Index
L66505 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §33 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des P in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 13. Juli 1990, Zl. LAS-83/47-1990, betreffend Änderung der Verwaltungssatzungen einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Parteien: J und R), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Regulierungsplan des Amtes der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 20. Dezember 1966 wurden gemäß §§ 77 ff des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 64/1955, (FLG), die gemeinschaftlichen Benutzungs- und Verwaltungsrechte an der N-Alpe EZ. 83 KG F, welche zu zwei Fünftel im Eigentum der Besitzer des H-Gutes EZ. 19 KG F (derzeit Beschwerdeführer) und zu drei Fünftel im Eigentum der Besitzer des W-Gutes EZ. 23 KG F (derzeit mitbeteiligte Parteien) steht, geregelt. Gemäß § 2 der Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft N-Alpe ist für alle Beschlüsse Einstimmigkeit erforderlich. Gemäß § 3 dieser Satzungen nimmt die Zustellung der an die Gemeinschaft gerichteten Post der gemeinsame Sachwalter entgegen, welcher bei dringender Gefahr für das Gemeinschaftsvermögen oder Teile desselben auch die unbedingt notwendigen und dringenden Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um Schaden zu vermeiden, zu verfügen hat. Im übrigen hat die Verwaltung einvernehmlich vor sich zu gehen; im Streitfalle entscheidet die Agrarbehörde gemäß § 40 Abs. 2 FLG. Die Stelle des gemeinsamen Sachwalters wechselt alljährlich zwischen den beiden Anteilsberechtigten.
Mit Eingabe vom 4. September 1989 ersuchte die erstmitbeteiligte Partei die AB um "Abänderung der Regulierungsurkunde (Bestellung des Obmannes) sowie das Abstimmungsrecht für 4/10 und 6/10".
Mit Bescheid vom 3. Jänner 1990 änderte die AB gemäß § 87 Abs. 1 FLG 1973 iVm § 40 Abs. 3 leg. cit. von Amts wegen die Verwaltungssatzungen des Regulierungsplanes vom 20. Dezember 1966 der Agrargemeinschaft N-Alpe zur Gänze ab. Die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren maßgeblichen Bestimmungen dieser Verwaltungssatzungen wurden von der AB wie folgt gefaßt:
"§ 3
Mit der Mitgliedschaft ist das Recht zur Teilnahme an der gemeinschaftlichen Benützung und Verwaltung des Gemeinschaftsgutes und an den Einkünften (aber auch die Pflicht zur anteilsmäßigen Teilnahme an den Lasten und Verbindlichkeiten) der Gemeinschaft verbunden, soweit im Regulierungsplan/Wirtschaftsplan nichts Abweichendes geregelt ist. Die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Verwaltung wird durch das Recht ausgeübt, bei der Vollversammlung abzustimmen. Auf einen Anteil entfällt eine Stimme.
§ 6
Die Verwaltung
Die Agrargemeinschaft verwaltet ihre Angelegenheiten:
unmittelbar durch die VOLLVERSAMMLUNG ihrer Mitglieder (auch Teilhaberversammlung genannt) und
mittelbar durch den Obmann oder Obmannstellvertreter der Agrargemeinschaft, soweit ihm nach diesen Satzungen oder durch die Ermächtigung der Vollversammlung das Recht zum Handeln namens der Agrargemeinschaft gegeben ist.
...
§ 8
a) Die Vollversammlung beschließt in allen Angelegenheiten, welche über die ordentliche Benützung und Verwaltung hinausgehen mit EINSTIMMIGKEIT.
Hiezu gehören folgende Gegenstände:
1.) Veräußerung, Belastung des Gemeinschaftsgebietes, Grenzfragen, Grundkäufe und dergleichen.
2.)
Entschließung über eine Prozeßführung.
3.)
Der Antrag an die Agrarbehörde auf Abänderung des Regulierungsplanes.
b) Außerdem beschließt die Vollversammlung der Mitglieder - aber bloß mit EINFACHER STIMMENMEHRHEIT - über die Gegenstände der ordentlichen Verwaltung.
c) Ist Gefahr im Verzuge, hat der Obmann auch die über die ordentliche Benützung und Verwaltung hinausgehenden Angelegenheiten soweit zu besorgen, als diese zur Abwendung eines drohenden Schadens notwendig und die ordnungsgemäße Einberufung zur Vollversammlung nicht rechtzeitig möglich ist; doch hat er die Vollversammlung unverzüglich einzuberufen, um ihr zu berichten und die mittlerweiligen Verfügungen des Obmannes nachträglich gutheißen zu lassen.
§ 9
Gegen Beschlüsse der Vollversammlung können die überstimmten Mitglieder die Beschwerde vor die Aufsichtsbehörde (Agrarbehörde) bringen.
Die Beschwerdefrist beträgt für Mitglieder, die zur Vollversammlung ordnungsgemäß geladen waren, zwei Wochen von dem der Beschlußfassung nächstfolgenden Tage an, sonst ein Jahr. Rechtzeitig eingebrachte Beschwerden haben aufschiebende Wirkung, außer wenn die vorzeitige Durchführung des angefochtenen Beschlusses oder der Anordnung im Interesse der Agrargemeinschaft oder eines Mitgliedes oder des öffentlichen Wohles dringend geboten und im Beschluß ausdrücklich erklärt worden ist. Gegen Anordnungen eines Obmannes beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen von dem dem Bekanntwerden der Anordnung nächstfolgenden Tage an.
Die Beschlüsse der Vollversammlung hat der Obmann der zeitlichen Reihenfolge nach in das Protokollbuch einzutragen und zur Bestätigung der richtigen Eintragung zu unterfertigen. Die Mitglieder sind berechtigt, in das Protokollbuch jederzeit einzusehen und sich Abschriften daraus anzufertigen.
§ 10
Die Vollversammlung wählt den Obmann und den Obmannstellvertreter für die Dauer von fünf Jahren (§ 2 zweiter Satz). Die Wahl erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit der beschlußfähigen Vollversammlung und ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen (§ 3 letzter Satz). Unterbleibt die Wahl, so kann die Aufsichtsbehörde den Obmann und den Obmannstellvertreter bestellen. Die Tätigkeit ist ehrenamtlich. Ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis besteht nur dann, wenn hiedurch ein empfindlicher Abbruch am täglichen Erwerbe verursacht wird."
Zur Begründung führte die AB nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzeslage aus, der Intention des FLG entsprechend sei für eine effiziente und ertragreiche Bewirtschaftung des agrargemeinschaftlichen Gebietes Sorge zu tragen und habe dies in Fällen, in denen keine Einigung zwischen den Parteien erzielbar ist, durch Maßnahmen der AB erwirkt zu werden. Bei einem Erfordernis der Einstimmigkeit für sämtliche Angelegenheiten sei eine ordnungsgemäße Verwaltung und Bewirtschaftung weitestgehend lahmgelegt, weil ein Mitglied die Vorschläge des anderen Mitgliedes zur Beschlußfassung durch die Nichtzustimmung jederzeit boykottieren könne und somit eine Beschlußfassung, die einer agrarbehördlichen Überprüfung zugänglich wäre, erst gar nicht erfolgen könne. Durch die nunmehr getroffene Regelung stehe dem Minderheitsmitglied die Beschwerde gegen einen Beschluß der Vollversammlung an die Aufsichtsbehörde offen. Hinsichtlich der taxativ aufgezählten Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung - im Einklang mit § 833 erster Satz ABGB - habe das Erfordernis der Einstimmigkeit beibelassen werden können, da sämtliche dieser Angelegenheiten, gleichgültig ob sie durchgeführt würden oder nicht, die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Agrargemeinschaft nicht gefährdeten. Zum Schutz des Minderheitseigentümers gegen die pflichtwidrige Ausübung der Funktion des Obmannes - etwa im Falle der Nichtdurchführung oder der nichtbeschlußkonformen Vollziehung von Vollversammlungsbeschlüssen - stehe dem Minderheitseigentümer die Beschwerde an die AB bzw. die Geltendmachung von Schadenersatz offen. Im Sinne einer zweckmäßigen Verwaltung und Bewirtschaftung des agrargemeinschaftlichen Gebietes sei das Beschlußfassungserfordernis der Mehrstimmigkeit bei Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung und der Einstimmigkeit bei Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung sowie die satzungsgemäße Wahl des Obmannes tunlich. Gegen die übrigen Bestimmungen der Verwaltungssatzungen sei von keiner der Parteien ein Einwand erhoben worden.