Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §101 Abs1 lita idF 1990/458;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M in U, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. September 1993, Zl. 19/91-1/1993, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 20. November 1992 um 10.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten LKW und einen Anhänger auf der B 181 Achenseestraße von Deutschland kommend bis zum Grenzzollamt Achenkirch gelenkt, ohne sich in zumutbarer Weise vor Fahrtantritt davon zu überzeugen, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und der mit diesem zu ziehende Anhänger sowie deren Beladung den in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen, indem durch Überladung das höchste zulässige Gesamtgewicht des LKW"s mit Anhänger von 38.000 kg um 2.500 kg überschritten wurde. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 iVm § 101 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen, weshalb gemäß § 134 leg. cit. eine Geldstrafe verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und begehrte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, in welchem Ausmaß (allenfalls) der LKW einerseits und der Anhänger andererseits überladen gewesen seien, obwohl für jedes dieser Fahrzeuge gesondert das Gesamtgewicht geprüft werden müßte. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß am 28. Juli 1990 die Bestimmungen des Art. I Z 4 und 35 der 13. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 458/1990, in Kraft getreten sind, wodurch sich das Gebot des Einhaltens eines gemeinsamen Gesamtgewichtes für einen zu einem Kraftwagenzug verbundenen Kraftwagen mit Anhänger ergibt (vgl. hg. Erkenntnisse vom 25. März 1992, Zl. 91/03/0290, und vom 24. Februar 1993, Zl. 93/02/0013). Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis vom 17. März 1989, Zl. 88/03/0258, ist noch zur alten Rechtslage ergangen.
Gemäß § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 ist das Beladen von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die höchste Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftwagens mit Anhänger durch die Beladung nicht überschritten werden.
Gemäß § 4 Abs. 7a KFG 1967 darf bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte 38.000 kg nicht überschreiten.
Gemäß § 102 Abs. 1 erster Satz KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Fahrzeug und ein von diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0055) schließt diese Regelung die Verpflichtung ein, die Inbetriebnahme und damit auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges zu unterlassen, wenn das im Rahmen des Zumutbaren vorgenommene "Überzeugen" zu dem Ergebnis geführt hat, daß das Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften nicht entspricht.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall ein Gesamtgewicht von 40.530 kg als erwiesen angenommen und zu Recht daraus abgeleitet, daß ein tatbildmäßiges Verhalten iSd § 102 Abs. 1 KFG 1967 iVm § 101 Abs. 1 lit. a leg. cit. vorliegt.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, das Kennzeichen des Anhängers festzustellen. Dieses Vorbringen betrifft die Frage der ausreichenden Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinn des § 44a Z. 1 VStG. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 937, zitierte hg. Judikatur). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist im gegenständlichen Fall die vorgeworfene Tat nach Ort und Zeit trotz des Fehlens der Bezeichnung des polizeilichen Kennzeichens des Anhängers ausreichend konkret festgelegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/03/0080).
Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er als weiteren Verfahrensfehler aufzeigt, in der Anzeige der Gendarmerie sei das Gesamtgewicht des LKW mit 21.850 kg und jenes des Anhängers mit 16.000 kg angegeben, woraus sich aber ergebe, daß eine Überladung nicht vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer übersieht dabei nämlich, daß die genannten Angaben lediglich das höchste zulässige Gesamtgewicht im Sinne des § 2 Z. 33 KFG 1967 angeben. Das tatsächlich gemessene Gesamtgewicht des LKW-Zuges ergibt sich aus der Sachverhaltsdarstellung der Anzeige, nach welcher das zulässige Gesamtgewicht von 38.000 kg um 2.530 kg überschritten worden sei.
Aus eben dieser Sachverhaltsdarstellung der Anzeige des Gendarmeriepostens Achenkirch ist hinsichtlich des Tatortes zu entnehmen, der Beschwerdeführer habe einen LKW-Zug "von Deutschland kommend bis zur Staatsgrenze" gelenkt. Eine gleichlautende Tatortbeschreibung enthält die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz. Nachdem der Beschwerdeführer Einspruch erhoben hatte, erließ die Bezirkshauptmannschaft Schwarz ohne Durchführung weiterer Erhebungen ein Straferkenntnis, welches - wie sodann auch der angefochtene Bescheid - dem Beschwerdeführer, das Lenken "von Deutschland kommend bis zum Grenzzollamt Achenkirch" vorwirft. Da das Grenzzollamt Achenkirch - wie auch die belangte Behörde in ihrer unbestritten gebliebenen Gegenschrift ausführt - auf österreichischem Staatsgebiet liegt, und zwar, der Straßenlinie nach gemessen, in einer Entfernung von ca. 600 m von der Staatsgrenze, ergibt sich entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers aus dem angefochtenen Bescheid unzweifelhaft, daß der bezeichnete Tatort in Österreich liegt. Allerdings ist der im angefochtenen Bescheid bezeichnete Tatort nicht durch den Akteninhalt gedeckt, worauf der Beschwerdeführer zu Recht verweist. Den einzigen Hinweis auf den Tatort stellt nämlich die Anzeige des Gendarmeriepostens dar, welche - wie eben ausgeführt - das Lenken "von Deutschland kommend bis zur Staatsgrenze" anführt, sodaß der im angefochtenen Bescheid bezeichnete Tatort nicht durch den Akteninhalt gedeckt ist. Der Ort einer Tat ist wesentlich für deren Konkretisierung im Sinn des § 44a Z. 1 VStG, im gegenständlichen Fall aber auch im Hinblick auf § 2 Abs. 1 VStG, nach welcher Bestimmung nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar sind. Trifft eine Behörde Feststellungen, die in der Aktenlage keine Deckung finden, liegt Aktenwidrigkeit vor (vgl. die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 593 zitierte hg. Rechtsprechung).
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, weil der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war der angefochtene Bescheid lediglich in einer einzigen Ausfertigung vorzulegen, weshalb der Kostenersatz für Stempelgebühren der weiteren Ausfertigungen nicht zuzusprechen war.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993030249.X00Im RIS seit
19.03.2001