TE Vfgh Beschluss 1991/10/7 B391/89

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Veröffentlicht am 07.10.1991
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §86
VfGG §88

Leitsatz

Einstellung des Beschwerdeverfahrens gegen die amtswegige Beigabe eines Strafverteidigers als gegenstandslos; keine Rechtsverletzungsmöglichkeit infolge Aufhebung des landesgerichtlichen Urteils durch den Obersten Gerichtshof und Verweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht; kein Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Verfahrenskosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Gegen den Beschwerdeführer war beim Landesgericht Linz ein Strafverfahren wegen des Verbrechens der Untreue nach §153 Abs1 und 2, zweiter Fall, StGB anhängig. In dieser Strafsache ordnete der Vorsitzende des Schöffengerichtes nach Beginn der Hauptverhandlung am 14. November 1988 (im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer das Vollmachtsverhältnis zu seinem Wahlverteidiger gelöst hatte) gemäß §41 Abs3 StPO an, daß dem Beschwerdeführer von Amts wegen ein Verteidiger beigegeben wird. Nachdem sich der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich außerstande sah, sogleich einen Rechtsanwalt zum Verteidiger zu bestellen, bestellte der Präsident des Landesgerichtes Linz mit dem (als Beschluß bezeichneten) Bescheid vom 14. November 1988 gemäß §42 Abs2 StPO den Richter des Landesgerichtes Linz Dr. J K mit dessen Zustimmung zum Verteidiger des Beschwerdeführers. In der Hauptverhandlung gegen den Beschwerdeführer schritt dieser Richter der in den Verwaltungsakten erliegenden Kopie des Hauptverhandlungsprotokolls vom 14. November 1988 zufolge an diesem Tag, nach dem Beschwerdevorbringen überdies am 16. November 1988 als Verteidiger des Beschwerdeführers ein.

2. Nachdem der Beschwerdeführer dem Landesgericht Linz am 18. November 1988 die Bevollmächtigung eines Wahlverteidigers angezeigt hatte, enthob der Präsident des Landesgerichtes mit Bescheid vom selben Tag den Richter des Landesgerichtes Dr. K als Verteidiger des Beschwerdeführers.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz über die Verteidigerbestellung Berufung an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz, welcher das Rechtsmittel jedoch mit Bescheid vom 9. Dezember 1988 abwies. Auch die sodann gegen diesen Berufungsbescheid an den Bundesminister für Justiz ergriffene Berufung blieb erfolglos. Gegen den abweisenden Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. Jänner 1989 richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde mit dem Begehren, diese Rechtsmittelentscheidung aufzuheben. Zu dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, der Sache nach aber auch zur Beschwerdeberechtigung bringt der Beschwerdeführer vor, daß er gegen das in der Strafsache gefällte Urteil des Landesgerichtes Linz vom 10. März 1989 (mit dem er des Verbrechens der Untreue schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war) ua. Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet habe; in deren Rahmen sei die Frage von Belang, ob das Einschreiten des zum Verteidiger bestellten Richters Dr. K in der Hauptverhandlung als Anwesenheit eines Verteidigers im Sinne des §281 Abs1 Z1a StPO zu beurteilen ist.

II. Mit dem (nach Erhebung der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde gefällten) Urteil vom 25. Juni 1990 gab der Oberste Gerichtshof der Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 10. März 1989 Folge, hob dieses Urteil auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Frage auf sich beruhen lassen, ob die eingeschrittenen administrativen Rechtsmittelinstanzen zu Recht ein von ihnen

wahrzunehmendes Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers als gegeben annahmen, über die Gesetzmäßigkeit der Verteidigerbestellung zu entscheiden, obwohl der bestellte Verteidiger mit dem schon erwähnten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 18. November 1988 bereits enthoben worden war. Denn selbst dann, wenn man von einem derartigen Rechtsschutzinteresse ausgeht und diese Annahme sinngemäß als prozessuale Voraussetzung für die Kontrolle des angefochtenen Ministerialbescheides im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren auf dieses überträgt, kann jedenfalls ab der Aufhebung des vom Landesgericht Linz gefällten Urteiles durch das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 25. Juni 1990 von einer Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gesprochen werden. Der einzige in diesem Zusammenhang allenfalls relevante Umstand, nämlich die vom Beschwerdeführer nach dem Beschwerdevorbringen in Erwägung gezogene Geltendmachung fehlender Verteidigung in dem in seiner Strafsache gegebenen Fall notwendiger Verteidigung scheidet aus, weil der Oberste Gerichtshof in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer (anläßlich der Aufhebung des Urteiles des Landesgerichtes Linz) bereits eine neue Hauptverhandlung anordnete; daß hiedurch Fragen, welche die Verteidigung des Beschwerdeführers in der früheren Hauptverhandlung betreffen, jegliche Bedeutung verloren haben, bedarf keiner weiteren Erörterung.

2. Das Beschwerdeverfahren war sohin in sinngemäßer Anwendung des §86 VerfGG einzustellen.

3. Verfahrenskosten waren nicht zuzusprechen, weil kein Fall der Klaglosstellung im Sinne des §86 VerfGG vorliegt (vgl. dazu VfGH 12.10.1990 B540/90).

IV. Diese Entscheidung wurde in sinngemäßer Handhabung des §19 Abs3 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen.

Schlagworte

VfGH / Klaglosstellung, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Kosten, Strafrecht, Strafprozeßrecht, Verteidigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B391.1989

Dokumentnummer

JFT_10088993_89B00391_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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