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies der Landesagrarsenat beim Amt der Salzburger Landesregierung (LAS) die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 (AgrVG) und § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 40 Abs. 3 und 87 Abs. 1 FLG als unbegründet ab. Nach Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes und Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Erkenntnisses aus, die Wirtschaftsführung, welche den ordentlichen Angelegenheiten der Agrargemeinschaft zuzurechnen sei, sei auf Grund des Erfordernisses der Einstimmigkeit bei den bisherigen Verwaltungssatzungen äußerst erschwert gewesen. Die Verhältnisse in der Agrargemeinschaft erforderten daher eine Abänderung. Um die Wirtschaftsführung flexibel zu gestalten und die Agrargemeinschaft rasch handlungsfähig zu machen, sei in den neuen Verwaltungssatzungen für die Beschlußfähigkeit in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung die einfache Stimmenmehrheit für ausreichend erachtet worden. Die Änderung der Verwaltungssatzungen sei geradezu geboten gewesen, hätten doch die übereinstimmenden Aussagen der Anteilsberechtigten gezeigt, daß ständig Probleme bei der Beschlußfassung in der Vollversammlung aufgetreten seien. So sei das Schadholz im Wald ohne Aufbereitung liegengeblieben, die Zäunung sei allein nur vom Mehrheitseigentümer durchgeführt worden und die Erstellung der Jahresabrechnung unterblieben. Die Alpsflächen hätten sich wegen Unterlassung der Schwendung verringert. Eine wirtschaftliche Holznutzung sei mangels Einigung über den Forstwegebau nicht möglich. Im übrigen wurde auf die Begündung im Bescheid der AB verwiesen.
Gegen dieses Erkenntnis des LAS richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer trägt zunächst vor, die Abänderung der Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft N-Alpe sei auf Grund des Antrages des Erstmitbeteiligten erfolgt, auch in der Verhandlungsschrift vom 4. Oktober 1989 sei als Gegenstand der Amtshandlung der "Antrag des J.G. ..." angeführt worden. Dies widerspreche § 87 Abs. 1 FLG.
§ 87 FLG in der hier zur Anwendung gelangenden Fassung vor
der Novelle LGBl. 78/1992 lautet wie folgt:
"Änderung von Regulierungsplänen
§ 87
(1) Regulierungspläne, die auf Grund dieses Gesetzes oder einer hiedurch aufgehobenen älteren Vorschrift aufgestellt worden sind, und die dazugehörigen Wirtschaftspläne und Verwaltungssatzungen können nur von der Behörde abgeändert werden. Die Abänderung kann von Amts wegen oder auf Antrag vorgenommen werden. Der Antrag kann, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, nur von dem Vorstande auf Grund eines den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschlusses der Vollversammlung, sonst von jedem Anteilsberechtigten gestellt werden. Bestehen gegen einen Antrag keine Bedenken, so ist er zu genehmigen.
(2) ...... Gegen den Bescheid, womit ein Plan von Amts wegen
abgeändert wird, kann die Berufung von jedem Anteilsberechtigten und, wenn die Agrargemeinschaft körperschaftlich eingerichtet ist, auch von dieser erhoben werden.
(3) Die Abänderung ist in einem Plananhange durchzuführen. Dieser ist den Behörden zu übermitteln, denen der Regulierungsplan übersendet worden ist.
(4) Durch die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 werden die Vorschriften des § 40 über die periodisch vorzunehmende Revision des Wirtschaftsplanes nicht berührt."
Gemäß § 37 Abs. 1 FLG bildet die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an welche Anteilsrechte an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft gebunden sind (Stammsitzliegenschaften), einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteile zustehen, eine Agrargemeinschaft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaften rechtsfähig. Sie müssen Verwaltungssatzungen (§ 83) haben. Verwaltungssatzungen, die nicht von der Behörde aufgestellt werden, und Änderungen von Verwaltungssatzungen bedürfen zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit der Genehmigung der Behörde.
Gemäß § 10 der im Regulierungsplan der AB vom 20. Dezember 1966 enthaltenen Verwaltungssatzungen wird die Agrargemeinschaft N-Alpe als "keine Miteigentumsgemeinschaft im Sinne des 16. Hauptstückes des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, sondern eine private rechtspersönliche Körperschaft nach dem Flurverfassungslandesgesetz" bezeichnet.
