TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0222

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §19 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/19/0227 94/19/0230 94/19/0237

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. des N,

2. des S, 3. des K und 4. des R, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 15. September 1993, Zl. 4.343.218/1-III/13/93, vom 22.9.1993, Zl. 4.343.213/1-III/13/93, vom 23.9.1993, Zl. 4.341.931/2-III/13/93, und vom 27.9.1993, Zl. 4.338.985/3-III/13/93, sämtliche betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 505.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, indische Staatsangehörige, die zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet eingereist sind, haben die Bescheide des Bundesasylamtes vom 9. August 1993 (Erstbeschwerdeführer), vom 9. August 1993 (Zweitbeschwerdeführer), vom 14. April 1993 (Drittbeschwerdeführer) und vom 22. Februar 1993 (Viertbeschwerdeführer), mit denen ihre Asylanträge abgewiesen und ihnen die Asylgewährung versagt worden war, mit Berufungen bekämpft. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden wies die belangte Behörde die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 19 Abs. 1 Z.1 Asylgesetz 1991 ab.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden, in denen sich die Beschwerdeführer im "Recht auf Asylgewährung gemäß § 2 Abs. 1 Asylgesetz" und im Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt erachten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide im wesentlichen gleichlautend dahingehend begründet, daß die Beschwerdeführer Ladungen des Bundesasylamtes für Einvernahmen bei dieser Behörde zu dort näher angeführten Terminen, die ihnen zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt worden seien, ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen seien. Zwar habe ihr rechtsfreundlicher Vertreter mit jeweils näher bezeichneten Eingaben dem Bundesasylamt mitgeteilt, daß es ihm nicht möglich sei, die Ladungen an die jeweiligen Beschwerdeführer weiterzuleiten, weil ihm der jeweilige Beschwerdeführer "noch keine "ladungsfähige" Adresse" bekanntgegeben habe und "offensichtlich auch über keinen gewöhnlichen Aufenthalt" verfüge. Dies könne jedoch nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gelten; aus der jeweiligen Mitteilung gehe in keiner Weise hervor, durch welche vom jeweiligen Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Umstände dieser jeweils an der Erfüllung seiner prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten, nämlich der Behörde zwecks Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes zur Verfügung zu stehen und daher jeweils mit seinem Zustellungsbevollmächtigten soweit in Kontakt zu bleiben, daß "eine Ladung seiner Person durchführbar" bleibe, gehindert worden wäre.

Die Beschwerdeführer machen übereinstimmend geltend, die belangte Behörde habe die jeweils von ihrem Vertreter an das Bundesasylamt gerichtete Mitteilung zu Unrecht nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gelten lassen. Keinem der Beschwerdeführer sei es bislang möglich gewesen, einen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz zu begründen, weshalb sie jeweils auch für ihren Rechtsvertreter "über geraume Zeit" nicht erreichbar gewesen seien. Dessen Erklärungen über den weiteren Verfahrensablauf hätten sie mangels ausreichender Kenntnis der deutschen Sprache offenbar jeweils dahingehend falsch verstanden, daß sie am weiteren Verfahren nicht mehr persönlich, sondern nur noch durch ihren Rechtsvertreter mitwirken müßten. Die Unterlassung einer Kontaktnahme mit diesem dürfe ihnen nicht als mangelnde Mitwirkung am Verfahren angelastet werden. Vielmehr wäre es, wenn die belangte Behörde die persönliche Befragung der Beschwerdeführer für notwendig erachtet habe, deren Aufgabe gewesen, neuerliche Ladungen an die Beschwerdeführer jeweils persönlich zu richten. Im übrigen hätten die Ladungen, die unter Verwendung des Formulares 4 zu § 19 AVG erfolgt seien, keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen ungerechtfertigten Ausbleibens enthalten. Es sei ihnen daher Bescheidcharakter nicht zugekommen, sodaß von ordnungsgemäßen Ladungen, welche die Rechtsfolgen des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nach sich gezogen hätten, nicht gesprochen werden könne. Ordnungsgemäße Ladungen und die darauffolgende jeweilige Vernehmung der Beschwerdeführer wären geeignet gewesen, andere Entscheidungen der belangten Behörde herbeizuführen.

