Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §76 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Dezember 1993, Zl. VwSen-420047/8/Schi/Ka, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch vorläufige Abnahme eines Führerscheines, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer lenkte am 9. Juni 1993 um 4.08 Uhr an einer näher bezeichneten - ca. 200 m von seinem Wohnhaus entfernten - Straßenstelle in Linz ein Kraftfahrzeug. Auf der Fahrt dorthin war er der Besatzung eines Einsatzfahrzeuges der Bundespolizeidirektion Linz wegen "Fahrens in Schlangenlinien" aufgefallen. An der in Rede stehenden Straßenstelle wurde er angehalten und in der Folge - da die Beamten Alkoholgeruch aus dem Mund des Beschwerdeführers wahrnahmen - in ein Wachzimmer zur Durchführung einer Messung des Alkoholgehaltes seiner Atemluft gebracht. Die Messung erbrachte kein verwertbares Ergebnis, da vier Versuche ungültig verliefen und die beiden erzielten Meßergebnisse (0,53 und 0,62 mg/l) zu stark voneinander abwichen. Der Beschwerdeführer verweigerte die Vornahme weiterer Versuche mit dem Hinweis auf die Uhrzeit und den Umstand, daß er am Morgen arbeiten gehen müsse. Dem Beschwerdeführer wurde vor Verlassen des Wachzimmers um 5.00 Uhr der Führerschein, den er über Aufforderung dem Polizeiorgan zur Feststellung seiner Personalien ausgehändigt hatte, nicht ausgefolgt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, daß die vorläufige Führerscheinabnahme vom 9. Juni 1993, 5.00 Uhr, nicht rechtswidrig war.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 76 Abs. 1 KFG 1967 haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Kraftfahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.
1. Der Beschwerdeführer betont, daß sein Verhalten vor der angefochtenen Maßnahme von den einschreitenden Sicherheitswachebeamten als beherrscht, sein Gang als sicher und seine Sprache als deutlich wahrnehmbar geschildert worden seien; lediglich der Geruch von Alkohol in seiner Atemluft und eine "Rötung der Bindehaut" sei von den Sicherheitswachebeamten wahrgenommen worden. Die Ergebnisse der Messungen mit dem Alkomatgerät seien nicht verwertbar gewesen. Die Annahme einer Alkoholisierung als Voraussetzung für eine Führerscheinabnahme sei daher nicht zulässig gewesen.
Der Beschwerdeführer ist damit nicht im Recht. Er hat den Genuß von Alkohol vor der in Rede stehenden Fahrt, der sich jedenfalls in dem von den Sicherheitswachebeamten wahrgenommenen Geruch seiner Atemluft niedergeschlagen hat, den Beamten gegenüber zugegeben. Die Menge des genossenen Alkoholes und der genaue Zeitpunkt des Alkoholgenusses sind im gegebenen Zusammenhang unerheblich. Die Beamten haben ferner vorher eine auffällige Fahrweise ("Schlangenlinien") des Beschwerdeführers wahrgenommen, welche ja auch der Grund für ihr Einschreiten gewesen ist. Die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 KFG 1967, daß aus dem Verhalten des Betreffenden deutlich hervorgehe, daß er nicht imstande sei, ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu lenken, und daß dies auf vorangegangenen Alkoholgenuß zurückzuführen sei, liegen daher vor.
2. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch zur Feststellung veranlaßt, daß der Umstand, daß das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses abgestellt gewesen war, sodaß nicht zu befürchten war, er werde das Fahrzeug nach Verlassen des Wachzimmers vor Erreichen seiner Wohnung in Betrieb nehmen, nicht zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Führerscheinabnahme zu führen hatte. Die belangte Behörde weist - vom Beschwerdeführer nicht bestritten - darauf hin, daß der Beschwerdeführer den Sicherheitswachebeamten gegenüber geäußert habe, keine Zeit für weitere Blasversuche zu haben, da er am Morgen "zur Arbeit müsse". Damit lag für die Beamten die Annahme nahe, daß die Gefahr bestand, der Beschwerdeführer werde zwar nicht gleich, aber doch innerhalb eines derart kurzen Zeitraumes ein Kraftfahrzeug in Betrieb nehmen, in dem sich die bei ihm auf Grund seiner Verhaltensweise beim Lenken und seiner übrigen Alkoholisierungssymptome zu vermutende Alkoholbeeinträchtigung durch Abbau des Blutalkoholgehaltes noch nicht in relevantem Ausmaß verringert haben werde. In diesem Zusammenhang ist es nicht verfehlt, auf die Ergebnisse der beiden Messungen mit dem Alkomatgerät hinzuweisen, die einen ziffernmäßigen Niederschlag gefunden haben, wenn diese Ergebnisse auch nicht dazu dienen können, eine relevante Alkoholbeeinträchtigung in einem Verwaltungs(straf)verfahren als erwiesen anzunehmen. Vom Standpunkt der Sicherheitswachebeamten vor der Setzung der angefochtenen Maßnahme waren sie geeignet, einen Anhaltspunkt dafür zu geben, daß der Beschwerdeführer nicht nur ganz geringfügig alkoholisiert sein könnte und daß eine relevante Alkoholbeeinträchtigung bis zu einer vom Beschwerdeführer zeitlich nicht näher konkretisierten Fahrt zum Arbeitsplatz (etwa eine bis drei Stunden nach der Führerscheinabnahme) noch gegeben sein werde.
3. Die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die zunächst freiwillige Aushändigung des Führerscheines an die Sicherheitswachebeamten im Rahmen der Ausweisleistung und die sodann gegen seinen Willen erfolgte Zurückbehaltung sowie die Ausführungen betreffend die dabei gemachten Äußerungen von seiten der Sicherheitswachebeamten gehen ins Leere, da die belangte Behörde das in Rede stehende Geschehen ohnehin als bei ihr anfechtbare Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet hat, die gegen den Willen des Beschwerdeführers erfolgt ist und demnach geeignet war, Rechte des Beschwerdeführers zu verletzen.
Dasselbe gilt für die Beschwerdeausführungen, die die Beweiswürdigung der belangten Behörde betreffen. Auf dem Boden des vom Beschwerdeführer selbst dargestellten bzw. nicht bestrittenen Sachverhaltes ist die angefochtene Feststellung, die vorläufige Führerscheinabnahme sei nicht rechtswidrig erfolgt, rechtlich unbedenklich.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und - entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994110048.X00Im RIS seit
19.03.2001