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L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Juni 1992, Zl. II/3-53236/19-92, betreffend Untersagung von Veranstaltungen nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Untersagung von Flohmärkten betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen, soweit sich die Beschwerde gegen die Abhaltung von Theaterveranstaltungen richtet, wird diese zurückgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Februar 1991 untersagte die Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) gemäß § 7 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-3 (in der Folge: NÖNSchG), die Veranstaltung von Flohmärkten und Theateraufführungen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers, Parz. Nr. 548/2. Nach der Begründung würden auf dem gegenständlichen Grundstück wöchentlich Flohmärkte und in regelmäßigen Abständen auch Theateraufführungen veranstaltet. Das Grundstück sei nur durch einen 3 m breiten Güterweg vom Naturschutzgebiet "X-Teich" getrennt, grenze somit faktisch unmittelbar an das Naturschutzgebiet an. Die Behörde habe zur Frage, ob durch die genannten Veranstaltungen das gegenständliche Naturschutzgebiet eine Beeinträchtigung erfahre, Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. Danach würden bei dem auf dem Grundstück errichteten Gasthaus P im Sommer - also zur Hauptbrutzeit der Vögel - Flohmärkte und Theaterveranstaltungen im Freien abgehalten. Zur Durchführung dieser "Attraktionen" seien verschiedene Baulichkeiten errichtet worden, aus denen geschlossen werden könne, daß beabsichtigt sei, solche Veranstaltungen regelmäßig und alljährlich abzuhalten. Als einziger größerer Teich der Südhälfte Niederösterreichs sei der X-Teich mit seinen beiden kleinen Nebenteichen von erheblicher naturkundlicher Bedeutung. Es handle sich dabei nicht nur um einen der landschaftlich schönsten Teiche Niederösterreichs, sondern auch um einen der artenreichsten Wasservogelbrutplätze des Landes; es brüteten dort eine Reihe von (im einzelnen näher aufgezählten) Vogelarten. Der Anlage komme ferner Bedeutung als Raststation für ziehende Sumpf- und Wasservögel zu. Es sei deshalb eine der wesentlichsten Aufgaben, den Teich in seiner heutigen Form und zwar insbesondere während der Sommermonate (Brutperiode) zu erhalten, um den Lebensraum für die hier vorhandenen seltenen Arten zu sichern. Wie man aus Erfahrung und ähnlich gelagerten Fällen wisse, seien gerade diese Wasservogelpopulationen äußerst lärmempfindlich, weshalb eine Dauerlärmbelästigung schon in den Randzonen des Schutzgebietes zu einer Abwanderung führen könne. Der Gaststättenbetrieb mit seinen Nebenveranstaltungen bringe nicht nur eine erhebliche Lärmbelästigung des Naturschutzgebietes "X-Teich" mit sich, sondern es könne angenommen werden, daß darüber hinaus auch durch die Ansammlung von Menschenmassen das Naturschutzgebiet in erhöhtem Maße betreten und damit beunruhigt würde. An diesem Umstand könnten auch eine Kastanienallee, die entlang des Naturschutzgebietes zwischen Uferzone und dem bestehenden Güterweg, der die Grenze bilde, liege sowie eine dazwischenliegende dichte Strauchhecke nichts ändern. Diese Elemente könnten zwar im geringen Maß als Lärmschutz fungieren, im übrigen schützten sie aber das Naturschutzgebiet nicht vor unkontrolliertem Betreten durch lärmende Personen. Außerdem würde durch diese Veranstaltungen eine erhöhte Verkehrsfrequenz hervorgerufen, die ebenfalls durch ihre Emissionen negative Auswirkungen auf das Schutzgebiet habe. Die Tatsache, daß hier zusätzlich lärmende und beunruhigende Veranstaltungen abgeführt würden, müsse als äußerst negativ für das Naturschutzgebiet bewertet werden. Die Auswirkungen dieser Veranstaltungen könnten auch durch Vorschreibungen nicht gemindert werden. Die einzige Möglichkeit sei daher, das Abhalten der Veranstaltungen zu untersagen. Da der Betrieb der Gaststätte allein nicht eine so große Menschenmenge anziehe, sei der Störeffekt wesentlich geringer.
