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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Bewilligung als Schibegleiter mangels Absolvierung eines Schiführer- oder Alpinlehrganges; keine Prüfung der Gleichwertigkeit einer Ausbildung zum Landesschilehrer durch die belangte BehördeSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird daher aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Eingabe vom 14. Oktober 1989 stellte A S an die Salzburger Landesregierung den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Tätigkeit als Schibegleiter. Aus den Administrativakten ergibt sich, daß der Antragsteller geprüfter Landesschilehrer ist und bereits 1979 dem Salzburger Schilehrer-Verband als Mitglied angehörte. Der Antragsteller hatte bereits am 4. Mai 1981 die Anmeldung des Gewerbes "Betreuung von Reisenden bei der Ausübung des Wintersportes" vorgenommen. Am 23. Juni 1981 wurde ihm sodann ein entsprechender Gewerbeschein gemäß §340 Abs4 der Gewerbeordnung 1973 von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See ausgestellt.
1.2. Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. Mai 1990, Z13/02-2091/22-1990, wurde der Antrag des A S auf Erteilung einer Bewilligung zur Tätigkeit als Schibegleiter gemäß den §§22 und 23 des Salzburger Schischulgesetzes 1989, LGBl. Nr. 83/1989, abgewiesen.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
"Da der Bewilligungswerber keinen Nachweis über den erfolgreichen Besuch eines Alpinlehrganges oder des Schiführerlehrganges der Bergführerausbildung erbringen konnte, verfügt er derzeit nicht über die für eine Tätigkeit als Schibegleiter erforderlichen fachlichen Befähigungen.
Mit Schreiben vom 21.2.1990 ... wurde dem Bewilligungswerber zur Kenntnis gebracht, daß die Tatsache, daß ein Alpinlehrgang aus organisatorischen Gründen noch nicht angeboten bzw. abgehalten worden ist, für den Nachweis der persönlichen Voraussetzungen nicht berücksichtigt werden kann."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Erwerbsfreiheit sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Das Salzburger Schischulgesetz 1976, LGBl. Nr. 58/1976, enthielt ausschließlich Regelungen über die Errichtung und den Betrieb von Schischulen. Das Schibegleiten wurde von diesem Gesetz nicht erfaßt. Mit dem Gesetz vom 8. Juli 1987, LGBl. Nr. 80/1987, wurde das Salzburger SchischulG 1976 dahin ergänzt, daß das entgeltliche Führen oder Begleiten von Wintersportgästen im Schilauf der entgeltlichen Unterweisung im Schilauf gleichgestellt wurde; gemäß ArtII Abs2 leg.cit. wurde jedoch Personen, welche aufgrund einer Gewerbeberechtigung in der Wintersaison 1986/87 die Tätigkeit eines Reisebetreuers gemäß §211 der Gewerbeordnung 1973 ausgeübt und die Landesschilehrer-Prüfung, die Prüfung zum Staatlich geprüften Schilehrer oder eine gleichwertige Schilehrerprüfung erfolgreich abgelegt hatten, die Befugnis zum entgeltlichen Führen und Begleiten von Wintersportgästen im Schilauf bis zum 1. Oktober 1988 eingeräumt. Mit Gesetz vom 19. Oktober 1988, LGBl. Nr. 101/1988, wurde die bis zum 1. Oktober 1988 eingeräumte Befugnis des Schibegleitens unter den im Gesetz vom 8. Juli 1987 genannten Voraussetzungen bis zum 1. Oktober 1989 verlängert. Mit dem Gesetz vom 7. Juli 1989 über die Errichtung und den Betrieb von Schischulen und die Tätigkeit als Schibegleiter (Salzburger Schischulgesetz 1989), LGBl. Nr. 83/1989 (im folgenden: Sbg. SchischulG 1989), das gemäß seinem §34 mit 6. Oktober 1989 in Kraft trat, erfolgte eine Neuregelung des Schischulwesens, das zwischen dem Schiunterricht, nämlich jeder Unterweisung in den Fertigkeiten und jeder Vermittlung von Kenntnissen des alpinen Schilaufes (§2 Abs1 leg.cit.) und dem Schibegleiten, nämlich dem Führen oder Begleiten von Wintersportgästen beim Schifahren ohne Erteilung von Schiunterricht (§2 Abs2 leg.cit.), unterscheidet.
Nach §22 Sbg. SchischulG 1989 ist die Erteilung der Bewilligung zur Tätigkeit als Schibegleiter insbesondere daran geknüpft, daß der Bewerber Staatlich geprüfter Schilehrer oder Landesschilehrer ist und den Schiführerlehrgang der Bergführerausbildung (§11 Abs1 des Salzburger Bergführergesetzes) oder einen Alpinlehrgang zur Vermittlung der für die Befugnis notwendigen Kenntnisse über alpine Gefahren und richtiges Verhalten im alpinen Gelände mit Erfolg besucht hat.
Mit Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 21. August 1990, LGBl. Nr. 82/1990, wurde sodann eine Ausbildungs- und Prüfungsvorschrift für den Alpinlehrgang für Schibegleiter erlassen und mit Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 7. Februar 1991, LGBl. Nr. 26/1991, die Alpinausbildung, die von einer Bundesanstalt für Leibeserziehung aufgrund der hiefür geltenden Lehrplan- und Prüfungsvorschriften im Rahmen der Ausbildung zum Staatlich geprüften Schilehrer durchgeführt wird, als der in der Alpinlehrgang-Ausbildungs- und Prüfungsvorschrift geregelten Ausbildung gleichwertig anerkannt.
