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L20019 Personalvertretung Wien;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des Dr. J in W, gegen den Bescheid der gemeinderätlichen Personalkommission vom 31. Mai 1990, Zl. PK - 1164/89, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des Verhaltens eines Personalvertretungs-Organwalters nach § 47 des Wiener Personalvertretungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1941 geborene Beschwerdeführer steht als rechtskundiger Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Die letzten Jahre vor seiner Versetzung in den Ruhestand gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Wiener Dienstordnung 1966, die mit Wirkung vom 1. August 1989 erfolgte, (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1990, Zl. 89/12/0143) war der Beschwerdeführer in der Magistratsabteilung 70 beschäftigt, die gemäß § 8 Abs. 2 Z. 1 des Wiener Personalvertretungsgesetzes, LGBl. Nr. 49/1985 (W-PVG) zur Hauptgruppe I der Personalvertretung gehört.
Mit dem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz vom 4. Dezember 1989 (wegen "Dienstrechtssache Personalvertretungssache; Verhaltensweise eines Mitgliedes des Hauptausschusses für die Hoheitsverwaltung unmittelbar vor Erlassung des Pensionierungsbescheides durch den Wr. Stadtsenat Feststellungsantrag im Sinn des Wr. PVG, ob Herr OSR Dr. L namens des Hauptausschusses gerierte, ob der Hauptausschuß auch ordnungsgemäß informiert wurde") brachte der Beschwerdeführer vor, er habe durch Akteneinsicht in das (damals) beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Ruhestandsversetzungsverfahren folgenden Sachverhalt festgestellt:
"Der Magistratsdirektor Dr. B. habe am 7. Juni 1989 an den amtsführenden Stadtrat Dr. S. ein Schreiben gerichtet, das am Sachverhalt "völlig vorbei argumentierend" zur Frage, ob der Beschwerdeführer anderweitig entsprechend seinen Fähigkeiten eingesetzt werden könnte, mit "nachstehenden Worten ausklingen ließ:
Bei einer extrem weisungsfreien und eigenverantwortlichen Tätigkeit von MR Dr. J ist daher nicht auszuschließen, daß auch Amtshaftungsfolgen für die zuständigen Organe entstehen. Abgesehen davon wären die Beispielsfolgen nicht nur für rechtskundige Bedienstete, sondern für den gesamten Bedienstetenbereich der Stadt Wien unabsehbar.
Der Personalgruppenobmann für die Verwendungsgruppe A, Herr OSR Dr. L, teilt die Meinung des Magistrats."
Der Beschwerdeführer habe weder Magistratsdirektor Dr. B. noch sonst irgend jemanden, auch nicht Dr. L., gebeten, extrem eigenverantwortlich und weisungsfrei seinen Dienst beim Magistrat ausüben zu wollen. Wer diese Unwahrheit "geboren" habe, sei für den Beschwerdeführer im Augenblick nicht feststellbar. Es bedürfe eines förmlichen Verfahrens um festzustellen, ob Dr. L. "als Funktionsträger der Personalvertretung (Hauptausschuß) bzw. als Hauptgruppenobmann der Verwendungsgruppe A" tatsachenwidrig eine derartige Meinung gegenüber dem Magistrat vertreten habe. Dem Magistratsdirektor Dr. B. sei wohl bewußt gewesen, daß ein eigenverantwortlicher Dezernent (davon sei Stadtrat Dr. S. in seiner Anfrage ausgegangen) nicht mit einer weisungsfreien Tätigkeit gleichzusetzen sei, sodaß die Beantwortung an der Frage des Stadtrates "vorbei argumentiert" hätte. Sollte diese Begriffsverwirrung auf Dr. L. zurückzuführen sein, "wäre dies ein grobes Fehlverhalten eines Mitgliedes des Personalvertretungsorganes (Hauptausschuß)". Das Verhalten des Vorsitzenden des Hauptausschusses (P.) müßte dann bei Kenntnisnahme dieser Vorgänge von der belangten Behörde geprüft werden, wenn er derartige Verhaltensweisen geduldet und dem Beschwerdeführer keine Kenntnis davon verschafft hätte. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer, den ihm "derzeit ungenügend klaren Sachverhalt durch geeignete Vernehmung der ... Beteiligten ... klarzustellen und daraufhin festzustellen, ob ein Organhandeln in einzelnen Fällen vorlag, und ob dieses dem Personalvertretungsgesetz entsprach oder nicht entsprach."
