TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/18 92/12/0217

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.1994
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

ABGB §863;
BDG 1979 §49 Abs2;
BDG 1979 §49 Abs4 idF 1992/873;
BDG 1979 §49 Abs7 idF 1992/873;
GehG 1956 §16 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des J in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 1. September 1992, Zl. 30.1201/1-IV/1/91, betreffend Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird - insoweit er Überstunden für den Zeitraum April 1989 bis Oktober 1989 betrifft - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand vom 3. Juni 1985 bis 31. März 1989 als Vertragsbediensteter in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis und steht seit 1. April 1989 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist im Finanzamt X tätig und mit Agenden der Bodenschätzung betraut.

Mit Verfügung der Geschäftsabteilung 8 der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. Juli 1988, GZ GA 8-23/11-1988, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß der Präsident (der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) mit Verfügung vom 30. Juni 1988, GZ GA 1-2/52/88, für ihn

Überstunden innerhalb folgenden Rahmens angeordnet habe:

"Kalendermäßiger Rahmen: Ab 1. Juli 1988 bis auf weiteres.

Zeitlicher Rahmen: 17 Stunden pro Kalendermonat an Arbeitstagen".

In der Verfügung vom 5. Juli 1988, die dem Beschwerdeführer am 12. Juli 1988 zur Kenntnis gebracht wurde, wurde - neben der Aufforderung, ab dem Monat Juli 1988 eine Zeitkarte zu führen - weiters darauf hingewiesen, daß durch die Überstundenanordnung des Präsidenten der Erlaß der für Angelegenheiten der Bodenschätzung zuständigen Abteilung IV-8 des Bundesministeriums für Finanzen vom 15. März 1977, GZ 08 5520/8-IV/8/77, über die tägliche Dienstzeit bei der Durchführung von Bodenschätzungen unberührt bleibe. Die dadurch eventuell erforderliche, den zeitlichen Rahmen der Anordnung übersteigende Anzahl von Überstunden sei durch Freizeit in den Wintermonaten auszugleichen.

Der angeführte Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 15. März 1977, setzte die tägliche Dienstzeit für alle Schätzungsausschüsse während der Außendienstperiode wie folgt fest:

April bis 15. September

Feldarbeiten von 6.00 bis 12.00 Uhr,

Ende des Dienstes in der Kanzlei der Außendienststelle:

16.00

Ab 16. September

Feldarbeiten von 7.00 bis 13.00 Uhr,

Ende des Dienstes in der Kanzlei der Außenstelle: 17.00 Uhr Ab der Schätzungsperiode 1989 wurde mit Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 7. Dezember 1988, GZ 08 5520/2-IV/8/88, die tägliche Dienstzeit bei der Durchführung von Bodenschätzungsarbeiten folgendermaßen neu festgelegt:

Von April bis 31. August Geländedienstzeit von 6.00 bis

12.00 Uhr,

Ende der Kanzleidienstzeit 16.00 Uhr;

Ab 1. September Geländedienstzeit von 7.00 bis 13.00 Uhr,

Ende der Kanzleidienstzeit 17.00 Uhr

Am 12. November 1990 richtete der Beschwerdeführer folgendes Schreiben an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland:

"Mit der Verfügung der Geschäftsabteilung 8 vom 5. Juli 1988 (GZ GA 8-23/11-88) wurde mir die Leistung von Überstunden mit einem zeitlichen Rahmen von maximal 17 Stunden pro Monat angeordnet.

    Zur ordnungsgemäßen Durchführung der Bodenschätzung unter

Beachtung der geltenden Dienstzeitenregelung waren bis

einschließlich Oktober 1989 über diesen monatlichen Rahmen

hinausgehend insgesamt 95,2 Stunden erforderlich, und zwar im

    Juli 1988       24,1 Stunden,

    August 1988     24,1 Stunden

    September 1988  19,5 Stunden

    Oktober 1988     0,5 Stunden

    Juni 1989       16,0 Stunden

    Juli 1989        4,4 Stunden

    August 1989     16,0 Stunden

    September 1989  14,6 Stunden

    Oktober 1989     0,1 Stunden

    Die laufend geführten Zeitkarten wurden der GA 8 vorgelegt.

Aufgrund der umfangreichen Arbeiten im Zusammenhang mit der Hauptfeststellung der Einheitswerte konnten von den angefallenen Überstunden lediglich 16 als Zeitausgleich im Dezember 1989 in Anspruch genommen werden.