In der weiteren Folge ihrer Begründung verwies die BH auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Sachverständigengutachten, wonach lediglich ein ganz kleiner Flohmarkt bestehe, bei dem weder musiziert, gesungen oder sonstwie gelärmt werde. Die vom Gutachter beanstandeten lärmenden Menschenmassen seien nicht vorhanden. Die Lärmbelästigungen der Natur gegenüber seien deshalb nicht so störend, wie dies im Sachverständigengutachten geschildert werde. Ferner sei die extreme Lärmbelästigung auf der Bundesstraße 17 sowie der starke Durchzugsverkehr auf den zwischen dem betroffenen Grundstück und dem Naturschutzgebiet liegenden Güterweg zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer habe in der Folge auch ein Gutachten eines Labors für Umwelttechnik vorgelegt, worin die ornithologische Bedeutung des Naturschutzgebietes "X-Teich" nicht bestritten worden sei. Im Gutachten sei jedoch die Auffassung vertreten worden, daß die befürchtete Lärmbelästigung nicht über die eines normalen Gastbetriebes hinausgehen werde. Ferner sei auf die erhebliche Lärmentwicklung durch den auf der B 17 vorbeiführenden Durchzugsverkehr Rücksicht zu nehmen. Außerdem sei eine lärmtechnische Messung durchzuführen.
Nach Wiedergabe des § 7 Abs. 2 NÖNSchG vertrat die BH im wesentlichen die Auffassung, daß unter "Eingriff" jedes durch Menschen verursachte (anthropogene) Ereignis zu verstehen sei, das auf das Pflanzenkleid oder Tierleben eines Naturschutzgebietes einwirke. Für die Frage des Eingriffes sei daher nicht der Ausgangspunkt des Ereignisses, sondern der Ort seiner Wirkung entscheidend. Ob dieser Ort außerhalb oder innerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Naturschutzgebietes liege, sei ohne Bedeutung. Wesentlich sei lediglich, daß die Einwirkungen auf das Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten könnten. Dies sei vom naturschutzbehördlichen Amtssachverständigen in schlüssiger und für die Behörde in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Weise festgestellt worden. Dem Gutachten des Amtssachverständigen komme dabei gegenüber dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten eine größere Schlüssigkeit sowie eine intensivere und fundiertere Aufarbeitung des gegenständlichen Problems zu. Den Aussagen des Amtssachverständigen, daß der Gaststättenbetrieb mit seinen Nebenveranstaltungen nicht nur eine erhebliche Lärmbelästigung des Naturschutzgebietes mit sich bringe, sondern auch angenommen werden könne, daß darüber hinaus das Naturschutzgebiet in erhöhtem Maße begangen und beunruhigt werde, könne nicht entgegengetreten werden. Ebenfalls könne der Aussage nicht widersprochen werden, daß durch die geplanten Veranstaltungen eine erhöhte Verkehrsfrequenz mit ebenfalls negativen Auswirkungen auf das Schutzgebiet zu erwarten sei. Überhaupt könne nach der Lebenserfahrung gefolgert werden, daß jede zu der bereits jetzt ohne Zweifel vorhandenen Belastung des Naturschutzgebietes durch Autoverkehr oder durch das genehmigte Gasthaus hinausgehende zusätzlich Belästigung bzw. Belastung nachteilige Auswirkungen auf eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Niederösterreichs bewirke. Dabei sei insbesondere der Verweis des Amtssachverständigen auf die Lärmempfindlichkeit der Wasservogelpopulationen zu beachten. Die Dauerbelastung durch den Straßenverkehr auf der B 17 sei eine wesentlich andere als die, die durch wöchentliche Flohmärkte und Theateraufführungen entstehe, weil der Straßenverkehr wegen seiner Kontinuität einem Gewöhnungseffekt der Vögel unterliege.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf verwies, daß die Theateraufführungen bereits eingestellt worden seien. Der Flohmarkt, der sich auf seinem Grundstück befinde, werde jedoch niemals stark frequentiert; soweit erinnerlich, seien nie mehr als zwanzig bis dreißig Personen gekommen. Die Fahrzeuge der Besucher würden ordnungsgemäß auf dem zum Gastbetrieb gehörenden Parkplatz abgestellt. Hinsichtlich der behaupteten Lärmbelästigung werde um die Durchführung einer Schallpegelwertmessung ersucht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt. Nach der Begründung sei unbestritten, daß das Grundstück des Beschwerdeführers unmittelbar - nur durch einen etwa 3 m breiten Güterweg getrennt - an das Naturschutzgebiet "X-Teich" angrenze. § 7 Abs. 2 NÖNSchG verbiete jeden, nicht nur den störenden oder beeinträchtigenden Eingriff in das Pflanzenkleid und das Tierleben eines Naturschutzgebietes. Schallpegelmessungen seien daher nicht erforderlich. Entscheidungsrelevant sei vielmehr, ob ein