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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der R in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom 30. Juni 1992, Zl. 6/4-4094/90-03, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer sowie Gewerbesteuermeßbeträge für die Jahre 1982 bis 1986 und Vermögensteuer zum 1. Jänner 1984 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin unterhielt in den Streitjahren als Einzelunternehmerin einen in der Form einer "Lohnschneiderei" ausgeübten Textilwarenerzeugungs- und -handelsbetrieb. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin war in ihrem Unternehmen in den Streitjahren als leitender Angestellter tätig.
Anläßlich einer die Streitjahre betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung bei der Beschwerdeführerin stellte der Prüfer unter Verwertung der nach Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten und nach Aufhebung des Bankgeheimnisses eingesehenen Bankunterlagen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Personenkraftwagens durch den Ehegatten der Beschwerdeführerin im Jahre 1986 ungeklärte, teilweise zur Finanzierung des Fahrzeuges verwendete Einlagen auf einem Inhabersparbuch und auf dem Gehaltskonto des Ehegatten der Beschwerdeführerin in beträchtlicher Höhe fest. Da die ungeklärten Bankeinlagen nicht aus dem dafür nicht ausreichenden Arbeitseinkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin, sondern mangels einer anderen den Abgabenbehörden von den Ehegatten einbekannten Einkunftsquelle nur aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin stammen könnten, beurteilte der Prüfer diese Bankeinlagen als Rohgewinne aus der gewerblichen Tätigkeit der letzteren und gelangte unter Anwendung eines durchschnittlichen Rohaufschlages von 37 % im Schätzungsweg zu Umsatzzurechnungen in den Streitjahren von insgesamt S 7.753.742,51 sowie zu Erfolgserhöhungen unter Berücksichtigung von angepaßten Betriebsausgaben von insgesamt S 2.693.268,60. Weiters ermittelte der Prüfer auch "fiktive Sparbuchzinsen" und ordnete sie den Einkünften aus Kapitalvermögen der Beschwerdeführerin zu.
Das Finanzamt erließ daraufhin in wiederaufgenommenen Verfahren die diesen Prüfungsfeststellungen entsprechenden Bescheide für die Streitjahre.
Der gegen diese Bescheide von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, dem auch Berechnungsblätter als integrierender Bestandteil angehören, teilweise statt (vergleichsweise betragen die mit ungeklärten Bankeinlagen im Zusammenhang stehenden Umsatzerhöhungen in den Streitjahren insgesamt S 1.909.859,-- und die Erfolgserhöhungen im gleichen Zeitraum insgesamt S 2.272.000,--, jeweils verglichen mit dem Stand vor der abgabenbehördlichen Prüfung). In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und des Verfahrensganges im wesentlichen folgendes aus:
Für die Zurechnung des Sparbuches an die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten sprächen folgende Umstände:
1. Das Sparbuch weise am 24. März 1986 eine Barbehebung von
S 300.000,-- aus. Die Buchung des Institutsschecks von
S 300.000,--, mit dem die eingangs erwähnte Anschaffung eines Personenkraftwagens zum Großteil finanziert worden sei, und die eben erwähnte Barbehebung seien auf der Tagesstrazza der Bank "hintereinander Zug um Zug" vorgenommen worden.
2. Das Losungswort des Sparbuches sei mit den Vornamen des Sohnes des Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten identisch.
3. Zwischen dem Girokonto des Ehegatten der Beschwerdeführerin und dem Sparbuch bestünden des näheren angeführte Zusammenhänge.
Daraus folge, daß nur die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte oder beide gemeinsam Inhaber des Sparbuches sein könnten. Da der Ehegatte der Beschwerdeführerin auf Grund seiner im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Einkommensverhältnisse nicht in der Lage gewesen sein könne, in den Streitjahren Spareinlagen in der Höhe von insgesamt S 2.242.000,-- und eine unaufgeklärte Einlage auf sein Gehaltskonto von S 30.000,-- zu leisten, kämen als Quelle hiefür nur nichterklärte Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin in Betracht. Die belangte Behörde gelangte bei ihrer globalen Schätzung zu Umsatz- und Erfolgserhöhungen im schon genannten Ausmaß, wobei sie im Gegensatz zum Prüfer und zum Finanzamt Rohaufschlagssätze nicht in Ansatz brachte. Ferner rechnete sie das Sparbuch je zur Hälfte der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten zu, nahm aber im Gegensatz zum Prüfer und zum Finanzamt an, der Hälfteanteil der Beschwerdeführerin an der Sparbucheinlage gehöre nicht zu ihrem Betriebs-, sondern zu ihrem Privatvermögen. Infolgedessen rechnete sie auch die auf dem Sparbuch angefallenen Zinsen der Beschwerdeführerin anteilig als Einkünfte aus Kapitalvermögen (unter Berücksichtigung der Zinsertragsteuer und des Freibetrages) zu. Die belangte Behörde sah auch von einer Versteuerung "fiktiver Zinsen" ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid nur insoweit für rechtswidrig, "als damit überhaupt eine Zuordnung des strittigen Inhabersparbuches zu ihrem Vermögen erfolgte und ihr daraus steuerliche Nachteile erwachsen".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin greift die Beweiswürdigung der belangten Behörde an. Sie meint, die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde entbehrten einer glaubwürdigen und überzeugenden Begründung, seien doch bei der Prüfung ihrer Buchhaltung keinerlei Wareneinsatz- oder Erlösverkürzungen festgestellt worden. Auch ließen die Merkmale ihres Betriebes (Personalstand, Arbeitskapazität, maschinelle Ausstattung und Absatzmöglichkeiten) die festgestellten Umsatzerhöhungen als "völlig unrealistisch" erscheinen. Auch wenn sie diesbezüglich keinen konkreten Vorwurf erhebe, müsse sie doch auf die theoretische, ihr lebensnaher erscheinende Möglichkeit hinweisen, daß ihr Ehegatte über ihr nicht bekanntes Vermögen verfügt habe (beispielsweise aus Erbschaften, Schenkungen von dritten Personen, Kasinogewinnen oder nebenberuflicher "Pfuschertätigkeit").
Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof nur insoweit überprüfbar, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen ensprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend zu machen, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß im Sinne des § 119 Abs. 1 BAO offenzulegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 92/15/0159, mwN).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde aus den schon eingangs näher wiedergegebenen Umständen ohne Verletzung gegen Denkgesetze oder gegen menschliches Erfahrungsgut, sohin also schlüssig, dargelegt, weswegen sie im vorliegenden Fall zur Feststellung gelangt ist, daß unaufgeklärte Zugänge auf dem erwähnten Sparbuch nur aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin stammen konnten (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1991, Zl. 86/13/0120, in dem die Beweiswürdigung bei vergleichbarem Sachverhalt als schlüssig angesehen wurde).
Die von der Beschwerde aufgezeigte bloß theoretische Möglichkeit des Mittelerwerbes durch den Ehegatten der Beschwerdeführerin vermag die Beweiswürdigung der belangten Behörde solange nicht zu erschüttern, als - wie im Beschwerdefall - nicht der geringste konkrete Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß ein solcher möglicher Erwerb auch tatsächlich erfolgt ist. Die Beschwerde zeigt auch nicht konkret auf, weswegen das Schätzungsergebnis der belangten Behörde mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen kann.
Da sich der angefochtene Bescheid somit als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992150160.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
09.09.2009