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L37306 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe NächtigungsabgabeNorm
FremdenverkehrsabgabeG Stmk 1980 §9a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde 1. der AB in S, 2. der GI, 3. des EI und 4. der HI, alle in M, Erst- und Zweitbeschwerdeführerin vertreten durch den Drittbeschwerdeführer, dieser sowie die Viertbeschwerdeführerin vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid der Stmk LReg vom 20. 1. 1992, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit vier inhaltlich gleichlautenden Bescheiden vom 9. bzw. 18. Dezember 1991 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde X gemäß "§ 1 und § 9a bis § 9d des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 54/1980, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 24/1982, 55/1984 und 23/1990" (Stmk FrAbgG), den Beschwerdeführern als grundbücherlichen Miteigentümern der Ferienwohnung, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) bilde, mit der Anschrift Y 65, für das Jahr 1991 die Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von insgesamt S 700,-- vor.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer jeweils Berufung. Die Erstbeschwerdeführerin wies darin darauf hin, daß das Gebäude zur ordentlichen Führung ihres Besitzes errichtet worden und daß sie bei der Sozialversicherung der Bauern als Betriebsführerin beitragspflichtig sei. Auch die übrigen Beschwerdeführer brachten in ihren Berufungen übereinstimmend im wesentlichen vor, das betreffende Objekt sei seinerzeit durch die Miteigentümerin AB (die Erstbeschwerdeführerin) zum alleinigen Zweck als Betriebssitz errichtet worden. Dieses Objekt werde durch sie für diesen Zweck allein genutzt und verwaltet. Weiters sei dieses Objekt während der Wintersperre des U-Passes, in der Regel etwa ein halbes Jahr, nur über Tiefschnee und Verwehungen erreichbar und könne daher im erwähnten Zeitraum nicht benutzt werden. In diesem Zeitraum bestehe auch keine Möglichkeit einer Wasserversorgung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Steiermärkische Landesregierung die Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Sie führte hiezu im wesentlichen aus, aus dem zuletzt wiedergegebenen Berufungsvorbringen erhelle, daß die gemäß § 9a Abs. 2 Stmk. FrAbgG rechtserhebliche Tatsache des Vorliegens einer Unterkunft, die nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes diene und nur zeitweise als Wohnstätte diene, im gegenständlichen Fall zutreffe. Eine am Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung erlaube es in zumindest vertretbarer Weise, der Umschreibung im § 9a Abs. 2 leg. cit. "... für nichtberufliche Zwecke ..." die Bedeutung beizulegen, daß der vom Abgabepflichtigen erbrachte Nachweis einer beruflichen Nutzung nur dann "ein die Abgabepflicht hintanhaltender" sei, wenn das betreffende Objekt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Anspruch genommen werde bzw. Ausstattungsmerkmale aufweise, die auf eine Berufsausübung hindeuteten. Eine Nutzung der Unterkunft Y 65 in der zuvor beschriebenen Weise werde mit dem von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Einwand, wonach die Aufenthalte der Erstbeschwerdeführerin "zur ordentlichen Führung" ihres Besitzes dienten, nicht behauptet, geschweige denn durch konkrete Angaben erhärtet. Der Umstand, daß die Instandhaltung eines im Familieneigentum stehenden Gutsbesitzes auch eine "Verwaltungstätigkeit" nach sich ziehe, rechtfertige für sich allein noch nicht, die Wahrnehmung dieser Agenden durch ein Familienmitglied aus Anlaß zeitweiliger Aufenthalte als "Berufsausübung" zu qualifizieren. Ebensowenig sei mangels eines für die Einstufung nach dem Einkommensteuergesetz maßgeblichen Betriebsmerkmales ein Anhaltspunkt dafür auffindbar, daß das von der Finanzbehörde als Einfamilienhaus bewertete und nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im Sinne der §§ 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes zugerechnete Objekt Y 65 für berufliche Zwecke genutzt werde. Eine ganzjährig gewährleistete Wasserversorgung sei kein Tatbestandsmerkmal des Abgabentatbestandes. Aus § 297 ABGB ergebe sich, daß die grundbücherlichen Miteigentümer einer Liegenschaft auch als grundbücherliche Miteigentümer des darauf befindlichen Objektes anzusehen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer durch die Vorschreibung der gegenständlichen Fremdenverkehrsabgabe in ihren Rechten verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Stmk. FrAbgG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 23/1990 lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1
In der Steiermark wird eine Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen und eine Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eingehoben. Die Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Z. 4 lit. a, die Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45.
...
§ 9a
(1) Für Ferienwohnungen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine jährliche Abgabe zu leisten.
(2) Eine Ferienwohnung ist eine Wohnung oder eine sonstige Unterkunft in Gebäuden oder baulichen Anlagen, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient.
(3) Abgabepflichtig ist der grundbücherliche Eigentümer der Ferienwohnung, Miteigentümer sind Gesamtschuldner gemäß § 4 Steiermärkische Landesabgabenordnung (LGBl. Nr. 158/1963 in der jeweils geltenden Fassung).
...
§ 9c
(1) Eigentümer bzw. Miteigentümer von Häusern und Wohnungseigentümer haben als Abgabepflichtige der Gemeinde unter Angabe der Größe der Nutzfläche jede Wohnung mitzuteilen, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) einer Person bildet. Derartige Wohnungen gelten als Ferienwohnungen im Sinne des § 9a Abs. 2, sofern der Abgabepflichtige nicht das Gegenteil nachweist.
..."
