TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/18 90/07/0126

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.1994
beobachten
merken

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §105 Abs1 lite;
WRG 1959 §105 Abs1 litm;
WRG 1959 §21 Abs3;
WRG 1959 §30;
WRG 1959 §31;
WRG 1959 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1. des W und 2. der I in X, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. Juli 1990, Zl. Wa-100530/3-1990/Spi/Lind, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zur ungeteilten Hand dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 16. November 1977 als Wasserrechtsbehörde erster Instanz wurde den Ehegatten W. und M. H. gemäß §§ 9, 11 bis 13, 21, 30 bis 33, 50, 98, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) i.d.F. der Wasserrechtsnovelle 1969, BGBl. Nr. 207, nach Maßgabe der bei der Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Planunterlagen bzw. der in der Verhandlungsschrift festgelegten Beschreibung die wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung der vorgereinigten häuslichen Abwässer aus ihrem Wohnhaus auf dem Grundstück 1135/2, in den S-Bach in einer Höchstmenge von

2.600 l/Tag (maximal 13 Personen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiezu dienenden Anlagen unter den in der Verhandlungsschrift im Gutachten der Amtssachverständigen festgelegten Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt und gemäß § 55 Abs. 3 WRG 1959 festgestellt, daß die erteilte Bewilligung nicht im Widerspruch zu einer wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung steht. Die Bewilligung wurde bis zur Möglichkeit des allfälligen Anschlusses an eine systematische Ortskanalisation mit zentraler Kläranlage, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 1987 befristet. Mit Bescheid vom 28. November 1978 stellte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gemäß §§ 98 und 121 WRG 1959 fest, daß die ausgeführten Anlagen im wesentlichen mit der mit dem obzitierten Bescheid erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimmen. Mit Gesuch vom 4. Mai 1987, bei der Wasserrechtsbehörde erster Instanz eingelangt am 6. Mai 1987, beantragten die Beschwerdeführer als nunmehrige Eigentümer der Liegenschaft EZl. 75, bestehend aus dem Grundstück Nr. 1135/2, T, die "Erstreckung des unter Postzahl xxxx im Wasserbuch des Bezirkes V eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes für die Abwasseranlage um weitere zehn Jahre längstens jedoch bis zum möglichen Kanalanschluß".

