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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AZG §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. September 1993, Zl. 16/104-5/1993, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Arbeitszeitgesetz (mitbeteiligte Partei: M in M, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 18. März 1993 wurde die Mitbeteiligte schuldig erkannt, es als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche gemäß § 9 VStG eines der Firma nach bezeichneten Transportunternehmens zu verantworten zu haben, daß ein namentlich genannter Arbeitnehmer dieses Unternehmens als Lenker eines Lkws am 6. August 1992 um 12.00 Uhr an einem näher bezeichneten Ort das persönliche Fahrtenbuch nicht vorweisen konnte. Dadurch habe die Beschwerdeführerin eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) begangen. Über sie wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen dieses Straferkenntnis Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der beschwerdeführende Bundesminister Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen Aufhebung.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die Aufhebung des Straferkenntnisses vom 18. März 1993 und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war, daß nach Auffassung der belangten Behörde das Nichtmitsichführen des Fahrtenbuches durch den Arbeitnehmer (den Lenker) vom Arbeitgeber nicht verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten sei. Die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Pflichten des Arbeitgebers seien im § 17 Abs. 2 AZG abschließend geregelt.
Diese - vom beschwerdeführenden Bundesminister bekämpfte - Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/11/0201, verworfen. Er hat in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargetan, daß es sehr wohl zu den Pflichten des Arbeitgebers zählt, seine Arbeitnehmer zur Einhaltung der Bestimmungen des AZG zu verhalten, und daß er hiefür verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verwaltungsstrafverfahren zu klären haben, in welcher Eigenschaft die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Zusammenhang zur Verantwortung gezogen werden kann. Im angefochtenen Bescheid ist in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis von ihr als "Verantwortlicher gemäß § 9 VStG" die Rede. Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Verwaltungsstrafakt ergibt sich, welche Rechtsnatur das in Rede stehende Unternehmen hat und welche Rechtsbeziehung der Beschwerdeführerin zu diesem Unternehmen besteht.
Einer Klärung bedarf auch die Frage, ob der Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstbehörde vom 26. August 1992 der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist. Er ist auf Firmenpapier der Firma "F.K. Internationale Transporte" in der "Wir-Form" abgefaßt und mit "C Reisen F.K." von einer Person namens A.K. unterfertigt. Wäre diese Frage zu verneinen, so wäre - im Hinblick auf die Rechtskraft der Strafverfügung - die Stattgebung der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 18. März 1993 im Ergebnis zu Recht erfolgt. Bemerkt sei ferner, daß die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach der Begründung dieses Bescheides nicht nach § 45 Abs. 1 Z. 2, sondern nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG zu erfolgen gehabt hätte.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110263.X00Im RIS seit
20.11.2000