Ausdrücklich wies der Beschwerdeführer darauf hin, er werde die aus den amtswegig durchzuführenden Ermittlungen gewonnenen Ergebnisse auch im Reaktivierungsverfahren, im Wiederaufnahmeverfahren (betreffend das Ruhestandsversetzungsverfahren) sowie im (damals anhängigen) Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verwerten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 1990 wies die belangte Behörde (ohne Durchführung weiterer Ermittlungen) diesen Antrag zurück. Sie begründete dies nach zusammenfassender Wiedergabe des Antrages des Beschwerdeführers damit, nach § 47 Abs. 2 W-PVG stehe ein Antragsrecht an die belangte Behörde nur demjenigen zu, der eine Verletzung seiner Rechte durch die Geschäftsführung eines Organes der Personalvertretung behaupte. Der Beschwerdeführer habe jedoch in seinem Schriftsatz vom 4. Dezember 1989 nicht behauptet, durch die Geschäftsführung eines Organes der Personalvertretung im Sinne des W-PVG in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Der Feststellungsantrag sei daher mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung.
Der Beschwerdeführer hat unaufgefordert eine Äußerung zur Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 47 Abs. 1 Z. 6 des Wiener Personalvertretungsgesetzes (W-PVG), LGBl. Nr. 49/1985, obliegt der gemeinderätlichen Personalkommission die Aufsicht über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung (§ 3 Abs. 1).
In den Angelegenheiten der Aufsicht über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung wird die gemeinderätliche Personalkommission von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der eine Verletzung seiner Rechte behauptet, tätig. Sie hat dabei Beschlüsse der Organe der Personalvertretung, die den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen, aufzuheben und im übrigen die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Geschäftsführung festzustellen (§ 47 Abs. 2 leg. cit.).
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die gemeinderätliche Personalkommission den Zentralausschuß, einen Hauptausschuß, einen Personalgruppenausschuß oder einen Dienststellenausschuß aufzulösen oder die Vertrauenspersonen zu entheben, wenn das Organ der Personalvertretung wiederholt Gesetzesverletzungen begeht und die Auflösung bzw. Enthebung angedroht worden ist.
Organe der Personalvertretung sind nach § 3 Abs. 1 des W-PVG
1.
die Dienststellenversammlung,
2.
der Dienststellenausschuß (die Vertrauensperson),
3.
der Personalgruppenausschuß,
4.
die Personalvertreterversammlung,
5.
der Hauptausschuß,
6.
der Zentralausschuß,
7.
der Dienststellenwahlausschuß,
8.
der Personalgruppenausschuß,
9.
der Zentralwahlausschuß.
Personalvertreter sind gemäß § 3 Abs. 2 W-PVG die Mitglieder der Dienststellenausschüsse, der Personalgruppenausschüsse, der Hauptausschüsse und des Zentralausschusses sowie die Vertrauenspersonen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens und Erlassung einer Sachentscheidung "in Ansehung eines organhandelnd auftretenden Mitgliedes der Personalvertretung" verletzt. In Ausführung des solcherart umschriebenen Beschwerdepunktes bringt er im wesentlichen vor, die Auffassung der belangten Behörde, er habe in seinem Antrag vom 4. Dezember 1989 nicht behauptet, durch die Geschäftsführung eines Organes der Personalvertretung in seinen Rechten nach dem W-PVG verletzt worden zu sein, beruhe auf einer krassen Fehlbewertung seines Antrages oder sei aktenwidrig. Die Personalvertretungs-Organe handelten durch ihre Mitglieder entweder "in corpore" oder auf Grund von Sonderermächtigungen für bestimmte Einzelangelegenheiten oder generell im voraus bezeichnete Angelegenheiten. Für einen Außenstehenden sei nicht erkennbar, ob ein einzelnes Mitglied des Personalvertretungs-Organes eine Ermächtigung habe oder nicht oder ob erst im Nachhinein das bekanntgewordene Handeln des einzelnen Mitgliedes genehmigt worden sei. Zur Begründung der Parteistellung müsse daher die Behauptung eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses an der Feststellung hinreichend sein, wobei die Umschreibung des konkreten Verhaltens einer Person, die eine Funktion als Personalvertreter ausübe, geeignet sei, den notwendigen Bezug zu § 47 Abs. 2 W-PVG herzustellen und daher ausreiche.
