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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ArbIG 1974 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der O in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. Oktober 1993, Zl. 5-212 Lo 27/14-93, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Verhängung von Verwaltungsstrafen und der Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0022, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der an die Beschwerdeführerin ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 1992, mit dem die Beschwerdeführerin insgesamt neun Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen für schuldig erkannt wurde, in Ansehung der Strafaussprüche einschließlich der Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen betreffend sechs dieser Übertretungen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid wurden die Geldstrafen neuerlich in Übereinstimmung mit dem Vorbescheid vom 6. April 1992 mit je S 1.000,-- (je ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Gegenstand dieses Erkenntnisses ist lediglich die Strafbemessung hinsichtlich der drei Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz. Hinsichtlich der übrigen Übertretungen ergeht die Entscheidung über die Beschwerde durch einen anderen - auf Grund der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes hiefür zuständigen - Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit gesonderter Entscheidung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die teilweise Aufhebung des Vorbescheides vom 6. April 1992 hinsichtlich der in Rede stehenden Aussprüche war, daß die belangte Behörde auf den Milderungsgrund der Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin nicht Bedacht genommen habe und daß ein Erschwerungsgrund der mangelnden Schuldeinsicht den für die Strafbemessung maßgebenden Vorschriften (§ 19 VStG in Verbindung mit §§ 32 und 33 StGB) fremd sei.
Die belangte Behörde ging im fortgesetzten Verwaltungsstrafverfahren davon aus, daß die Beschwerdeführerin mit Schreiben des zuständigen Arbeitsinspektorates vom 27. November 1989 zur unverzüglichen Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung habe sie zur Tatzeit (dem 7. Juni 1990) noch nicht entsprochen gehabt, was ihr als erschwerend anzurechnen sei. Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin gewertet. Auf Grund des angenommenen Erschwerungsgrundes wurde die Strafe in gleicher Höhe wie im Vorbescheid vom 6. April 1992 bemessen.
Bei der Bemessung der Strafen für die drei Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes ist zunächst davon auszugehen, daß diese Strafen gleich hoch sind wie die Strafen, die wegen der Übertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz verhängt worden sind. Die Strafrahmen nach diesen Gesetzen unterscheiden sich insofern erheblich, als Strafen nach dem Arbeitszeitgesetz zwischen S 300,-- und S 6.000,--, nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz bis S 50.000,-- betragen können. Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt aber jegliche Ausführung dazu vermissen, wieso bei derart unterschiedlichen Höchststrafen gleich hohe Strafen, m.a.W. einerseits ein Fünfzigstel und andererseits ein Sechstel der Höchststrafe verhängt wurden. Dies hätte einer besonderen Begründung bedurft.
Weiters ist zu berücksichtigen, daß bei der Strafbemessung im Vorbescheid ein Erschwerungsgrund und kein Milderungsgrund zur Strafbemessung herangezogen wurde. Im angefochtenen Bescheid wurde ein (anderer) Erschwerungsgrund - aber auch ein Milderungsgrund - verwertet. Trotzdem kam die belangte Behörde zur Bemessung einer gleich hohen Strafe wie im Vorbescheid. Dies hätte ebenfalls besonders begründet werden müssen.
Aus den genannten Gründen leidet der Bescheid an wesentlichen Begründungsmängeln.
Schließlich ist die Aufforderung des Arbeitsinspektorates vom 27. November 1989, deren Nichtbeachtung der Beschwerdeführerin als erschwerend angerechnet wird, nach dem in der Gegenschrift wiedergegebenen Wortlaut - aus der Begründung des angefochtenen Bescheides und aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ergibt sich kein Anhaltspunkt für den Inhalt dieser Aufforderung - zu entnehmen, daß sich diese Aufforderung nur auf nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz und dem KJBG zu beachtende Umstände bezieht. Eine Heranziehung dieser Aufforderung für die Strafbemessung bei Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz scheidet aus diesem Grunde schon von vornherein aus.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem den Gegenstand dieses Erkenntnisses bildenden Umfang aufzuheben. Die Aufhebung hat aus dem zuletzt genannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu erfolgen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Verfahrensrecht AVG VStG VVG VwGG Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110254.X00Im RIS seit
01.06.2001