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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichterteilung einer Auskunft aus der Zulassungskartei der Bundespolizeidirektion Wien mangels Angabe des Kennzeichens; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §47 Abs2 KFG 1967 im Hinblick auf das Inkrafttreten des AuskunftspflichtgesetzesSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Absätze 1 und 2 des unter der Überschrift "Zulassungskartei" stehenden §47 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. 267, hatten in der Stammfassung dieses Gesetzes folgenden Wortlaut:
"(1) Die Behörde hat eine Kartei über die zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge und Anhänger, für die sie einen Zulassungsschein ausgestellt hat, und über die erteilten Bewilligungen zur Durchführung von Probe- oder von Überstellungsfahrten (§§45 und 46) zu führen.
(2) Die Behörde hat aus der im Abs1 angeführten Kartei auf Anfrage und Angabe des von einem Fahrzeug geführten Kennzeichens von Organen des Bundes, der Länder und der Gemeinden, den gesetzlichen Interessenvertretungen sowie Privatpersonen, sofern letztere ein rechtliches Interesse glaubhaft machen, den Namen und die Anschrift des Zulassungsbesitzers oder des Besitzers der Bewilligung zur Durchführung von Probe- oder von Überstellungsfahrten (§§45 und 46) und den Versicherer, bei dem für dieses Fahrzeug eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (§59 Abs1) besteht, bekanntzugeben."
2. Mit einer Eingabe an die Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Oktober 1987 beantragte der Beschwerdeführer, ihm Auskunft zu erteilen, "unter welchem Kennzeichen, auf welchen Namen und unter welcher Anschrift" ein bestimmter (mit Marke, Type, Fahrgestellnummer und Motornummer bezeichneter) Pkw zugelassen ist; er habe das Kraftfahrzeug an G B verkauft, der ihm die gestundete Hälfte des Kaufpreises schulde.
Die Bundespolizeidirektion wies den Beschwerdeführer sodann unter Bezugnahme auf §47 Abs2 KFG 1967 (hier und im folgenden ist stets die Stammfassung dieser - durch die 12. KFG-Novelle, BGBl. 375/1988 geänderten - Bestimmung gemeint) darauf hin, daß sie nur aufgrund eines angegebenen polizeilichen Kennzeichens Auskunft erteilen dürfe; es sei daher "das letzte polizeiliche Kennzeichen" mitzuteilen. Hierauf gab der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. November 1987 als "das letzte polizeiliche Kennzeichen des angefragten Pkw" jenes bekannt, das ihm als damaligem Zulassungsbesitzer zugewiesen worden war, und begehrte die Auskunft "unter welchem Kennzeichen, auf welchen Namen und unter welcher Anschrift jenes Kfz derzeit da zugelassen ist, insbesondere für wen es unmittelbar nach dem ... erliegenden Kaufvertrag zugelassen wurde". Nach einem weiteren Schriftwechsel zwischen dem (rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführer und der Bundespolizeidirektion Wien entschied diese über den Antrag mit Bescheid vom 12. Jänner 1988, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Ihr Antrag vom 28.10.1987 auf Erteilung einer Auskunft aus der Zulassungsdatei der Bundespolizeidirektion Wien bezüglich des Kennzeichens, das dem PKW Alfa Romeo 'Sprint Veloce' 1,5, Fahrgestellnummer 05078068, Motornummer 037745 derzeit zugewiesen ist (abgeändert durch Schriftsatz vom 9.11.1987 nunmehr dahingehend, welches Kennzeichen dem Fahrzeug, das früher das Kennzeichen W 250.868 führte, derzeit zugewiesen ist) wird von der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, gemäß §47 Abs2 KFG 1967 als unzulässig zurückgewiesen."
Zur Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß eine Auskunftserteilung zufolge §47 Abs2 KFG 1967 die Angabe des Kennzeichens erfordere; die Behörde sei nicht berechtigt, Auskünfte aufgrund anderer Anfragekriterien zu erteilen.
3. Der Beschwerdeführer ergriff gegen diesen Bescheid erfolglos Berufung an den Landeshauptmann von Wien; dieser bestätigte mit Bescheid vom 19. Feber 1988 den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien mit der Maßgabe "daß der Antrag des Berufungswerbers vom 28.10.1987 auf Erteilung einer Auskunft aus der Zulassungskartei der Bundespolizeidirektion Wien bezüglich des Kennzeichens, das dem Pkw (- es folgen Marke, Type, Fahrgestellnummer sowie Motornummer -) derzeit zugewiesen ist, gemäß §47 Abs2 KFG 1967 als unbegründet abgewiesen wird". Die Behörde erster Instanz habe zu Recht keine Auskunft gemäß §47 Abs2 KFG 1967 erteilen können, weil der Beschwerdeführer das derzeitige Kennzeichen des Fahrzeuges nicht angegeben habe.
4. Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung bestimmter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Bescheidaufhebung sowie - hilfsweise - die Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Der Beschwerdeführer brachte seinen Antrag auf Auskunftserteilung zu einem Zeitpunkt ein, zu dem dieses Verlangen in materiell-rechtlicher Hinsicht ausschließlich nach §47 Abs2 KFG 1967 (in der Stammfassung dieses Gesetzes) zu beurteilen war; das gleiche gilt für seine Eingabe vom 9. November 1987, mit welcher er das Auskunftsbegehren (nach Meinung der Behörde erster Instanz) änderte bzw. (seiner Ansicht nach) ergänzte. Die angerufene Bundespolizeidirektion (und in weiterer Folge die nunmehr belangte Behörde) entschied über den Antrag des Beschwerdeführers zu einem Zeitpunkt, in dem Art20 Abs4 B-VG idF der B-VG-Novelle BGBl. 285/1987 sowie das (Bundes-)Auskunftspflichtgesetz, BGBl. 287/1987, (- auf welche Gesetzesvorschrift sich der Beschwerdeführer erst in seiner Berufung bezog -) bereits (nämlich ab 1. Jänner 1988) in Kraft standen. Dem zweiten Satz im §5 Abs2 des AuskunftspflichtG zufolge gilt dieses Bundesgesetz zwar nicht für besondere Auskunftspflichten, die in anderen Bundesgesetzen angeordnet sind, doch wird in diesem Zusammenhang im rechtswissenschaftlichen Schrifttum (s. Wieser, Auskunftspflichtgesetze (1990), S. 36, Anm. 4 zu §5 AuskunftspflichtG) die - vom Verfassungsgerichtshof im grundsätzlichen geteilte - Meinung vertreten, daß das AuskunftspflichtG "im Umfang der Überschreitung auf jene Auskunftsbegehren anzuwenden (ist), die über die in anderen Bundesgesetzen angeordneten Auskunftspflichten hinausgehen".
Es kann nun auf sich beruhen, ob die im Instanzenzug eingeschrittenen Verwaltungsbehörden das Auskunftsverlangen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung ausschließlich als Begehren um Auskunft nach §47 Abs2 KFG 1967 (- welches die Angabe des Kennzeichens des Fahrzeuges erfordert -) zu erledigen hatten oder ob sie dieses Verlangen bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auch auf dem Boden des AuskunftspflichtG hätten beurteilen müssen. Selbst wenn man nämlich der letzteren Ansicht wäre, könnte der belangten Behörde keineswegs angelastet werden, daß sie willkürlich gehandelt, also einen besonders schwerwiegenden und darob in die Verfassungssphäre reichenden Fehler bei der Rechtsanwendung begangen hätte.
Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hat somit nicht stattgefunden, wobei hiezu - vorwegnehmend - noch angemerkt sei, daß der angefochtene Bescheid auch nicht auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, insbesondere nicht auf einer gleichheitswidrigen Gesetzesvorschrift beruht.
2. Eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, und zwar des aus Art10 MRK erfließenden Rechtes sowie des Gleichheitsrechtes, macht der Beschwerdeführer ausschließlich unter dem Aspekt geltend, daß §47 Abs2 KFG 1967 sowohl mit Art10 MRK (iVm Art20 Abs3 B-VG idF der B-VG-Novelle BGBl. 285/1987) als auch mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot nicht vereinbar sei.
Der Verfassungsgerichtshof findet jedoch keinen Anlaß, von Amts wegen in eine vom Beschwerdeführer diesbezüglich verlangte Gesetzesprüfung einzutreten, zumal seine Kritik an der Verfassungsmäßigkeit der bezogenen Gesetzesstelle vom Ansatz her verfehlt ist. Wenn der Beschwerdeführer im wesentlichen meint, daß die Auskunftspflicht der Behörde im §47 Abs2 leg.cit. in einer zu eingeschränkten Weise festgelegt sei, läßt er außer acht, daß die in dieser Gesetzesbestimmung getroffenen Anordnungen ab dem Inkrafttreten des AuskunftspflichtG nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Vorschriften des letztgenannten Gesetzes gewertet werden müssen. Hielte man es also - wie der Beschwerdeführer - für verfassungsrechtlich geboten, die Voraussetzungen der Auskunftspflicht weniger streng oder den Inhalt der von der Behörde zu erteilenden Auskunft in einem weiteren Umfang festzulegen, so wäre solchen Anforderungen durch das AuskunftspflichtG entsprochen, weil es seinem Wortlaut nach eine in beide Richtungen gehende verfassungskonforme Auslegung zuließe.
3. Im Beschwerdeverfahren kam auch nicht hervor, daß der Beschwerdeführer aus anderen als den erörterten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
III. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.
Schlagworte
Kraftfahrrecht, Zulassungskartei, AuskunftspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B902.1988Dokumentnummer
JFT_10088993_88B00902_00