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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §64 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. November 1993, Zl. 15/74-3/1993, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 bestraft, weil er am 26. Jänner 1993 um
14.10 Uhr an einer näher bezeichneten Örtlichkeit einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW gelenkt habe, obwohl er zu dieser Zeit keine Lenkerberechtigung besessen habe. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer die für die Gruppen A und B erteilte (österreichische) Lenkerberechtigung mit dem ihm am 15. Jänner 1993 zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 12. Jänner 1993 unter Anwendung des § 57 Abs. 1 AVG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit vorübergehend auf die Dauer von vier Wochen entzogen worden sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer meint, daß ihm die Lenkerberechtigung bisher nicht rechtswirksam entzogen worden sei, weil er gegen den Mandatsbescheid rechtzeitig Vorstellung erhoben habe, verkennt er die Rechtslage: Gemäß § 57 Abs. 2 zweiter Satz AVG hat die gegen einen nach § 57 Abs. 1 leg. cit. erlassenen Bescheid erhobene Vorstellung nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist. Dies trifft auf den Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer vorübergehend die Lenkerberechtigung entzogen wurde, nicht zu, sodaß diesem Bescheid ohne Rücksicht auf die gegen ihn erhobene Vorstellung bereits mit dem Zeitpunkt seiner Zustellung Rechtswirksamkeit zukam. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, daß der Beschwerdeführer die den Gegenstand des Entziehungsbescheides bildende Lenkerberechtigung zum Tatzeitpunkt nicht besessen habe. Bei dieser Gegebenheit bestand für sie weder die Verpflichtung zu einer "Unterbrechung bzw. Aussetzung" ihres Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsverfahrens wegen der Entziehung der Lenkerberechtigung bzw. des diesem zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrens wegen der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 noch Raum zur selbständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Lenkerberechtigung. Für den gegenteiligen Standpunkt des Beschwerdeführers läßt sich auch aus dem von ihm zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1978, Zlen. 2261, 2262/77, nichts gewinnen.
Dennoch ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. In der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, daß er zur Tatzeit im Besitz einer Lenkerberechtigung der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Mit diesem Vorbringen setzte sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides nicht auseinander. Dessen hätte es aber bedurft, weil nach den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen (§§ 64 Abs. 5, 79 Abs. 1a und 3, 84 und 86 KFG 1967) das Lenken von Kraftfahrzeugen im Inland aufgrund von im Ausland erteilten Lenkerberechtigungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Ob die in Betracht kommenden Voraussetzungen beim Beschwerdeführer vorliegen oder nicht, hat die belangte Behörde nicht geprüft. Wenn sie in der Gegenschrift vorträgt, daß der Beschwerdeführer über keine Bestätigung der Behörde im Sinne des § 79 Abs. 3 KFG 1967 verfügt habe, ist sie darauf zu verweisen, daß eine unterlassene Begründung durch Darlegungen in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 596 f, angeführte Judikatur). Darüber hinaus käme § 79 Abs. 3 KFG 1967 nur im Falle des Vorliegens eines Doppelwohnsitzes (sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland) zur Anwendung; ob der Beschwerdeführer einen solchen hatte, geht aus der Aktenlage nicht hervor. Nach der in den Verwaltungsstrafakten erliegenden Anzeige des Gendarmeriepostens Steinach am Brenner vom 31. Dezember 1992 soll der Beschwerdeführer nach Deutschland übersiedelt sein und nur mehr unregelmäßig nach G kommen.
Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993030323.X00Im RIS seit
19.03.2001