TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0269

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §11;
AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §19 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1993, Zl. 4.343.601/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem im Instanzung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1983 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei der im vom Bundesasylamt zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters zugestellten Ladung für den 7. Juni 1993 ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen. Zwar habe sein rechtsfreundlicher Vertreter mit Schreiben vom 4. Juni 1993 dem Bundesasylamt mitgeteilt, daß es ihm nicht möglich sei, die Ladung an den Beschwerdeführer weiterzuleiten, da ihm dieser - in Ermangelung eines "ordentlichen Aufenthaltes" - noch keine Zustelladresse bekannt gegeben habe. Dies könne jedoch nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gelten, da dem Begriff der Entschuldigung "die jedenfalls behauptete Zurückführung von Fehlverhalten auf vom Betroffenen nicht schuldhaft zu verantwortende Umstände inhäriert". Aus der Mitteilung gehe aber in keiner Weise hervor, durch welche vom Beschwerdeführer nicht zu vertretende Umstände er an der Erfüllung seiner prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten, nämlich der Behörde zwecks Feststellung des endscheidungsrelevanten Sachverhaltes zur Verfügung zu stehen und daher mit seinem Zustellungsbevollmächtigten so weit in Kontakt zu bleiben, daß "eine Ladung seiner Person durchführbar" bleibe, gehindert worden wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem "Recht auf Asylgewährung gemäß § 2 Abs. 1 Asylgesetz" sowie im Recht auf Parteiengehör verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß er "trotz korrekter Ladung unentschuldigt zur Einvernahme nicht erschienen wäre". So dürfe zunächst die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz nicht dahingehend verstanden werden, daß eine Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten die Behörde "in jedem Fall" von ihrer Pflicht entbinde, "die Partei selbst zu verständigen". Vielmehr sei bei Anwendung dieser Bestimmung aufgrund des Inhaltes der zuzustellenden Schriftstücke "zu unterscheiden", ob eine Zustellung lediglich zu Handen des ausgewiesenen Vertreters ausreiche, oder ob nicht zusätzlich eine "unmittelbare Verständigung" der Partei selbst notwendig sei, um deren Rechtschutzbedürfnis Genüge zu tun. Gerade eine Ladung, die ausdrücklich auf das Erfordernis persönlichen Erscheinens hinweise, könne nur wirksam erfolgen, wenn der zu Ladende tatsächlich verständigt werde.

Die belangte Behörde lasse weiters die vom Vertreter des Beschwerdeführers an das Bundesasylamt gerichtete Mitteilung zu Unrecht nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gelten. Es sei dem Beschwerdeführer nämlich bislang nicht möglich gewesen, einen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz zu begründen, weshalb er auch für seinen Rechtsvertreter in der Zeit zwischen der Zustellung der Ladung und dem Ladungstermin nicht erreichbar gewesen sei. Die Erklärungen seines Rechtsvertreters über den weiteren Verfahrensablauf habe er mangels ausreichender Kenntnis der deutschen Sprache offenbar dahingehend falsch verstanden, daß er am weiteren Verfahren nicht mehr persönlich, sondern nur noch durch seinen Rechtsvertreter mitwirken müsse. Er habe daher im fraglichen Zeitraum seinen Rechtsvertreter auch aus eigenem nicht kontaktiert, was ihm allerdings nicht als mangelnde Mitwirkung am Verfahren angelastet werden könne. Die Behörde wäre vielmehr im Hinblick auf die Mitteilung seines Rechtsvertreters gehalten gewesen, eine neuerliche Ladung an den Beschwerdeführer zu richten und diese Ladung nicht nur zu Handen seines Vertreters, sondern auch dem Beschwerdeführer persönlich zuzustellen. Eine ordnungsgemäße Ladung und die darauf folgende Vernehmung des Beschwerdeführers wäre geeignet gewesen, eine andere Entscheidung der belangten Behörde herbeizuführen. Die Behörde habe daher auch das Parteiengehör verletzt. Der Beschwerdeführer habe überdies in seiner Berufung zum Beweis für sein "gesamtes Vorbringen" die Einvernahme eines Zeugen beantragt, die Berufungsbehörde sei darauf allerdings überhaupt nicht eingegangen und sei das Ermittlungsverfahren daher auch diesbezüglich mangelhaft geblieben.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ihr gegenüber eine im Inland wohnende Person zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen, soferne gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Mangels einer, diese Vorschrift ändernden oder - im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers - ergänzenden Bestimmung im Asylgesetz 1991 war die belangte Behörde daher verpflichtet, die Ladung ausschließlich an den (ihr namhaft gemachten) Zustellungsbevollmächtigten zuzustellen - was unbestrittenermaßen auch geschehen ist. Die Auffassung des Beschwerdeführers, eine ordnungsgemäße Ladung bedürfe, wenn sie das persönliche Erscheinen des Geladenen vor der Behörde verlange, zusätzlich einer "unmittelbaren Verständigung" des Geladenen, entbehrt freilich einer gesetzlichen Grundlage. Der Beschwerdeführer vermag daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen einen Zustellmangel nicht aufzuzeigen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die Mitteilung seines Vertreters an das Bundesasylamt zu Unrecht nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet, ist entgegenzuhalten, daß mit dieser Mitteilung zwar Schwierigkeiten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der Kontaktnahme mit diesem, nicht aber Umstände im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG dargetan werden, die den Beschwerdeführer abgehalten hätten, zum Termin der Amtshandlung persönlich zu erscheinen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/1319). Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Mitteilung des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, er könne die Ladung an den Beschwerdeführer nicht weiterleiten, weil ihm dessen Zustelladresse nicht bekannt sei, nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet.

Insoweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, sich aber darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden kann, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4 (1990) 339 refferiert hg Judikatur).

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die belangte Behörde die zum Beweis für das "gesamte Vorbringen" des Beschwerdeführers beantragte Zeugeneinvernahme unterlassen durfte. Denn auch bei Vermeidung eines diesbezüglich allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangel hätte die belangte Behörde zu keinem anderen Bescheid gelangen können.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190269.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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