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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1968 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Juni 1993, Zl. 4.326.107/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 16. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. November 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 9. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 25. Oktober 1991 angegeben, er habe in seinem Heimatland keiner politischen Partei oder Organisation angehört und sei auch nicht verfolgt worden. Zwar habe er seine (christliche) Religion frei ausüben können, doch sei er von den in seinem Heimatland lebenden Moslems verfolgt worden. Diese hätten den Vater des Beschwerdeführers, der "Gruppenführer der Christen in der Kirche von Benin City" gewesen sei, immer wieder zwingen wollen, dem islamischen Glauben beizutreten. Am 22. Februar 1991 sei sein Vater bei einer Auseinandersetzung mit Moslems in seiner Wohnung von diesen durch einen Messerstich in den Bauch getötet worden; der Beschwerdeführer selbst habe hiebei eine schwere Rückenverletzung erlitten und sei nur durch das Einschreiten der Polizei am Leben geblieben. Nach einem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt des Beschwerdeführers in Benin City habe die christliche Gemeinde, die ihn aufgenommen habe, seine Flucht arrangiert, weil er in seinem Heimatland nicht mehr sicher gewesen sei. Im Fall seiner Rückkehr würden ihn die Moslems töten.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen bekräftigt, hiebei aber angegeben, daß er, als die Moslems begonnen hätten, seinem Vater mit Messern den Hals abzuschneiden, darum gefleht habe, ihn nicht zu töten, worauf auch er attakiert und am Rücken und am rechten Auge verletzt worden sei; die Narben seien noch sichtbar. Er sei dann im Krankenhaus von Obanda drei Wochen lang behandelt worden.
Die belangte Behörde - die im Beschwerdefall das Asylgesetz 1991 anzuwenden hatte, weil das Verfahren bei ihr am 1. Juni 1992 bereits anhängig war (§ 25 Abs. 2 leg. cit.) - hat der Berufung des Beschwerdeführers deshalb keine Folge gegeben, weil aus dem von ihm dargestellten Vorgehen von Anhängern der moslemischen Glaubensgemeinschaft gegen den Beschwerdeführer gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende oder von diesen geduldete Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen nicht abgeleitet werden könne. Auch habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, daß er nur dank des Einschreitens der Polizei am Leben geblieben sei, woraus sich ergebe, daß der Staat seiner Schutzfunktion nachgekommen sei. Dieser Argumentation der belangten Behörde ist unter Zugrundelegung des vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Sachverhaltes beizupflichten, weil sich aus diesem nicht ergibt, daß seine Verletzung bzw. die Tötung seines Vaters auf staatliches Vorgehen zurückzuführen sei.
Die belangte Behörde hat auch die Auffassung vertreten, die im Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers im Vergleich zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen enthaltenen Widersprüchlichkeiten (Tötung seines Vaters durch Bauchstich bzw. durch Halsabschneiden, Krankenhausaufenthalt des Beschwerdeführers in Benin City bzw. in Obanda) ließen "an der Richtigkeit seiner Angaben Zweifel aufkommen". Dieser Argumentation der belangten Behörde steht § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991, gemäß dem sie ihrer Entscheidung grundsätzlich das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz zugrunde zu legen hat, entgegen, sodaß sie nicht befugt war, auf das Berufungsvorbringen einzugehen, und insbesondere auch nicht berechtigt war, dieses zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bzw. seiner Angaben heranzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zlen. 93/01/0234, 0499). Diese insoweit durch das Gesetz nicht gedeckte Vorgangsweise der belangten Behörde verletzt den Beschwerdeführer aber deshalb nicht in seinen Rechten, weil sein Vorbringen vor der Behörde erster Instanz - wie aufgezeigt - nicht geeignet ist, seine Flüchtlingseigenschaft darzutun.
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die staatlichen Stellen seines Heimatlandes wären nicht in der Lage gewesen, ihm ausreichenden Schutz zu gewähren, ist ihm entgegenzuhalten, daß er nach der unwidersprochen gebliebenen Wiedergabe seines Vorbringens vor der Behörde erster Instanz selbst angegeben hat, nur durch das Einschreiten der Polizei noch am Leben zu sein. Daraus hat die belangte Behörde zu Recht den Schluß gezogen, daß die staatlichen Organe ihre Schutzfunktion wahrgenommen haben. Die Wahrnehmung solcher Funktionen kann aber nicht so weit gehen, daß - wie es dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebt - jegliches gesetzwidrige Handeln bestimmter Personengruppen von vornherein unmöglich gemacht wird. Auch der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf eines Verfahrensmangels, der in der Unterlassung von Ermittlungen über die Zurechenbarkeit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten gegen ihn gerichteten Handlungen an staatliche Stellen gelegen sei, erweist sich daher als unberechtigt.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190544.X00Im RIS seit
20.11.2000