Eingriff in das Pflanzenkleid oder das Tierleben eines Naturschutzgebietes vorliege, d.h. Einwirkungen in das Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten könnten. Ausgehend von diesen Erwägungen habe die belangte Behörde ein weiteres Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. Danach bringe der Gaststättenbetrieb des Beschwerdeführers mit seinen Nebenveranstaltungen nicht nur eine erhebliche Lärmbelästigung des Naturschutzgebietes mit sich, sondern es könne auch angenommen werden, daß darüber hinaus auch durch die Ansammlung von Menschenmassen das Naturschutzgebiet im erhöhten Maße betreten und damit beunruhigt würde. Außerdem werde durch diese Veranstaltungen eine erhöhte Verkehrsfrequenz hervorgerufen, die ebenfalls durch ihre Emissionen negative Auswirkungen auf das Schutzgebiet hätte. Aufgrund der Tatsache, daß hier zusätzlich zur P Flohmärkte und Freilichtveranstaltungen, also lärmende und beunruhigende Veranstaltungen mit einem größeren Personenkreis abgeführt werden sollten, müsse unbedingt mit einer weitgehenden Beeinträchtigung der geschützten Tier- und Pflanzenwelt im Teich- und Uferbereich des Naturschutzgebietes gerechnet werden. Die hier vorkommenden Tierarten seien nämlich gegen regelmäßig wiederkehrende Belästigungen durch Lärm äußerst empfindlich; es könne mit Sicherheit mit einem Abwandern eines großen Teiles, vor allem der seltenen Arten, gerechnet werden. Ein weiterer Umstand sei die Tatsache, daß erfahrungsgemäß am Rande solcher Veranstaltungen ein Ausschwärmen der Teilnehmer in die Umgebung stattfinde, wobei natürlich die praktisch angrenzende Uferregion besonders in Mitleidenschaft gezogen werde. Dadurch werde auch der Pflanzenbestand in diesem Bereich maßgeblich in Mitleidenschaft gezogen. Ein weiterer negativer Faktor sei die Bildung von Trampelwegen in Richtung Teichufer. Alle diese Störeffekte könnten einzig und allein durch ein Verbot der Veranstaltungen verhindert werden. Der Amtssachverständige habe daher in seinem schlüssigen Gutachten in zweifelsfreier Weise dargelegt, daß durch die Veranstaltungen des Beschwerdeführers der Bestand des im Naturschutzgebiet geschützten Tier- und Pflanzenvorkommens und dessen natürliche Lebensräume maßgeblich beeinträchtigt werde.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, B 1119/92-6, die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 NÖNSchG können Gebiete von weitgehender Ursprünglichkeit (insbesonder Urwald, Ödland, Steppenreste und Moore) oder sonstiger naturwissenschaftlicher Bedeutung (insbesondere Standorte seltener Pflanzen- oder Tierarten und gehäuftes Vorkommen erdgeschichtlich interessanter Erscheinungen) im Grünland durch Verordnung der Landesregierung zu Naturschutzgebieten erklärt werden.
Nach § 7 Abs. 2 leg. cit. ist in Naturschutzgebieten jeder Eingriff in das Pflanzenkleid und Tierleben sowie jede Änderung bestehender Boden- und Felsbildungen untersagt.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid der BH lediglich die Untersagung der Veranstaltung von Flohmärkten bekämpft hat. Die Untersagung der Veranstaltung von Theateraufführungen ist damit in Rechtskraft erwachsen und der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen. Durch die bloße Bestätigung des Ausspruches der BH kann der Beschwerdeführer allderdings in keinem Recht verletzt sein.
Der Beschwerdeführer betont zunächst, daß das ihm gehörende Grundstück nicht im Naturschutzgebiet "X-Teich" liege. Aus § 7 Abs. 2 NÖNSchG ergebe sich seiner Ansicht nach, daß der Eingriff in das Pflanzenkleid und Tierleben IM Naturschutzgebiet erfolgen müsse. Die belangte Behörde interpretiere die genannte Bestimmung - rechtsirrig - so, daß auch außerhalb des Naturschutzgebietes liegende Grundstücke vom Regelungsumfang erfaßt sein sollten.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Bei einem "Eingriff" im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖNSchG handelt es sich um jedes durch Menschen verursachte Ereignis, das auf das Pflanzenkleid oder Tierleben eines Naturschutzgebietes einwirkt. Für die Frage des Eingriffes ist daher nicht der Ausgangspunkt des Ereignisses, sondern der Ort seiner Wirkung entscheidend. Ob dieser inner- oder außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Naturschutzgesetzes liegt, ist ohne Bedeutung. Wesentlich ist lediglich, ob die Wirkungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können (vgl. Liehr-Stöberl, Kommtentar zum NÖ Naturschutzgesetz, Anmerkung 2 zu § 7; ferner das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1983, Zl. 83/10/0092).