Mit Bescheid vom 10. August 1989 wies die Wasserrechtsbehörde erster Instanz diesen Antrag der Beschwerdeführer auf Neuerteilung des Wasserbenutzungsrechtes zur Einleitung der häuslichen Abwässer aus ihrem Anwesen T im Höchstausmaß von 2,6 m3 pro Tag nach deren Teilreinigung in einer Dreikammer-Faulanlage mit angeschlossenem Sandfiltergraben in den S-Bach bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine Ortskanalisation, längstens auf weitere zehn Jahre - gestützt auf die §§ 9, 11 bis 13, 32, 98 und 105 lit. e iVm § 111 Abs. 1 WRG 1959 - ab. Zur Begründung führte die Behörde aus, wie die chemisch-physikalische Analyse der beiden dem S-Bach am 28. Juni 1988 entnommenen Wasserproben - eine oberhalb der Einleitungsstelle der Abwässer des Anwesens der Beschwerdeführer, eine unterhalb derselben - ergeben hätte, erreiche der CSB-Wert der bachabwärts entnommenen Probe den vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in seinen Immissionsrichtlinien festgesetzten Grenzwert vom 10 mg/l, obwohl laut Gutachten des Biologen zum Zeitpunkt der Probeentnahme keine Verhältnisse vorgelegen wären, wie sie bei Niedrigstwasserführung zu erwarten seien. Letzterenfalls müsse daher mit einer Verschärfung der Belastung gerechnet werden. Die ermittelten Werte belegten eindeutig, daß durch die Einleitung von in Dreikammer-Faulanlagen gereinigten häuslichen Abwässern in dem besagten Abschnitt des S-Baches eine markante Verschlechterung der Wasserqualität eintrete, dies bereits bei einer Wasserführung des Vorfluters, die nicht den Verhältnissen bei Niedrigstwasser entspreche. Die Einhaltung der Wassergüte II im Vorfluter sei daher nicht gewährleistet. Hinzu komme, daß unter derartigen Niedrigwasserbedingungen neben der Geruchsbelästigung eine starke Vermehrung pathogener Keime eintrete. Der Umstand, daß der Wasserlauf durch zahlreiche Einleitungen von Abwässern aus Dreikammer-Faulanlagen in den gegenständlichen Vorfluter ohnedies verschmutzt sei, könne je nach Lage des Falles bei der Beurteilung nach § 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959 mildernd oder erschwerend sein. Keinesfalls berechtige dies den Bewilligungswerber dazu, beabsichtigte Maßnahmen, die einer weiteren Verschmutzung entgegenwirken sollen, mit dem Hinweis auf die schon vorhandene Verunreinigung abzulehnen. In der Regel werde gerade bei schon verunreinigten Gewässern jede weitere Abwassereinbringung besonders strenge Vorschreibungen erfordern, da sonst der wasserwirtschaftlich erwünschte Zustand, den die Wasserrechtsbehörde anzustreben habe und dem sie ohnehin nur schrittweise und bei gegebenen Anlässen näherkommen könne, daß nämlich die Gewässer reingehalten werden und ihr Wasser für möglichst viele Zwecke verwendbar sei, nie erreicht würde. Im öffentlichen Interesse könne daher einer weiteren Einleitung häuslicher Abwässer aus dem Anwesen der Beschwerdeführer nach deren Teilreinigung in einer Dreikammer-Faulanlage mit angeschlossenem Sandfiltergraben in den S-Bach wegen der nachteiligen Beeinflussung der Beschaffenheit des Wassers im Vorfluter nicht zugestimmt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG iVm dem §§ 30, 32 und 105 WRG 1959 "i.d.g.F." ab. Nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzeslage führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, auf Grund des Gutachtens des Amtssachverständigen für Biologie stehe außer Zweifel, daß die teilbiologische Reinigung der häuslichen Abwässer mit einer Dreikammer-Faulanlage nicht dem heutigen Stand der Technik entspreche. Das über einen Sandfiltergraben geführte, zur Einleitung in öffentliche Gewässer gelangende Abwasser bewirke mit seinen chemischen Analysewerten eine Überschreitung der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in seinen Immissionsrichtlinien geforderten Grenzwerten. Die ermittelten Werte belegten eindeutig, daß durch die Einleitung von in Dreikammer-Faulanlagen teilgereinigten häuslichen Abwässer - nicht nur den aus dem Haus T stammenden - im Abschnitt des S-Baches unterhalb der Einleitungsstelle der Abwässer des gegenständlichen Anwesens eine nicht unwesentliche Verschlechterung der Wasserqualität eintrete, dies bereits bei einer Wasserführung des Vorfluters, die nicht den Verhältnissen bei Niedrigstwasser entsprächen. Bei Niedrigwasserführung sei mit einer verschärften Belastung zu rechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in dem Recht auf Einleitung häuslicher Abwässer aus einer biologischen Kleinkläranlage in den S-Bach verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als aktenwidrig sehen die Beschwerdeführer die Feststellung im angefochtenen Bescheid an, der Vergleich der Analysenwerte laut Gutachten der Amtssachverständigen für die bachaufwärtsgelegene Untersuchungsstelle zeige keinerlei Belastung an, wohl aber habe die aus dem S-Bach unterhalb der Brücke des Güterweges T gezogene Wasserprobe nach Einleitung der Abwässer aus zahlreichen Dreikammer-Faulanlagen eine solche erwiesen. Die Analysenwerte oberhalb der Liegenschaft der Beschwerdeführer seien vielmehr eindeutig schlechter als jene der bachabwärts gezogenen Wasserprobe. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde verzehnfache sich nicht der Ammoniumwert (NH4), vielmehr reduziere er sich auf ein Zehntel; desgleichen seien die NO2 und CSB-Werte für organische Veränderungen nicht erhöht, sondern reduziert.