Auch vor Änderung der Verwaltungssatzungen war sohin die Agrargemeinschaft N-Alpe eine körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft im Sinne des § 37 Abs. 2 FLG. Es wäre daher eine Änderung des Regulierungsplanes über Antrag nur nach einem entsprechenden Beschluß der Vollversammlung möglich.
Vorliegendenfalls hat jedoch die AB die Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft N-Alpe nicht über Antrag der erstmitbeteiligten Partei abgeändert, sondern deren Ersuchen als Anregung zum amtswegigen Tätigwerden aufgefaßt und - wie in der Präambel des Spruches der AB ausgeführt - "von Amts wegen" gemäß § 87 Abs. 1 iVm § 40 Abs. 3 FLG die Verwaltungssatzungen zur Gänze abgeändert. § 40 Abs. 3 letzter Satz FLG verpflichtet die Agrarbehörde im Rahmen der ihr aufgetragenen Überwachungstätigkeit, die Verwaltungssatzungen einer Agrargemeinschaft dann abzuändern, wenn gesetzliche Vorschriften oder Verhältnisse in der Gemeinschaft eine Abänderung erforderlich machen.
Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Agrarbehörde habe unzulässigerweise über Antrag eines Mitgliedes der Agrargemeinschaft die Verwaltungssatzungen abgeändert, trifft rechtlich nicht zu.
Der Beschwerdeführer bemängelt die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses insoweit, als die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, daß der "Antragsteller" seinen Verpflichtungen als Obmann, insbesondere zur Einberufung der Vollversammlung, Führung des Kassabuches, Ergreifung der besonderen Maßnahmen zur Abwendung von Schäden am Gemeinschaftsvermögen usw., nicht nachgekommen sei. Durch die Änderung der Verwaltungssatzungen habe nunmehr "der Antragsteller" die unumschränkte Entscheidungskompetenz und werde seine gestärkte Position umsomehr dazu verwenden, nur die Maßnahmen zu ergreifen, die das "W-Gut bevorteilen". Die Abänderung der Verwaltungssatzungen komme "einer Diktatur zugunsten des größeren Anteils des Besitzers" gleich. Der Mehrheitseigentümer könne jedem Beschluß den Zusatz beifügen, daß einem allfällig eingebrachten Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukomme, sodaß die Aufsichtsfunktion der Agrarbehörde bei weitem nicht ausreiche, um den Minderheitseigentümer vor Willkürakten des Mehrheitseigentümers zu schützen.
§ 87 FLG normiert die formalen Voraussetzungen für die Abänderung von Regulierungsplänen, sohin auch von Verwaltungssatzungen. Unter welchen (materiellrechtlichen) Voraussetzungen Verwaltungssatzungen abgeändert werden können, ergibt sich aus § 40 Abs. 3 FLG. Diese Bestimmung lautet in der hier zur Anwendung gelangenden Fassung:
"Die Wirtschaftspläne und Verwaltungssatzungen sind alle zehn Jahre zu überprüfen. Die Überprüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die Vorschriften des Wirtschaftsplanes bzw. die übliche Bewirtschaftung noch mit dem jeweiligen Stande der Betriebstechnik im Einklang stehen und den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse entsprechen. Hierbei ist auch die Ertragsfähigkeit auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen. Die Verwaltungssatzungen sind abzuändern, sofern gesetzliche Vorschriften oder die Verhältnisse in der Gemeinschaft eine Abänderung erforderlich machen."
Eine Abänderung bestehender Satzungen wird daher nur insoweit als gesetzmäßig anzusehen sein, als die in Aussicht genommenen Änderungen vorteilhafter im Sinne des Prüfungsmaßstabes sind. Prüfungsmaßstab ist die Gesamtheit der Bestimmungen über die Aufgaben der Agrargemeinschaften und über die Einrichtungen und Tätigkeiten derselben. Wesentliche Aufgabe der Agrargemeinschaften ist es, einerseits den Mitgliedern (Eigentümern der Stammsitzliegenschaften), aber auch den Interessen der Landeskultur durch Bewahrung des Vermögens der Agrargemeinschaft in einer den zeitgemäßen Interessen der Landeskultur entsprechenden Art und Weise sowie durch zweckmäßige Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens zu dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1981, Zl. 2361/80).