Vorweg sei bemerkt, daß auch ein Haus als "sonstige Unterkunft" im Sinne des § 9a Abs. 2 und damit als Ferienwohnung im Sinne des Gesetzes in Betracht kommt (vgl. zur ähnlichen Rechtslage nach § 3 Abs. 3 des Tiroler Aufenthaltsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 23/1976, das
hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1988, Zl. 87/17/0252, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Daß die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer nicht Miteigentümer des gegenständlichen Hauses wären, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar. Das diesbezügliche Vorbringen beider Streitteile geht daher ins Leere.
Dem aus § 41 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot verfällt weiters auch der von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegte Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. Februar 1991, mit dem im Instanzenzug unter anderem festgestellt worden sei, daß die Erstbeschwerdeführerin ab 1. Jänner 1988 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern unterliege.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, entscheidungswichtig sei die Tatsache, daß der gegenständliche land- und forstwirtschaftliche Besitz ein Ausmaß von 301 ha, im wesentlichen Wald- und Almbesitz, habe, welcher Besitz einer Bewirtschaftung bedürfe und somit auch einen forstwirtschaftlichen Betriebsführer notwendig mache. Wenn auch eine Forstwirtschaft in dieser Größe nicht eine ständige Anwesenheit des Betriebsführers im Wald erforderlich mache, sei doch bei einer derartigen Größe ein arbeitsmäßiges Mindestmaß erforderlich, um den Forstbesitz entsprechend zu bewirtschaften und zu pflegen. Ähnliches gelte hinsichtlich des Almbetriebes. Die Tatsache, daß die Erstbeschwerdeführerin in S ihren ordentlichen Wohnsitz habe, habe es bereits in den Jahren 1960 bzw. 1971 erforderlich gemacht, auf dem Besitz ein Haus zu errichten, welches als Betriebssitz zu qualifizieren sei. Die Führung eines solchen forst- und landwirtschaftlichen Betriebes in den Sommermonaten sei ein Beruf. Dazu bedürfe es auch einer entsprechenden Unterkunft.
Hiezu ist zu sagen, daß auch dieses Vorbringen in seiner detaillierten Ausgestaltung dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot widerspricht. Allerdings haben die Beschwerdeführer bereits im Berufungsverfahren im Kern dahin zielende Behauptungen aufgestellt, wenn es dort heißt, das Gebäude sei "zur ordentlichen Führung meines Besitzes" bzw. "als Betriebssitz" errichtet worden und werde von der Beschwerdeführerin für diesen Zweck allein genutzt und verwaltet.
In seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 1993, Zl. 91/17/0093, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der damaligen Streitteile als zutreffend erkannt, daß die damals abgabengegenständliche Wohnstätte dann nicht als Ferienwohnung im Sinne des Stmk. FrVAbgG anzusehen wäre und dementsprechend auch keine Fremdenverkehrsabgabe hätte erhoben werden dürfen, wenn die Wohnung den damaligen Beschwerdeführern im Streitjahr für berufliche Zwecke als Wohnstätte gedient hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsauffassung fest, wobei zur Verdeutlichung hinzuzufügen ist, daß es sich hiebei (arg.: "... AUCH NUR ZEITWEISE für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient." in § 9a Abs. 2 leg. cit.) um eine AUSSCHLIEßLICHE Nutzung für berufliche Zwecke handeln muß. Wird hingegen eine Wohnung oder eine sonstige Unterkunft, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte zu Aufenthalten während der Freizeit etc. verwendet, liegt eine Ferienwohnung vor.
In seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 92/17/0071, hat der Verwaltungsgerichtshof weiters ausgeführt, wieso die - dort behauptete - vom gegenständlichen Objekt aus durchgeführte Verwaltung eines Forstgutes KEINE berufliche Tätigkeit darstellen könnte, sei nicht zu erkennen, zumal unter "Beruf" letztlich eine (jede) Erwerbstätigkeit zu verstehen sei. Das Gesetz fordere auch entgegen der Auffassung der belangten Behörde für die Annahme einer beruflichen Tätigkeit keineswegs einen ständigen Aufenthalt in der betreffenden Wohnstätte. Es komme für die Annahme einer solchen beruflichen Tätigkeit auch nicht darauf an, ob die Wohnstätte (das betreffende Gebäude) bewertungsrechtlich als land- oder forstwirtschaftliches Vermögen gelte. Die gesetzliche Pflichtversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern stelle hingegen sehr wohl ein gewichtiges Indiz für die behauptete berufliche Tätigkeit dar.
All dies Gesagte gilt auch hier; zu ergänzen ist, daß es keinen Unterschied machen kann, ob diese berufliche Tätigkeit als Haupt- oder als Nebenberuf ausgeübt wird. Zwar ist das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht so deutlich gehalten wie in jenem Fall, der dem zuletzt zitierten hg. Erkenntnis zugrundeliegt. Jedoch hat es die belangte Behörde auf Grund ihrer abweichenden (und damit unzutreffenden) Rechtsauffassung unterlassen, die Beschwerdeführer zu einer Verdeutlichung ihres Vorbringens anzuleiten und über die entscheidungswesentlichen Umstände entsprechende Feststellungen zu treffen. Hievon war sie auch nicht etwa durch die Beweislastregel des § 9c Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. entbunden, weil letztere (arg.: "DERARTIGE Wohnungen ...") nur dann eingreift, wenn der Eigentümer etc. die betreffende Wohnung der Gemeinde als eine solche gemeldet hat, die nicht den ordentlichen Wohnsitz einer Person bildet. Daß eine solche Meldung im Beschwerdefall erfolgte, wurde nicht festgestellt und ist auch nicht aktenkundig.
Weil aber die genannte Beweislastregel nicht eingreift, bestand für den Verwaltungsgerichtshof schon mangels Präjudizialität weiters auch kein Anlaß, entsprechend der Anregung der Beschwerdeführer diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebühren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen sind.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992170077.X00Im RIS seit
28.09.2001Zuletzt aktualisiert am
28.11.2008