Mit diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, daß der Amtssachverständige für Biologie - dessen Gutachten Grundlage sowohl für die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde erster Instanz als auch für die Entscheidung der belangten Behörde war - in seinem Gutachten vom 2. August 1988 ausführte, "daß durch zahlreiche Einleitungen aus 3-Kammer-Faulanlagen sehr wohl eine Belastung des Gewässers erfolgt", dies bezogen auf die Messung der Wasserqualität unterhalb der Einleitung der gegenständlichen Abwässer durch die Beschwerdeführer in den S-Bach. Weiters führt der Sachverständige hiezu aus: "So verzehnfacht sich der gemessene Wert für NH4, verdreifacht sich für NO2, verdoppelt sich der CSB ebenso wie sich der Gesamtphosphor stark erhöht. Gerade der CSB erreicht mit 10 bei Probe 2 seinen vorgeschriebenen Grenzwert (Immissionsrichtlinien)". Schon die Wasserrechtsbehörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid klärend darauf hingewiesen, daß in der Zusammenstellung der physikalisch-chemischen Analysenergebnisse zum Gutachten des Amtssachverständigen für Biologie die Rubriken der für die beiden Wasserentnahmestellen ermittelten Werte vertauscht wurden. Die Beschwerdeführer vermögen daher eine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG nicht aufzuzeigen.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sehen die Beschwerdeführer darin, daß die Wasserprobenentnahmen für das Gutachten des Amtssachverständigen für Biologie weder unmittelbar bachaufwärts ihrer Liegenschaft noch unmittelbar nach der Einmündung der Abwässer aus ihrer Liegenschaft gezogen worden seien. Die zweite Wasserprobe sei vielmehr nach weiteren Einleitungen, insbesondere Einleitungen ungeklärter Abwässer gezogen worden. Ob die Gewässergüte II nach der Einleitung der Abwässer aus ihrer Liegenschaft noch gegeben sei, sei überhaupt nicht begutachtet worden. Den Anträgen der Beschwerdeführer auf Vornahme neuer Wasserproben in ihrem Beisein unmittelbar vor ihrer Einleitung bachaufwärts und flußabwärts vor der nächsten Einleitung sei nicht stattgegeben worden.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Gemäß § 105 Abs. 1 WRG 1959 - in der infolge Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 30. Juni 1990 anzuwendenden Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 252 - kann im öffentliche Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn:

e) die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde und

m) eine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen ist.

Die im § 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959 normierte "nachteilige Beeinflussung" entspricht den in den §§ 30 ff angesprochenen Gesichtspunkten (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz. 12 zu § 105). Gemäß § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 bedarf die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen einer Bewilligung im Sinne des Abs. 1 leg. cit. Gemäß § 32 Abs. 6 WRG 1959 finden auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung. Gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. hat der bisher Wasserbenutzungsberechtigte Anspruch auf Wiederverleihung des Rechtes, wenn - ein rechtzeitig gestelltes Ansuchen um Wiederverleihung vorausgesetzt - öffentliche Interessen nicht im Wege stehen und die Wasserbenutzung unter Beachtung des Standes der Technik erfolgt.

Dem Antrag auf Wiederverleihung ist also nur stattzugeben, wenn der im Zeitpunkt der Wiederverleihung maßgebliche Stand der Technik eingehalten ist und wenn die im Zeitpunkt der Wiederverleihung maßgeblichen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse der Wiederverleihung nicht entgegenstehen. Der Amtssachverständige für Biologie hat in seinem Gutachten - dessen Richtigkeit von den Beschwerdeführern durch ein substantiiertes gegenteiliges Vorbringen nicht erschüttert wurde - ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die gegenständliche Kläranlage dem Stand der Technik nicht mehr entspricht. Einer wasserrechtlichen Bewilligung der gegenständlichen Kläranlage der Beschwerdeführer steht daher das Fehlen des Tatbestandsmerkmales des "Standes der Technik" des § 21 Abs. 3 zweiter Satz WRG 1959 entgegen.

Das erstmals in der Beschwerde enthaltene gegenteilige Vorbringen mit dem Hinweis, die in Rede stehende Anlage entspräche vollkommen den derzeit geltenden Ö-Normen, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung dar.

War die belangte Behörde rechtens davon ausgegangen, daß die Anlage der Beschwerdeführer nicht mehr dem Stand der Technik im Sinne des § 21 Abs. 3 WRG 1959 entspricht, konnte die belangte Behörde selbst auf Grund der Analysen weiterer Wasserprobeentnahmen aus dem S-Bach im Sinne der Forderung der Beschwerdeführer zu keinem anderen Bescheid kommen.

Ebensowenig erweist sich das Beschwerdevorbringen, nur bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Vorfluters durch die gegenständliche Anlage könne die Einleitung untersagt werden, mit der vordargestellten Rechtslage im Einklang. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß auch von dritter Seite Abwässer in den betreffenden Vorfluter eingeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1990, Zl. 90/07/0021).

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990070126.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten