TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 93/15/0084

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. i.L., vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. März 1993, Zl. GA 7 -794/7/93, betreffend Aussetzung der Einhebung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 18. Jänner 1993 wurden Anträge der Beschwerdeführerin auf Aussetzung der Einhebung von Abgaben gemäß § 212a BAO abgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Feststellungen der Betriebsprüfung bisher durch nichts entkräftet worden seien, könne nicht angenommen werden, daß den Berufungen Erfolgsaussichten einzuräumen seien. Ebenso sei darauf hinzuweisen, daß im Verhalten der Beschwerdeführerin eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben erblickt werden könne. Es sei diesbezüglich, um Wiederholungen von aktenkundigen Sachverhalten zu vermeiden, auf die Begründungen des Vollstreckungsbescheides vom 28. September 1992, der Berufungsvorentscheidung vom 23. Oktober 1992 und der Berufungsentscheidung vom 28. Dezember 1992 hinzuweisen. Die Aussetzung der Einhebung sei somit gemäß § 212a Abs. 2 lit. a und c BAO unzulässig.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin unter anderem Verfahrens- und Begründungsmängel geltend; sie brachte vor, ein Sachverhalt, aus dem sich eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben durch ein Verhalten der Beschwerdeführerin ergäbe, sei ihr niemals zur Kenntnis gebracht worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie nach dem Zitat des § 212a BAO folgendes aus:

"Da bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf die Bescheide vom 28. September, 23. Oktober und 28. Dezember 1992 dargelegt wurde, daß im Verhalten der Berufungswerberin eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben erblickt werden kann, ohne daß die Berufungswerberin dem inhaltlich etwas entgegnet hätte, konnten diese Sachverhaltsfeststellungen der Entscheidung zugrunde gelegt werden."

Die im angefochtenen Bescheid erwähnten Bescheide enthalten

im vorliegenden Zusammenhang folgende Darlegungen:

Bescheid vom 28. September 1992:

"Die Einbringlichkeit der Abgabenschuld an ... erscheint

gefährdet, weil ... festgestellt wurde, daß Bestrebungen des

Geschäftsführers im Gange sind, Vollstreckungsmaßnahmen zu vereiteln bzw. zu verhindern".

Berufungsvorentscheidung vom 23. Oktober 1992:

"Daß Bestrebungen im Gange sind, Vollstreckungsmaßnahmen zu vereiteln bzw. zu verhindern, wurde durch die Tatsache bekannt, daß durch Dritte Ansprüche auf bereits gepfändete Gegenstände geltend gemacht worden sind und auf Grund von amtlichen Erhebungen festgestellt wurde, daß diese Ansprüche zu Unrecht erhoben wurden. Auch diese Tatsache ist vom Berufungswerber leicht überprüfbar und es ist anzunehmen, daß diese Tatsache dem Berufungswerber auch tatsächlich bekannt ist."

Berufungsentscheidung vom 28. Dezember 1992:

"Auf Grund der Aussage des Schätzungsmeisters des Dorotheums vom 3. September 1992, der Auskunft des Herrn G. vom 9. September 1992 und der vorgelegten Kopien der Originale der Ausgangsrechnungen wurde festgestellt, daß sämtliche Fahrnisse, hinsichtlich derer mit Antrag vom 10. August 1992 der Widerspruch Dritter geltend gemacht wurde, entgegen den vorgelegten Duplikaten der Ausgangsrechnungen im Eigentum der Berufungswerberin stehen.

In der Geltendmachung der Eigentumsrechte Dritter entgegen den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen und der Vorlage der auf den Dritten ausgestellten Duplikate der Ausgangsrechnungen, welche mit den seinerzeitigen Ersteigerungszetteln der Berufungswerberin erwirkt wurden, ist der Umstand des Einzelfalles zu erblicken, dessen Hervorkommen nach der Lage des Falles eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung befürchten läßt, zumal laut Schätzung der Betriebsprüfung, aber auch unter Zugrundelegung der Werte laut Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1989 bei Berücksichtigung der gegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten eine erhebliche Überschuldung der Berufungswerberin vorliegt."