4.2. In der Beschwerde wird der belangten Behörde eine Verletzung des Gleichheitssatzes vorgeworfen. Die "offizielle österreichische Schilehrerausbildung (zum Landesschilehrer und/oder zum staatlich geprüften Schilehrer bzw. Diplomschilehrer)" umfasse bereits eine grundlegende Vermittlung aller für das Schibegleiten notwendigen Kenntnisse über alpine Gefahren und richtiges Verhalten im alpinen Gelände. Eine zusätzlich geforderte Absolvierung eines Schiführer- oder Alpinlehrganges sei gleichheitswidrig, zumal die Übergangsbestimmungen des §35 Sbg. SchischulG 1989 für Schischulinhaber Gleiches nicht vorschreiben, wenn diese eine Schischule bereits seit drei Jahren betrieben haben. Der belangten Behörde sei vorzuwerfen, daß sie mit dem angefochtenen Bescheid die einschlägigen Bestimmungen des Sbg. SchischulG 1989 willkürlich angewendet und ausgelegt habe; indem sich die belangte Behörde ausschließlich darauf berufe, daß der Beschwerdeführer einen Alpinlehrgang nicht besucht habe, der bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides noch gar nicht eingerichtet worden war, habe die belangte Behörde das Gesetz willkürlich angewendet.
Der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer aber auch in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Erwerbsfreiheit. Dadurch, daß das Sbg. SchischulG 1989 Ausnahmeregelungen für Schibegleiter nicht vorsehe, sei das Gesetz selbst verfassungswidrig.
4.3. Die Beschwerde ist mit dem Vorwurf der Gleichheitsverletzung im Recht.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
Mit Recht wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, daß sie willkürlich vorgegangen sei, indem sie die Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers damit begründet habe, daß er den nach §22 Abs2 Sbg. SchischulG 1989 vorgesehenen Alpinlehrgang nicht besucht habe, wobei es unbeachtlich sei, daß dieser Lehrgang aus organisatorischen Gründen noch gar nicht angeboten bzw. abgehalten worden sei. Die belangte Behörde hat es nämlich nicht für erforderlich gehalten, sich mit der Anordnung des §35 Abs6 leg.cit. zu befassen, wonach die nach früheren Vorschriften durchgeführten Ausbildungslehrgänge jeweils als Ausbildungslehrgang im Sinne des Sbg. SchischulG 1989 zu gelten haben, dem sie hinsichtlich des Lehrstoffes, der Lehrmethoden und der Ausbildungsdauer entsprechen. Der Beschwerdeführer hat im Administrativverfahren ausdrücklich geltend gemacht, daß seine Ausbildung zum Landesschilehrer als entsprechend anzusehen sei. Mit der bereits unter 4.1. erwähnten Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 7. Februar 1991, LGBl. Nr. 26/1991, wurde die Alpinausbildung, die von einer Bundesanstalt für Leibeserziehung im Rahmen der Ausbildung zum Staatlich geprüften Schilehrer durchgeführt wird, als der in der Alpinlehrgang-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, LGBl. Nr. 82/1990, geregelten Ausbildung, deren erfolgreicher Abschluß Voraussetzung für die Erteilung einer Schibegleiter-Bewilligung ist, tatsächlich gleichwertig anerkannt. Ob die Ausbildung zum Landesschilehrer ebenfalls als gleichwertig anzuerkennen ist, hat die belangte Behörde unerörtert und unerwogen gelassen. Daß sie dazu verpflichtet gewesen wäre, ergibt sich (auch) aus der eben zitierten Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 7. Februar 1991. Im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit zu diesem - entscheidenden - Punkt, in Verbindung mit einem Ignorieren des ausdrücklichen Parteivorbringens des Beschwerdeführers liegt ein willkürliches Verhalten der Behörde, das den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Bei diesem Ergebnis hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit den Übergangsbestimmungen des §35 Sbg. SchischulG 1989 nicht weiter zu befassen. Soweit darin für Schischulbesitzer eine Befreiung von Nachweisen vorgesehen ist, wenn sie die Schischule im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes durch mindestens drei Jahre betrieben haben, und der Beschwerdeführer im Fehlen einer ausdrücklichen Bestimmung, die Gleiches für Schibegleiter vorsieht, eine Verfassungswidrigkeit der Regelung zu sehen vermeint, ist darauf zu verweisen, daß eine analoge Anwendung der Befreiungsregelung für Schibegleiter nach dem Wortlaut des Gesetzes (s. §35 Abs1 iVm Abs2 leg.cit.) nicht ausgeschlossen ist, ja sich geradezu anbietet. Der belangten Behörde, die auch solche Überlegungen nicht angestellt hat, ist auch insofern Willkür vorzuwerfen.
4.4. Der angefochtene Bescheid war daher als das Gleichheitsgebot verletzend aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den Kosten ist Umsatzsteuer im Betrage von S 2.500,-- enthalten.
Schlagworte
Schischulen, ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B762.1990Dokumentnummer
JFT_10088990_90B00762_00