Da gemäß Gehaltsgesetz 1956 Überstunden bereits im der Überstundenleistung folgenden Monat als Zeitausgleich zu gewähren oder in Geldform abzugelten sind und dies in den Sommermonaten während der Bodenschätzung aufgrund der erwähnten Arbeitssituation auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich war, beantrage ich die Abgeltung dieser verbleibenden 79,2 Stunden.

Hochachtungsvoll J"

Am 20. November 1990 beantragte der Beschwerdeführer im Nachhang zu seinem Schreiben vom 12. November 1990 die bescheidmäßige Feststellung der von ihm im Zeitraum Juli 1988 bis Oktober 1989 geleisteten Überstunden.

Seitens der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde dem Beschwerdeführer mit Vorhalt vom 14. Dezember 1990 zur Kenntnis gebracht, daß aufgrund der von ihm vorgelegten Zeitkarten im Zeitraum vom Juli 1988 bis Oktober 1989 insgesamt 79,5 Überstunden geleistet worden seien. Hievon seien allerdings die von ihm bereits in Anspruch genommenen Stunden für Freizeitausgleich abzuziehen, nämlich jeweils acht Stunden am 27. Oktober 1989 sowie am

27. und 28. Dezember 1989. Demnach verblieben freizeitausgleichsfähige Überstunden im Ausmaß von 55,5 Stunden (79,5 - 24). Da dem Beamten ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art der Abgeltung von Überstunden nicht zustehe, sei er mit der Verfügung der GA 8 gleichzeitig angewiesen worden, diese Überstunden durch Freizeit in den Wintermonaten auszugleichen. Man sei davon ausgegangen, daß in den Wintermonaten kein Bodenschätzungsdienst ausgeübt werden könne und dadurch nicht die Möglichkeit bestünde, die mit der Verfügung angeordneten Überstunden zur Gänze zu erbringen. Dadurch, daß er weisungswidrig den Zeitausgleich nicht schon in den der Überstundenleistung folgenden Wintermonaten vorgenommen habe, sei ein Freizeitausgleich hinsichtlich der 55,5 Überstunden nicht mehr möglich.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 7. Jänner 1991 stellte der Beschwerdeführer zur Verfügung vom 30. Juni 1988, Zl. GA 1-2/52/88, betreffend Anordnung von Überstunden, folgendes fest:

"1. Diese Regelung entspricht nicht den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956, wonach anfallende Überstunden im Folgemonat entweder durch Freizeitausgleich oder in Geldform abzugelten sind; ein späterer Ausgleich durch Gewährung von Freizeit bedarf der Zustimmung des Beamten, was in meinem Fall nicht gegeben war. In der Verfügung ist überdies nicht konkret von den nächst folgenden Wintermonaten die Rede, weshalb ein Freizeitausgleich auch noch im heurigen Winter in Frage käme.

2. Laut Herrn Hofrat Dr. G wären gemäß dieser Anordnung auch im Winter bis zu 17 Überstunden im Monat möglich und abzugelten, was jedoch im Widerspruch zur Regelung stehen würde, in eben diesen Wintermonaten den Freizeitausgleich durch die Überstunden der Sommermonate in Anspruch zu nehmen. Diese Regelung erscheint schon aufgrund der Besonderheit unseres Bodenschätzungsdienstes, nämlich der Tatsache, daß der Schwerpunkt unserer Tätigkeit in den Sommermonaten liegt, an sich eher widersinnig.

3. Diese Regelung stellt eine eindeutige Ungleichbehandlung und Schlechterstellung gegenüber anderen Kollegen des Bodenschätzungsdienstes dar, die kurze Zeit nach mir ihren Dienst angetreten haben, da diesen für die gleiche Zeit mehr Überstunden abgegolten wurden, und zwar in den Sommermonaten die tatsächlich angefallenen Stunden (d.h. bis zu ca. 33 Stunden), in den Wintermonaten fünf Stunden."

Weiters wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß im Zuge der Hauptfeststellung der Einheitswerte 1988 im fraglichen Zeitraum zahlreiche Außendienste erforderlich gewesen seien, so z. B. Erhebungen von Gärtnereibetrieben, Ortsstützpunkten, Tierbeständen und Wegenetzen der einzelnen Gemeinden. Eine wesentliche Mehrarbeit bedeuteten die im Bezirk Amstetten gegenüber der letzten Hauptfeststellung auf ein mehrfaches gestiegenen Betriebe mit überdurchschnittlicher Tierhaltung, bei denen Zuschläge zum Einheitswert gemäß Bewertungsgesetz zu berechnen gewesen seien, was ebenfalls mit umfangreichen Erhebungen verbunden gewesen sei.

