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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Dezember 1993, Zl. 4.343.406/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Dezember 1993, in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. September 1993, der am 6. September 1993 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der ehemaligen SFRJ", der am 28. August 1993 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seinen niederschriftlichen Vernehmungen am 6. und 7. September 1993, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die seiner Meinung nach von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es sei bei Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 "auf die rein objektive Schutzmöglichkeit in einem bestimmten Staat abzustellen" und "diese Schutzmöglichkeit bereits im Augenblick des Betretens dieses Staates als gegeben anzunehmen", zunächst mit dem Argument, daß "schon die Wortinterpretation" dieser Bestimmung diese Auffassung widerlege. Die Textierung in der genannten Gesetzesstelle "vor Verfolgung sicher WAR" lasse nämlich darauf schließen, daß der Gesetzgeber vielmehr darauf abstelle, "daß im individuellen Fall ein tatsächlicher Schutz gegeben sein muß". Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde keineswegs nur von einer "Schutzmöglichkeit" des Beschwerdeführers in Ungarn, sondern davon ausgegangen ist, daß eine seinem (allfälligen) Schutzbedürfnis (sollte er Flüchtling sein) entsprechende Sicherheit bereits dort bestanden hat. Der Umstand, daß es am Beschwerdeführer gelegen gewesen wäre, diese Verfolgungssicherheit durch eine Antragstellung auf Asylgewährung in Anspruch zu nehmen, vermag daran nichts zu ändern, daß sie schon tatsächlich gegeben war, was mit anderen Worten bedeutet, daß das Vorliegen der Verfolgungssicherheit nicht davon abhängt, ob ein derartiger Antrag gestellt wird. Wenn sich der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt des weiteren auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, 270 BlgNR 18. GP) und in diesem Zusammenhang auf die in der Bundesrepublik Deutschland damals bestehende Rechtslage stützt, so genügt es, darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof dazu schon in seinem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, eingehend Stellung genommen und diese Argumentation nicht für stichhältig erachtet hat, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich keine neuen Gesichtspunkte aufzeigt. Dies gilt ebenso hinsichtlich der Ansicht des Beschwerdeführers, dem Beschluß Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingkommissars der Vereinten Nationen (aus dem Jahre 1979) komme bei der Interpretation des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" "eine besondere Bedeutung" zu (vgl. jeweils auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1524).
Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat er konkret nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer ist insbesondere auch nicht der Annahme der belangten Behörde entgegengetreten, Ungarn biete von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention - der dieses Land (mit der für den Beschwerdeführer zutreffenden Alternative a des Abschnittes B des Art. 1) unter Beachtung deren Art. 43 bereits wirksam beigetreten war, als er sich dort aufgehalten hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - entsprechenden Schutz. Die von ihm vermißten Sachverhaltsfeststellungen "über die Dauer und die näheren Umstände" seines Aufenthaltes in Ungarn erübrigten sich, weil sein in Verkennung der Rechtslage erstattetes Vorbringen, er habe sich "lediglich 20 Minuten in Budapest aufgehalten", er sei "ansonsten jedoch durch Ungarn lediglich durchgereist" und habe für ihn "als von vornherein feststehendes Fluchtziel Österreich gegolten", nicht geeignet ist, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Mit der bloßen, durch kein Tatsachenvorbringen untermauerten Rüge, es "fehlen weiters exakte Feststellungen zu der Frage, ob ich in Ungarn tatsächlich Rückschiebungsschutz genossen habe", zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines derartigen, allenfalls vorliegenden Verfahrensmangels auf. War es demnach nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den von ihr gebrauchten Ausschließungsgrund herangezogen hat, so war auch ein Eingehen auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht erforderlich.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides abschließend zum Ausdruck gebracht, daß der "Anregung" des Beschwerdeführers "auf Bewilligung des befristeten Aufenthalts" gemäß § 8 Asylgesetz 1991 nicht entsprochen worden sei, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Wenn der Beschwerdeführer auch darin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt, daß ihm eine derartige Bewilligung nicht erteilt worden sei, so befindet er sich auch damit im Rechtsirrtum, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0545, näher dargelegt hat - das Fehlen eines solchen Abspruches im angefochtenen Bescheid diesen nicht mit Rechtswidrigkeit belastet und daher auch keinen Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers darstellt.
Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war dadurch entbehrlich.
Schlagworte
Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994010158.X00Im RIS seit
11.07.2001