Gegen den Bescheid vom 26. März 1993 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, a) insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolversprechend erscheint, oder b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht oder c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid ausschließlich auf die lit. c leg. cit. gegründet; es ist daher entbehrlich, auf das Vorbringen der Beschwerde über die Erfolgsaussichten der Berufung einzugehen.

Die Verweigerung der Aussetzung aus dem Grunde des § 212a Abs. 2 lit. c BAO setzt ein auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten des Abgabepflichtigen voraus; auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit an sich ist - anders als etwa nach § 212 Abs. 1 BAO und § 230 Abs. 7 BAO - nicht Bedacht zu nehmen.

Nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO hat der Bescheid einer Abgabenbehörde eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird. Im Beschwerdefall liegt der erste Tatbestand dieser Vorschrift vor. Die Begründung muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde und aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß dieser Sachverhalt vorliegt; in der Begründung muß weiters zum Ausdruck kommen, aus welchen Gründen die Subsumtion unter einem bestimmten Tatbestand erfolgte (vgl. Stoll, BAO-Hdb 222 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Die Rechtmäßigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides hätte somit insbesondere konkrete Tatsachenfeststellungen vorausgesetzt, aus denen sich ein der Beschwerdeführerin zuzurechnendes, auf die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtetes Verhalten hätte entnehmen lassen. Solche konkreten Tatsachenfeststellungen finden sich im angefochtenen Bescheid auch bei Bedachtnahme auf die Begründungen jener Bescheide, auf die im angefochtenen Bescheid verwiesen wird, nicht. Der angefochtene Bescheid verweist ohne Anführung konkreter Tatsachen lediglich unbestimmt darauf, daß "im Verhalten der Beschwerdeführerin eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben erblickt werden kann". Auch den Darlegungen des Bescheides vom 28. September 1992 sind konkrete Tatsachenfeststellungen über die behaupteten "Bestrebungen des Geschäftsführers, Vollstreckungsmaßnahmen zu vereiteln bzw. zu verhindern" nicht zu entnehmen. Dies gilt auch für die Ausführungen der Berufungsvorentscheidung vom 23. Oktober 1992, wonach Dritte Ansprüche auf bereits gepfändete Gegenstände geltend gemacht hätten und auf Grund von amtlichen Erhebungen feststellt worden sei, daß diese Ansprüche zu Unrecht erhoben worden seien. All diesen Darlegungen ist gemeinsam, daß ihnen kein konkreter Sachverhalt zu entnehmen ist, der ein auf die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtetes, der Beschwerdeführerin zuzurechnendes Verhalten zu entnehmen ist. Lediglich die Berufungsentscheidung vom 28. Dezember 1992 enthält in Gestalt der Feststellung, bei der Geltendmachung von Eigentumsansprüchen eines Dritten vorgelegte Duplikate von Ausgangsrechnungen seien mit "seinerzeitigen Ersteigerungszetteln der Beschwerdeführerin" erwirkt worden, einen - wenngleich ohne Kenntnis des sonstigen Akteninhaltes nicht verständlichen - Hinweis darauf, daß ein Zusammenhang zwischen der Geltendmachung von Eigentumsrechten Dritter und einem der Beschwerdeführer zuzurechnenden Verhalten bestehen könnte; die Qualität einer Sachverhaltsfeststellung, die den Anforderungen des § 93 Abs. 3 lit. a BAO entspricht, hat jedoch auch dieser Hinweis nicht. Insgesamt entspricht somit auch die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht den genannten Anforderungen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des Begründungsmangels zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Dem ist hinzuzufügen, daß es dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Überprüfungsbefugnis nicht zukommt, auf der Grundlage der in den Verwaltungsakten enthaltenen Hinweise selbst einen Sachverhalt festzustellen, der dem § 212a Abs. 2 lit. c BAO zu subsumieren wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993150084.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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