Mit Bescheid vom 21. Jänner 1991 stellte die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland fest, daß den Anträgen des Beschwerdeführers vom 12. und 20. November 1990 auf Abgeltung von Überstunden, bzw. bescheidmäßige Feststellung der vom Beschwerdeführer im Zeitraum Juli 1988 bis Oktober 1989 geleisteten Überstunden nicht entsprochen werden könne.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer nach Wiedergabe des wesentlichen Bescheidinhaltes, des Sachverhaltes und der Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 vor, daß ihm unzweifelhaft ein Anspruch auf Abgeltung der geleisteten Überstunden entstanden sei und er entgegen der Meinung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 einen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Abgeltung für geleistete Überstunden habe. Da die Überstunden bis zum Ende des auf die Leistung folgenden Monates nicht durch Freizeit ausgeglichen worden seien, gebühre ihm eine Überstundenvergütung. Eine Erstreckung dieser Frist für den Freizeitausgleich hätte nur auf seinen Antrag und mit seiner Zustimmung erfolgen können, was aber nicht geschehen sei. Durch den Hinweis in der Verfügung, daß die den zeitlichen Rahmen der Anordnung übersteigende Anzahl von Überstunden durch Freizeit in den Wintermonaten auszugleichen sei, sei eine gesetzlich nicht gedeckte Anordnung getroffen worden, die daher ohne jede Wirkung bliebe. Irgendeine Aufforderung an ihn, zu antworten, sei darin nicht enthalten. Daß er die Gesetzwidrigkeit der Anordnung nicht sogleich erkannt hätte, ändere nichts daran. Im übrigen sei die Rechtsfigur des konkludenten Vertragsabschlusses (§ 863 ABGB) dem öffentlichen Recht wesensfremd. Überdies gehe mangels Bestimmtheit in der Verfügung nicht klar hervor, daß ein Freizeitausgleich in den der Überstundenleistung folgenden Wintermonaten zu nehmen sei. Da ihm die geleisteten Überstunden im Ausmaß von 55,5 Stunden bis zum Ende des jeweils auf die Leistung der Überstunden folgenden Monates nicht durch Freizeit ausgeglichen worden seien, habe er Anspruch auf Vergütung dieser Überstunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Bescheid erster Instanz, soweit er den Zeitraum Juli 1988 bis einschließlich März 1989 betraf auf, und gab im übrigen der Berufung nicht statt. Die belangte Behörde führte aus, daß der Beschwerdeführer bis 31. März 1989 Vertragsbediensteter des Bundes gewesen sei und daher über seine Anträge vom 12. November 1990 und vom 20. November 1990, soweit sie sich auf diesen Zeitraum bezogen, nicht mit Bescheid abgesprochen hätte werden dürfen, sondern mit Dienstgebererklärung. Daraus folge, daß die Anzahl der Überstunden im Zeitraum Juni 1989 bis Oktober 1989 50,5 Stunden betrage. Nach Abzug von 24 Freizeitausgleichsstunden verblieben nun 26,5 freizeitausgleichsfähige Überstunden. Nach Zitierung der § 16 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 und § 49 Abs. 2 des BDG 1979 wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Beschwerdeführer bis zu seinem Antrag vom 12. November 1990 keinerlei Einwendungen gegen die vorgesehene Freizeitausgleichsregelung vom 5. Juli 1988 erhoben habe, sondern vielmehr von dieser im Jahr 1989 Gebrauch gemacht habe. Da die im § 16 Abs. 1 zweiter Satz Gehaltsgesetz 1956 vorgesehene Zustimmung des Beamten zu einer Fristerstreckung für den Freizeitausgleich an keine Form gebunden sei, habe die Dienstbehörde im Hinblick darauf, daß ihm die genannte Verfügung zeitgerecht nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei und er keinerlei Einwendungen dagegen vorgebracht habe, davon ausgehen können, daß er der den Freizeitausgleich betreffenden Fristerstreckung zugestimmt habe. Seinem Begehren auf Vergütung der in Rede stehenden Überstunden könne daher nicht entsprochen werden. Wie der Beschwerdeführer jedoch zutreffend vorgebracht habe, sei der Verfügung vom 5. Juli 1988 nicht zu entnehmen, daß der Freizeitausgleich auf die der jeweiligen Überstundenleistung unmittelbar folgenden Wintermonate beschränkt wäre. Es stehe ihm daher nach wie vor frei, für die verbliebenen Überstunden einen Freizeitausgleich in den Wintermonaten in Anspruch zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid - soweit er über die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geleisteten Überstunden, sowie über die in Anspruch genommenen