Gemäß § 11 Asylgesetz 1991 findet auf das Verfahren nach diesem Bundesgesetz, soweit nicht anderes bestimmt wird, das AVG Anwendung. Es sind daher im Verfahren nach dem Asylgesetz 1991 die Bestimmungen des § 19 AVG anzuwenden, und es besteht somit für die vom Bundesasylamt entsprechend dieser Bestimmungen Geladenen gemäß § 19 Abs. 3 AVG die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, soferne sie nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten sind. Während jedoch nach § 19 Abs. 3 AVG bereits das Vorliegen eines triftigen Hinderungsgrundes von dieser Verpflichtung entbindet und es keiner vorhergehenden Entschuldigung bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1981, Zl. 17/0202/80), und die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, nur unter den dort genannten Voraussetzungen sanktioniert ist, bestimmt § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, daß Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen sind, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist. Im Verfahren über einen Asylantrag ist es daher Sache des Asylwerbers, das Vorliegen eines Umstandes, der gemäß § 19 Abs. 3 AVG das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigt, der Behörde vor dem Termin der Amtshandlung darzutun und es ist die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, unabhängig von der Form der Ladung sanktioniert. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer bedarf die Abweisung des Asylantrages nach § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auch nicht der vorherigen Androhung in der Ladung.

Ausgehend von dieser Rechtslage kann der Ansicht der belangten Behörde, die jeweilige Mitteilung des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer, er könne die Ladungen nicht an die jeweiligen Beschwerdeführer weiterleiten, weil ihm diese keine "ladungsfähigen Adressen" bekanntgegeben bzw. sich nicht mit ihm in Verbindung gesetzt hätten, stelle keine "vorhergehende Entschuldigung" im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 dar, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Denn es werden mit diesem Vorbringen zwar Schwierigkeiten des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer bei der Kontaktnahme mit ihnen, nicht aber Umstände im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG dargetan, die die Beschwerdeführer abgehalten hätten, zum Termin der jeweils vorgesehenen Amtshandlung bei der Behörde persönlich zu erscheinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/1319).

Soweit die Beschwerdeführer meinen, die auf ihre Unkenntnis der deutschen Sprache und auf ein daraus resultierendes mangelndes Verständnis der Rechtsbelehrungen ihres Vertreters zurückzuführende Unterlassung von Kontaktaufnahmen mit diesem dürfe ihnen als rechtsunkundigen Parteien, denen die Bedeutung dieser "rechtlich relevanten Tatsachen" erst im Zuge des Verfahrens durch ihren Rechtsbeistand dargestellt worden sei, nicht nachteilig ausgelegt werden, ist ihnen entgegenzuhalten, daß für die Erlassung der angefochtenen Bescheide nicht die Kenntnis der Beschwerdeführer betreffend die Bedeutung von "rechtlich relevanten Tatsachen", sondern die Frage des Vorliegens eines gesetzlich bestimmten Erfordernisses - nämlich des Vorliegens einer Entschuldigung für das Nichtbefolgen der Ladung - ausschlaggebend war. Da (taugliche) Entschuldigungen - wie dargelegt - nicht beigebracht worden waren, kann der belangten Behörde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgehend die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 abgewiesen hat.

Die Beschwerdeführer haben auch eine Verletzung des Parteiengehörs gerügt, sich aber dabei darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen. Gemäß der ständigen hg. Judikatur kann jedoch eine Aufhebung eines angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschriften des § 45 Abs. 3 AVG dann nicht herbeigeführt werden, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne zugleich die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Eisenstadt 1990, 339 zitierte Judikatur).

Da sich die Beschwerden sohin als nicht berechtigt erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190222.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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