Die Verursachung von Lärm außerhalb eines Naturschutzgebietes kann demnach einen "Eingriff" im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖNSchG darstellen, wenn dadurch Beeinträchtigungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können.
Zur Beurteilung dieser Frage hat die belangte Behörde - ebenso wie die BH - das Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe unsachliche Wertungen des Sachverständigen übernommen. Der Sachverständige sei nicht vom tatsächlichen Ausmaß einer allfälligen Lärmentwicklung ausgegangen, da auf dem Grundstück des Beschwerdeführers keine "Menschenmassen" vorhanden seien. Ferner habe die Behörde die vom Beschwerdeführer beantragte Lärmpegelmessung nicht vorgenommen.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. In einem Sachverständigengutachten sind alle jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung zu nennen, die für das sich auf den Befund stützende Urteil des Sachverständigen erforderlich sind (vgl. das Erkenntnis vom 18. Juni 1985, Zlen. 84/04/0069, 0111). Die Behörde ist auch verpflichtet, sich mit den Einwendungen, mit denen ein Gutachten eines behördlichen Sachverständigen sowohl im Bezug auf seine Grundlagen als auch hinsichtlich der Schlüssigkeit bekämpft wird, auch dann auseinanderzusetzen, wenn diese Einwendungen nicht sachverständig untermauert sind (vgl. das Erkenntnis vom 2. Februar 1988, Zl. 87/07/0088).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat die belangte Behörde - wie bereits oben erwähnt - übersehen, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid der BH nur die Untersagung der Abhaltung von Flohmärkten bekämpft hat. Es war daher lediglich zu klären, ob durch die Ansammlung von Menschen und die damit verbundene Lärmentwicklung Wirkungen am Pflanzenkleid oder Tierleben des Naturschutzgebietes eintreten können. Aufgabe des Amtssachverständigen für Naturschutz wäre es daher gewesen, die Anzahl der den Flohmarkt besuchenden Menschen zu erheben und in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, ob dadurch Wirkungen der beschriebenen Art eintreten können. Die bloße "Annahme", durch lärmende und beunruhigende Veranstaltungen könne es zu einer "Ansammlung von Menschenmassen" kommen, entspricht diesen Voraussetzungen nicht. Dies gilt auch für die Aussage, daß mit einer "weitgehenden Beeinträchtigung" der geschützten Tier- und Pflanzenwelt "gerechnet werden" müsse, weshalb auch "mit Sicherheit" mit einem Abwandern eines großen Teiles der Tiere gerechnet werden müsse. Von einem "Eingriff" wird im gegebenen Zusammenhang nur gesprochen werden können, wenn unter Berücksichtigung von Dauer und Intensität der Lärmeinwirkung im Naturschutzgebiet eine dauerhafte Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter zu befürchten ist. Es kann nicht schon als der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend angesehen werden, daß jede etwaige von Zeit zu Zeit auftretende zusätzliche Lärmquelle (im Beschwerdefall ist davon die Rede, daß die Flohmärkte einmal pro Woche abgehalten werden) außerhalb eines Naturschutzgebietes, das an einer stark frequentierten Bundesstraße liegt, zu einem Abwandern von Vogelarten führt. Um diesen Schluß zu rechtfertigen, hätte es vielmehr entsprechend fachkundiger Äußerungen bedurft. Dabei wäre ferner zu prüfen gewesen, ob eine Untersagung der Veranstaltung von Flohmärkten für die Dauer der Brutperiode als ausreichend erachtet werden könnte.
Eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen beschafft wurden, erkennen läßt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrundelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht gerecht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1970, VwSlg. 7714/A).
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid, soweit er die Untersagung der Veranstaltung von Flohmärkten betrifft, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden muß, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen (soweit sich die den gesamten Bescheid bekämpfende Beschwerde - allerdings ohne jede Begründung - auch gegen die in Rechtskraft erwachsene Untersagung von Theateraufführung richtet) war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 50) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Gutachten Beweiswürdigung der BehördeBeweismittel SachverständigenbeweisAnforderung an ein GutachtenBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelBeweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärterGutachten Parteiengehör ParteieneinwendungenBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der Wertung einzelner BeweismittelGutachten rechtliche BeurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993100012.X00Im RIS seit
25.10.2001Zuletzt aktualisiert am
27.09.2012