24 Freizeitausgleichsstunden abspricht - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und den Antrag auf Abweisung der Beschwerde gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Überstundenvergütung gemäß § 16 Abs. 1 GG 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm, sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

In seiner Beschwerde bringt er zunächst vor, daß die Aufforderung oder Weisung der Dienstbehörde, er habe den Freizeitausgleich in den Wintermonaten, also nach Ablauf der Frist des § 16 Abs. 1 GG 1956 zu nehmen, gegen die gesetzliche Regelung verstoße. Dies gelte sowohl für die während der Vertragsbedienstetenzeit als auch für die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis geleisteten Überstunden. Daher sei diese Aufforderung oder Weisung rechtswidrig. Dem Argument der belangten Behörde, er habe dieser Fristverlängerung stillschweigend zugestimmt, hält der Beschwerdeführer entgegen, daß eine Heranziehung des § 863 ABGB für den Bereich des öffentlichen Rechtes nicht stattfinde. Seiner Ansicht nach sei davon auszugehen, daß die gemäß § 16 Abs. 1 GG 1956 erforderliche Zustimmungserklärung ausdrücklich zu erfolgen habe. Weiters vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß jene

24 Freizeitausgleichsstunden, welche er im Oktober und Dezember 1989 konsumiert habe, auf die ältesten noch nicht gedeckten Überstundenzeiten für Juli und September 1988 (unbestritten 29 Stunden) anzurechnen gewesen wären.

Unbestritten blieb, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom Juni bis Oktober 1989 50,5 Überstunden (und zwar im Juni und August je 16 Stunden, im September 13 Stunden und im Oktober 5,5 Stunden) geleistet hat.

§ 16 Abs. 1 GG 1956 hat in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (vor der mit Wirkung vom 1. Jänner 1993 nach Art II Z. 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 873/1992 erfolgten Novellierung) folgenden Wortlaut:

"Dem Beamten gebührt für Überstunden (§ 49 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979), die nicht bis zum Ende des auf die Leistung der Überstunden folgenden Monates durch Freizeit ausgeglichen werden, eine Überstundenvergütung. Soweit nicht dienstliche Interessen entgegenstehen, kann die Frist für den Freizeitausgleich auf Antrag des Beamten oder mit dessen Zustimmung erstreckt werden."

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die

"24 Freizeitausgleichsstunden", die er im Oktober und Dezember 1989 konsumiert habe, hätten auf die 29 restlichen (ältesten) Überstunden vom Juli und September 1988 angerechnet werden müssen, ist zunächst entgegen zu halten, daß eine allgemeine Regel, daß der Freizeitausgleich gegen die ältesten Überstunden zu verrechnen sei, der Bestimmung des § 16 Abs. 1 GG nicht zu entnehmen ist. Im übrigen wurde mit Wirkung vom 1. April 1989 ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum Bund begründet, sodaß die im Jahre 1988, noch während des Bestandes des privatrechtlichen Dienstverhältnisses erbrachten Überstunden mangels gesetzlicher Grundlage nicht nach Übertritt in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis erst ein Jahr nach ihrer Erbringung als Freizeitausgleich in Anspruch genommen werden konnten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers vermag daher in diesem Punkt nicht zu überzeugen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Anspruch des Beschwerdeführers auf Überstundenvergütung auch deshalb verneint, weil er einer Erstreckung der Frist, innerhalb derer geleistete Überstunden im Wege eines Freizeitausgleiches zu verbrauchen seien, zugestimmt haben soll. Dem Beschwerdeführer wurde im Juli 1988 ein Schreiben des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland übermittelt, in dem angeordnet wurde, daß sämtliche Überstunden, die über das Ausmaß von 17 Überstunden pro Kalendermonat hinaus geleistet werden, durch Freizeit in den Wintermonaten auszugleichen seien.