Ausgehend davon und von der dargestellten Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es lägen die Voraussetzungen für eine Änderung der Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft N-Alpe bezüglich des Stimmerfordernisses bei Vollversammlungsbeschlüssen und der Bestimmungen für die Bestellung des Obmannes vor, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken. Das in den vormaligen Verwaltungssatzungen der Agrargemeinschaft vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip auch für die ordentliche Verwaltung - also sämtlicher Maßnahmen im Rahmen der Gemeinschaft, die sich im gewöhnlichen Lauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, im wesentlichen den Interessen aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten verursachen - verhinderte durch die widerstreitenden Interessen der Eigentümer der Stammsitzliegenschaften ein Zustandekommen von Vollversammlungsbeschlüssen, sodaß die Aufgaben der Agrargemeinschaft (u.a. Aufarbeitung des Schadholzes im Wald, Zäunung, Schwendung, wirtschaftliche Holznutzung, Erstellung der Jahresabrechnung) ihrem Zweck entsprechend nicht mehr wahrgenommen werden konnten. Hinzu kommt, daß die von der Behörde getroffene Regelung mit dem allgemein für Körperschaften des öffentlichen Rechtes angewendeten und auch vom FLG diesbezüglich vorgesehenen Mehrheitsprinzip im Einklang steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/07/0146).
Die nunmehr im § 8 lit. b der geänderten Verwaltungssatzungen geschaffene Möglichkeit der Beschlußfassung durch die Vollversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit bewirkt keine "unumschränkte Entscheidungskompetenz" der Mehrheitseigentümer - wie vom Beschwerdeführer ausgeführt -, ist doch dieser Abstimmungsmodus nur für die "Gegenstände der ordentlichen Verwaltung" vorgesehen und hat die Vollversammlung "in allen Angelegenheiten, welche über die ordentliche Benützung und Verwaltung hinausgehen" weiterhin mit Einstimmigkeit zu beschließen. Somit wurde auch für den Bereich der ordentlichen Verwaltung der Agrargemeinschaft N-Alpe eine planmäßige Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erreicht. Dem Schutz der Minderheit wurde durch die im § 15 der geänderten Verwaltungssatzungen vorgesehene Möglichkeit der Anrufung der Agrarbehörde über das im § 83 Abs. 2 Z. 7 FLG vorgesehene gesetzliche Mindestmaß hinaus hinreichend Rechnung getragen. Warum die Agrarbehörde im Rahmen der ihr durch § 40 FLG eingeräumten Überwachungsfunktion die Minderheitseigentümer der Agrargemeinschaft nicht hinreichend schützen könne, vermag der Beschwerdeführer in schlüssig nachvollziehbarer Weise nicht darzulegen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen haben gemäß § 9 der geänderten Verwaltungssatzungen rechtzeitig eingebrachte Beschwerden grundsätzlich "aufschiebende Wirkung, außer wenn die vorzeitige Durchführung des angefochtenen Beschlusses oder der Anordnung im Interesse der Agrargemeinschaft oder eines Mitgliedes oder des öffentlichen Wohles dringend geboten und im Beschluß ausdrücklich erklärt worden ist" (so auch § 15 Z. 8 der geänderten Verwaltungssatzungen). Ohne diese - nur unter den Bedingungen der beschriebenen Dringlichkeit der Mehrheit erlaubte - Möglichkeit, Beschwerden gegen Gemeinschaftsbeschlüsse die aufschiebende Wirkung zu nehmen, wäre der Zweck der Regelung verfehlt worden, weil die Minderheit andernfalls die Durchführung unaufschiebbarer Maßnahmen zum Wohl der Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder beliebig verhindern könnte. Einem offenbar werdenden Mißbrauch dieser der Mehrheit eröffneten Möglichkeit würde die AB mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen haben. Entgegen den Verwaltungssatzungen getroffene Anordnungen des Obmannes unterliegen wiederum der Überwachung der Behörde gemäß § 40 Abs. 1 FLG. Im übrigen können auch Anordnungen des Obmannes wegen Pflichtverletzung gemäß § 15 Z. 8 der geänderten Verwaltungssatzungen von jedem Mitglied wegen Pflichtverletzung durch Beschwerde bei der Agrarbehörde angefochten werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VWGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1990070150.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
27.09.2012