In seinem Antrag vom 4. Dezember 1989 sei der Personalvertreter Dr. L. sowohl als Obmann des Personalgruppenausschusses wie auch als Mitglied des Hauptausschusses I (für die Hoheitsverwaltung) in bezug auf ein bestimmtes Verhalten angesprochen worden. Ein anderes Verhalten als ein nach dem Personalvertretungsrecht zu beurteilendes und irgendeinem der Personalvertretungs-Organe zuzurechnendes Verhalten sei nicht zur Diskussion gestanden. Vom Magistratsdirektor sei nicht die private Meinung des Dr. L., sondern die des Personalgruppenobmannes gefragt gewesen. Es habe daher der Hinweis des Beschwerdeführers genügt, daß diese vom Magistratsdirektor behauptete Meinung Dris. L. unrichtig gewesen und im Pensionierungsverfahren zu seinen Lasten verwertet worden sei. Berufe sich der Magistratsdirektor auf die "Meinung" eines Personalgruppenobmannes, so spreche er eine Funktion eines Vorsitzenden eines Personalvertretungs-Organes mit möglicherweise vom Personalvertretungs-Organ übertragenen Geschäftsführungsbefugnissen an, die dieser auch in der Funktion als Mitglied des Hauptausschusses I auszuüben in der Lage erscheine, um sich den Anschein einer umfassenden Geschäftsführungsbefugnis in Personalvertretungsangelegenheiten zu geben.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich zweifelsfrei, daß die belangte Behörde nur zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung (§ 3 Abs. 1 W-PVG), nicht aber auch der einzelnen Personalvertreter berufen ist. Daher sieht § 47 Abs. 3 W-PVG als Aufsichtsmittel folgerichtig auch die Auflösung von bestimmten Organen der Personalvertretung, nicht aber auch die Enthebung von Mitgliedern eines Organes der Personalvertretung vor. Es kann sich freilich aus dem gesetzwidrigen Verhalten (Unterlassen) eines Mitgliedes eines Personalvertretungsorganes (im Sinne des § 3 Abs. 1 W-PVG) die Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des Organes selbst ergeben, wenn und soweit das Verhalten des Mitgliedes dem Personalvertretungsorgan zuzurechnen ist. Eine Zurechnung ist auch dann gegeben, wenn nach § 31 Abs. 8 W-PVG einem Mitglied durch Beschluß des Ausschusses die Besorgung einzelner Aufgaben übertragen wurde (vgl. dazu auch das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom 14. Dezember 1992, Zl. 90/12/0165).
Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Dezember 1989 ist zu entnehmen, daß er die Beurteilung des Verhaltens Dris. L. als Mitglied des HA mit Bezug auf eine bestimmte Äußerung, die im Zusammenhang mit seinem Ruhestandsversetzungsverfahren steht (allenfalls in Zurechnung dieser Äußerung Dris. L. an den HA) anstrebte.
Wie der Beschwerdeführer im hg. Verfahren zu Zl. 90/12/0315 nicht bestritten hat, war Dr. L. vom HA NICHT mit der Wahrnehmung von Aufgaben nach § 31 Abs. 8 W-PVG betraut worden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß die näheren Begleitumstände des vom Beschwerdeführer gerügten Verhaltens (Unterlassens) von Dr. L. so beschaffen sind, daß es nicht bloß ihm selbst als Mitglied des HA, sondern diesem Personal-Vertretungsorgan zuzurechnen wäre. Insbesondere ist seine Funktion als Personalgruppenausschußobmann nicht geeignet, sein gerügtes Verhalten dem HA zuzurechnen. Liegt jedoch ausschließlich ein (behauptetes) gesetzwidriges Verhalten des Personalvertreters Dr. L. vor, das dem HA nicht zuzurechnen ist, entspricht die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers im Ergebnis dem Gesetz. Vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslage kann es daher dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurückweisen durfte oder nicht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1990120187.X00Im RIS seit
25.01.2001