TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/10 94/19/0915

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Veröffentlicht am 10.03.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §21 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Jänner 1994, Zl. 4.343.702/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Jänner 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines armenischen Staatsangehörigen, der am 1. November 1993 in das Bundesgebiet eingereist war, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Dezember 1993, womit der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat hiezu erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung primär auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, weil der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland - hier (unter anderem) der tschechischen Republik - keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden.

Der Beschwerdeführer rügt nun in diesem Zusammenhang zunächst, es sei unzureichend, wenn die Behörde nur generalisierend auf die Frage des Drittlandes sowie der Verfolgungssicherheit bzw. des Schutzes vor Abschiebung eingehe. Auch sollten die Vorstellungen des Asylsuchenden hinsichtlich des Landes, in welchem er um Asyl ansucht, berücksichtigt werden; in diesem Zusammenhang sei auch auf die Empfehlung Nr. 15 des UNHCR, welcher auch Österreich zugestimmt hat, hinzuweisen, wonach Asyl nicht einfach aus dem Grunde verweigert werden sollte, daß in einem anderen Staate darum angesucht werden hätte können. Es sei daher entgegen der Behördenpraxis sehr wohl wesentlich, wie lange sich der Asylwerber im Transitland aufgehalten und welche Absicht er bei dem Aufenthalt gehabt habe. Zu prüfen wäre auch, ob die Behörden der Transitländer überhaupt Kenntnis von der Durchreise des Asylwerbers gehabt hätten. Es wäre eine konkrete Überprüfung der tatsächlichen politischen Verhältnisse im Drittstaat angebracht. Dies gälte insbesondere für Staaten, die sich - wie die tschechische Republik - nicht auf eine langjährige demokratische Tradition stützen könnten.

Der Beschwerdeführer geht somit auch in seinem Vorbringen vor dem Gerichtshof selbst davon aus, daß er sich (unter anderem) in der tschechischen Republik aufgehalten habe. Er bringt in diesem Zusammenhang weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht etwas vor, das darauf hinweisen könnte, daß er nicht vor seiner Einreise nach Österreich bereits dort vor Verfolgung sicher gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1083 sowie vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/01/0058) ist Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 anzunehmen, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, wobei es nicht darauf ankommt, wie lange sich der Beschwerdeführer in dem Drittstaat aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den dortigen Behörden bekannt und von diesen geduldet war.

Da nach den Kundmachungen des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den Geltungsbereich des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 806 und 807/1993 die tschechische Republik mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1993 erklärt hat, sich auch weiterhin an die genannten Übereinkommen gebunden zu erachten und die bis 31. Dezember 1992 als einheitliches Staatsgebiet bestehende Tschechoslowakei am 26. November 1991 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention ohne Einschränkung hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992), kann es nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 angenommen hat. Daß sich der Beschwerdeführer hiebei nur auf der Durchreise nach Österreich befunden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, kam es doch nicht auf die Dauer und das Motiv seines (nur vorübergehenden) Aufenthaltes in der tschechischen Republik an. Vielmehr war für den Beschwerdeführer Verfolgungssicherheit zumindest bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er dieses fremde Staatsgebiet betreten hat, wobei er keine relevanten Gründe genannt hat, die ihn gehindert hätten, dort länger zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen.

Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf den Beschluß Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1979, wonach die Vorstellungen des Asylsuchenden hinsichtlich des Landes, in welchem er um Asyl nachsuchen möchte, soweit wie möglich berücksichtigt werden sollten (Punkt h iii), ist zu entgegnen, daß dieser Beschluß (mangels gesetzlicher Verwirklichung) nur empfehlenden Charakter besitzt. Es kommt daher nicht auf den Ort der "Fluchtbeendigung" im Sinne der Vorstellungen des Asylwerbers (hier Österreich oder Deutschland) sondern darauf an, ob der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das (auf die Vermeidung weiterer Verfolgung ausgerichtete) Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1994, Zlen. 93/01/0021, 0022).

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs. 1 VwGG).

Aus diesem Grund erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190915.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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