505/91 anhängigen Beschwerdeverfahrens aus. Die Kostenentscheidung wurde der endgültigen Erledigung vorbehalten.
Mit Beschluß vom 25. Juni 1993, Zl. B 505/91-9, unterbrach der Verfassungsgerichtshof das Beschwerdeverfahren nach Art. 144 B-VG, um von Amts wegen gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des genannten örtlichen Raumordnungsprogrammes insoweit zu prüfen, als mit ihm für einen Teil des Grundstückes 48/1 KG Gschaidt die Widmung Bauland-Wohngebiet festgelegt worden ist. Mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1993, Zl. V 62/93, hob der Verfassungsgerichtshof den in Prüfung gezogenen Teil des örtlichen Raumordnungsprogrammes als gesetzwidrig auf. Mit Erkenntnis vom gleichen Tag zur Zl. B 505/91 behob der Verfassungsgerichtshof den in Beschwerde gezogenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. März 1991.
Das zuletzt genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat bewirkt, daß der Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 1990 wieder Rechtswirksamkeit erlangte und die NÖ. Landesregierung neuerlich über die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers zu entscheiden hat. Diese nunmehr gegebene Sach- und Rechtslage hat zur Folge, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Entscheidungspflicht der belangten Behörde seit der Aufhebung des Bescheides der NÖ. Landesregierung vom 21. März 1991 nicht mehr gegeben ist. Dies mußte zur Einstellung des Verfahrens über die Säumnisbeschwerde führen, zumal der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde zu Recht die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen konnte.
Dem Beschwerdeführer waren die geltend gemachten Kosten gemäß §§ 47 ff VwGG zuzusprechen, weil die belangte Behörde, wie schon in dem hg. Beschluß vom 26. Mai 1992 ausgeführt worden ist, tatsächlich säumig geworden war und auch berechtigt gewesen wäre, das damals anhängige Berufungsverfahren nach § 38 AVG auszusetzen.
Schlagworte
Säumnisbeschwerde Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §33 Abs1 Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und VorstellungsbehördenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991050210.X00Im RIS seit
20.11.2000