Bei gesetzeskonformer Interpretation dieses Schreibens ist davon auszugehen, daß die Dienstbehörde zunächst nur eine Klarstellung hinsichtlich der künftig beabsichtigten Vorgangsweise bei der Behandlung von geleisteten Überstunden herbeigeführt hat, wobei aber im Hinblick auf die Bestimmung des § 16 Abs. 1 GG 1956 daraus allein noch kein Befolgungsanspruch für den Beamten entstanden ist; es war vielmehr in einem weiteren Schritt beim Beamten gelegen, seine im Sinne des § 16 Abs. 1 GG 1956 erforderliche Zustimmung zu der von der Dienstbehörde vorgeschlagenen Behandlung der Überstundenansprüche zu erteilen. Damit ist dieses Schreiben als eine von der Zustimmung des Beschwerdeführers abhängige aufschiebend bedingte Anordnung des Freizeitausgleichs in der nächsten Winterperiode anzusehen. Daß sich dieser Freizeitausgleich nur auf die jeweils nächstfolgenden und nicht auf in ferner Zukunft liegende Wintermonate beziehen konnte, folgt - entgegen der Meinung der belangten Behörde - schon daraus, daß weder dem Dienstgeber noch dem Dienstnehmer eine unbestimmte Dauer der Ungewißheit darüber zugemutet werden kann, auf welche Art (sei es durch besoldungsrechtlichen Ausgleich oder durch Freizeitausgleich) die Überstundenabgeltung vorgenommen werden wird. Diesem Grundsatz folgt auch die (auf den Beschwerdefall noch nicht anzuwendende) Regelung des § 49 Abs. 4 und 7 BDG 1979, in der Fassung BGBl. Nr. 873/1992, die sowohl eine Verpflichtung des Dienstgebers zur Mitteilung der Abgeltungsart vorsieht als auch den Zeitraum beschränkt, innerhalb dessen ein Freizeitausgleich zulässig ist.

Es bleibt daher die Frage zu klären, ob allein aus der Tatsache, daß der Beschwerdeführer im Winter 1989 Freizeitausgleich in Anspruch genommen hat, seine Zustimmung zu der von der Dienstbehörde vorgesehenen Freizeitausgleichsregelung abgeleitet werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Erkenntnis vom 23. Juni 1993, Zl. 92/12/0200, ausgesprochen hat, sind allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in Verwaltungsvorschriften oder in den Verfahrensvorschriften nicht enthalten, sodaß die Heranziehung des ABGB in dieser Frage berechtigt ist. § 863 ABGB enthält allgemeine Regeln über die Willensbildung und mißt auch den schlüssigen Willenserklärungen Erklärungswert bei. Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Erklärenden ist ein strenger Maßstab anzulegen und es darf daher kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt. Als konkludente Handlungen kommen auch Unterlassungen in Betracht, doch darf dem Schweigen allein grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen werden. Der Grund hiefür liegt darin, daß Untätigkeit die verschiedensten Ursachen haben kann (vgl. Koziol-Welser, Bürgerliches Recht I,

9. Auflage, S. 88 mit weiteren Hinweisen; Rummel ABGB Kommentar, 2. Auflage, Rdz 9, 14 und 15 zu § 863 ABGB).

Der Beschwerdeführer hat nun im Winter des Jahres 1989 von den im Zeitraum Juni bis Oktober 1989 geleisteten Überstunden (insgesamt 50,5 Stunden) 24 Stunden verbraucht. Durch die tatsächliche Inanspruchnahme der von der Dienstbehörde angebotenen Überstundenregelung hat er in dieser Abrechnungsperiode im Ausmaß der konsumierten Überstunden der vorgeschlagenen Abgeltungsart konkludent zugestimmt. Daß er sich damit aber auch für die Zukunft dieser Regelung unterwerfen wollte oder damit einverstanden gewesen wäre, die geleisteten, aber nicht konsumierten Überstunden auf zukünftige Winterperioden vorzutragen, kann seinem Verhalten bei Anwendung der dargestellten Grundsätze nicht unterstellt werden. Es ist daher davon auszugehen, daß die nach Abzug des Freizeitausgleichs im Jahre 1989 verbleibenden Überstunden (26,5 Stunden) im besoldungsrechtlich vorgesehenen Ausmaß auszugleichen sein werden. Dies deshalb, weil § 16 Abs. 1 Satz 2 GG 1956 nur in zeitlicher Hinsicht die Ausgleichsmöglichkeit von Überstunden in Freizeit hinausschiebt, bei ungenütztem Ablauf auch dieses verlängerten Zeitraumes jedoch der Entgeltanspruch nach dem ersten Satz dieser Bestimmung wieder gegeben ist. Dies war im Beschwerdefall aufgrund der obigen Ausführungen für die ab April 1989 geleisteten Überstunden im angegebenen Ausmaß mit dem Ablauf der Winterperiode 1989/90 der Fall.

Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden mußte. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich das Eingehen auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992120217.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten