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16/02 Rundfunk;Norm
AVG §9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des ORF in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld, vom 12. März 1993, GZ 6/2-2020/93-05, betr Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. 1. 1988, 1. Jänner 1989, 1. 1. 1990 und 1. 1. 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde dem ORF jeweils zum 1. Jänner der Jahre 1988 bis 1991 Erbschaftssteueräquivalent vor. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß der ORF nach § 1 Abs 1 Z 2 lit e Vermögensteuergesetz 1954 und § 1 Abs 1 des Gesetzes vom 10. Juli 1974, BGBl Nr 397, über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks eine unbeschränkt vermögensteuerpflichtige juristische Person sei, welche gemäß § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz der durch dieses Gesetz geregelten Abgabe unterliege.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 28. September 1993, B 817/93-3, ablehnte, weil von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten sei. Die Beschwerde wurde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erbschaftssteueräquivalentfreiheit verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz wird von juristischen Personen, die nach dem Vermögensteuergesetz 1954, BGBl Nr 192, in der geltenden Fassung, unbeschränkt oder beschränkt vermögensteuerpflichtig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Ausgleich für das Fehlen einer erbschaftssteuerlichen Belastung eine Abgabe erhoben (Erbschaftssteueräquivalent).
Der ORF besitzt nach § 1 Abs 1 Rundfunkgesetz - RFG, BGBl Nr 379/1984, Rechtspersönlichkeit (vgl auch Aicher in Rummel2, Rz 6 zu § 26, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1975, G 24, 27/74, Slg 7593). In seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1976, 2105/75, hat der Verwaltungsgerichtshof den ORF in Übereinstimmung mit dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes als Anstalt des öffentlichen Rechts beurteilt und klargestellt, daß eine solche eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.
§ 1 Abs 1 Vermögensteuergesetz 1954 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl Nr 606/1987, lautet:
"Unbeschränkt vermögensteuerpflichtig sind:
1.
Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben;
2.
die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben:
a)
Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung),
b)
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
c)
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit,
d)
sonstige juristische Personen des privaten Rechtes,
e)
Kreditanstalten des öffentlichen Rechtes, die Österreichische Staatsdruckerei, weiters Rundfunkunternehmen sowie Elektrizitäts-, Gas- und Fernwärmeversorgungsunternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie Anteile an derartigen Unternehmen, wenn die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind."
Private Rundfunkunternehmen sind - sei es in Form von Kapitalgesellschaften, sei es allenfalls in Form von sonstigen juristischen Personen des privaten Rechtes - danach unbeschränkt vermögensteuerpflichtig.
In Ansehung des § 1 Abs 1 Z 2 lit e ist davon auszugehen, daß der Vermögensteuergesetzgeber auch im öffentlich-rechtlichen Bereich betriebene Rundfunkunternehmen erfassen wollte. Will der Gesetzgeber Rundfunkunternehmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besteuern, dann will er in gleicher Weise auch ein Rundfunkunternehmen, das für sich allein schon eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist, besteuert wissen. Vom Tatbestand "Rundfunkunternehmen ... von Körperschaften des öffentlichen Rechts" ist daher auch der ORF erfaßt, sodaß dieser ebenfalls unbeschränkt vermögensteuerpflichtig ist.
Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Ansicht, daß das Erbschaftssteueräquivalentgesetz zwar mehrfach an das Vermögensteuergesetz anknüpft, dennoch aber eine Erbschaftssteueräquivalentpflicht ausschließlich juristischen Personen auferlegt, "dies unter der Bedingung, daß die juristische Person - und nicht etwa ein Wirtschaftskörper dieser juristischen Person - als solche als Adressat im § 1 Vermögensteuergesetz angesprochen ist". Hierauf ist zu erwidern, daß es nach § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz nicht darauf ankommt, in welcher Weise juristische Personen in § 1 Vermögensteuergesetz durch die die Vermögensteuer begründenden Tatbestände "angesprochen" sind, sondern daß für die Steuerpflicht nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz schlechterdings nur maßgebend ist, ob auf eine juristische Person - gleichgültig unter welchem im § 1 Abs 1 Z 2 lit a bis e Vermögensteuergesetz 1954 vorgesehenen Tatbestand - die Vermögensteuerpflicht zutrifft.
Soweit der Beschwerdeführer nach dem oben zitierten Beschwerdevorbringen die Auffassung vertritt, daß ein Wirtschaftskörper der juristischen Person als Adressat in § 1 Vermögensteuergesetz 1954 angesprochen ist, ist auf die im Beschwerdefall vorliegende Besonderheit hinzuweisen, daß kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 1 Abs 1 RFG) Rechtspersönlichkeit dem Wirtschaftskörper zukommt, dieser also losgelöst von einer anderweitig bestehenden Trägerkörperschaft selbst juristische Person ist.
Insoweit unterscheidet sich der Beschwerdefall von dem mit hg Erkenntnis vom 21. September 1993, 93/14/0119, entschiedenen Fall so wesentlich, daß aus diesem Erkenntnis für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen ist. Auch die in der Beschwerde zitierten Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates betreffend die Schaffung des Erbschaftssteueräquivalentgesetzes tragen im Hinblick auf diese im Beschwerdefall gegebenen besonderen Rechtsverhältnisse nichts zur Stützung der Ansicht des Beschwerdeführers bei.
Der Beschwerdeführer relativiert in seiner Beschwerdeergänzung die Ausführungen in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde als Verletzung einfach-gesetzlicher Bestimmungen mit dem Bemerken, daß im Zweifel einer verfassungskonformen, gleichheitswidrige Ergebnisse vermeidenden Auslegung der Vorzug zu geben ist, ohne aber auszuführen, aus welchen Gründen seiner Ansicht nach die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung ein gleichheitswidriges Ergebnis darstellen könnte. Es wird daher abgesehen davon, daß Zweifel am klaren Inhalt des § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz nicht bestehen, darauf hingewiesen, daß nach Ansicht des Gerichtshofes auch eine verfassungskonforme Auslegung FÜR die gefundene Lösung spricht:
Nach den Materialien zum 3. Abgabenänderungsgesetz 1987 (RV 277, BlgNR 17. GP) sollten durch die vorgesehenen Novellierungen ua betreffend die Vermögensteuer die umfangreichen Steuerbefreiungen von Unternehmungen, die sich im wesentlichen in öffentlicher Hand befinden, eingeschränkt werden. Damit sollte eine steuerliche Gleichstellung zu den privaten Unternehmen herbeigeführt werden. Private Unternehmen in Form von juristischen Personen unterliegen jedoch unzweifelhaft der Erbschaftssteueräquivalentpflicht.
Da der Beschwerdeführer aus den angeführten Erwägungen durch den angefochtenen Bescheid in seinen vom Beschwerdepunkt umfaßten Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
Schlagworte
Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts Öffentliches RechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993130285.X00Im RIS seit
02.08.2001