TE Vfgh Erkenntnis 1991/10/10 G204/90, G321/90, V358/90, V359/90, V574/90

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1 / Form u Inhalt des Antrages
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
BSVG §3
Satzung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern §32
VfGG §57 Abs1
ASVG §192

Leitsatz

Teilweise Zurückweisung eines Gesetzesprüfungsantrages mangels Präjudizialität; Zurückweisung von Verordnungsprüfungsanträgen mangels Bestimmtheit der Anträge hinsichtlich der Fassung der zur Aufhebung beantragten Norm; keine Unsachlichkeit der Regelung über den Eintritt der Leistungspflicht aus der Unfallversicherung für Versicherte nach dem BSVG erst nach einer zweimonatigen Karenzfrist im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung von Unselbständigen und Bauern im Bereich der konkurrierenden Krankenversicherung

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung des §192 ASVG wird bezüglich der Wortfolge ", die gemäß den §§3 und 11 Abs1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes Unfallversicherten" abgewiesen.

Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

II. Die Anträge auf Aufhebung bzw. Feststellung der Gesetzwidrigkeit des §32 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern werden zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Nach §191 ASVG besteht Anspruch auf Unfallheilbehandlung durch den Träger der Unfallversicherung, wenn und soweit der Versehrte nicht auf entsprechende Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch hat bzw. für ihn kein solcher Anspruch besteht (Abs1); der Träger der Unfallversicherung kann die Gewährung der sonst vom Träger der Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen von ärztlicher Hilfe, Heilmitteln, Heilbehelfen und der Pflege in Kranken-, Kur- oder sonstigen Anstalten jederzeit an sich ziehen und tritt dann hinsichtlich dieser Leistungen dem Versehrten und seinen Angehörigen gegenüber in alle Pflichten und Rechte der Krankenversicherung ein (Abs2). Schließlich bestimmt §192 (Fassung der 32. Novelle, BGBl. 704/1976):

"§192. Die gemäß §7 Z2 litb teilversicherten Zwischenmeister (Stückmeister), die gemäß §7 Z3 litc teilversicherten öffentlichen Verwalter, die gemäß den §§8 und 19 Unfallversicherten, die selbständig erwerbstätig sind, sowie ihre im Betrieb tätigen gemäß §19 Abs1 Z2 versicherten Angehörigen, ferner die gemäß §8 Abs1 Z3 lith und i dieses Bundesgesetzes teilversicherten Schüler und Studenten, die gemäß den §§3 und 11 Abs1 Z1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes Unfallversicherten sowie die gemäß §11 Abs1 Z2 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes versicherten Angehörigen erhalten die Heilbehandlung gemäß §191 erst vom Beginn des dritten Monats nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an. Der Träger der Unfallversicherung kann unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit durch die Satzung bestimmen, ob, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit schon von einem früheren Zeitpunkt an Heilbehandlung nach §191 oder an deren Stelle Geldleistungen zu gewähren sind."

Nach §32 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in der Fassung vom 19. März 1987, SoSi 93/1987 (wirksam ab 1. Mai 1987), wird schon ab Eintritt des Versicherungsfalles Unfallheilbehandlung oder Kostenersatz gewährt (Abs1 Z1): bei stationärer oder ambulanter Behandlung in eigenen Einrichtungen (lita) oder in einer mit der Anstalt in einem Vertragsverhältnis stehenden Einrichtung näher bezeichneter Art(litb) oder einer sonstigen Anstalt, in welche der Versehrte von einer solchen Einrichtung überwiesen wird (litc) oder bei ambulanter Behandlung durch einen Arzt, mit dem die Anstalt auf Grund einer besonderen Vereinbarung direkt verrechnet (litd); im übrigen wird bei Versehrten, für die ein Anspruch auf Leistungen aus der Bauernkrankenversicherung besteht, bei stationärer Behandlung der Leistungsaufwand übernommen und dem Versicherten ein Selbstbehalt gemäß §80 Abs2 BSVG ersetzt (Abs1 Z2 lita). Für den Ersatz der Reise(Fahrt)- und Transportkosten im Zusammenhang mit einer Behandlung nach Abs1 gelten die allgemeinen Bestimmungen der Satzung mit der Maßgabe, daß bei jeder stationären Behandlung und bei einer ambulanten Behandlung nach Abs1 Z1 der Versehrte keinen Kostenanteil zu tragen hat (Abs2).

Die bis zum 30. April 1987 in Geltung gestandene Satzung vom 15. März 1974, SoSi 94/1974, enthielt in ihrem §32 Abs1 zu Z1 eine dem Abs1 Z1 der geltenden Fassung ähnliche Bestimmung; die Z2 hingegen lautete ganz anders, befaßte sich nur mit Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen gegenüber einem Krankenversicherungsträger haben und sah Ansprüche für stationäre (lita) und ambulante Behandlung (litb) vor.

Schließlich wird in §32 auch bestimmt, wann Familien- und Taggeld gebührt (Abs5 idF vom 26. Februar 1975, SoSi 5/1976; Abs4 idF vom 19. März 1987).

1. Der Oberste Gerichtshof beantragt die Aufhebung des §192 ASVG und des §32 der genannten Satzung sowie die Feststellung, daß §32 der Satzung in der bis 30. April 1987 geltenden Fassung gesetzwidrig war.

Beim antragstellenden Gericht ist zu 10 Ob S 259/90 die Revision eines nach §3 BSVG in der Unfallversicherung pflichtversicherten Klägers anhängig, der nach einem am 21. Mai 1986 erlittenen Arbeitsunfall bis in die erste Hälfte des Jahres 1987 in einem allgemeinen öffentlichen Krankenhaus ambulant behandelt wurde. Zu diesen Behandlungen fuhr er jeweils selbst. Die beklagte Sozialversicherungsanstalt lehnte die Übernahme der Kostenanteile für die Behandlung und des Selbstbehaltes für die Fahrten unter Berufung auf die §§189ff ASVG iVm §32 der Satzung ab, weil mit dem Krankenhaus kein Vertragsverhältnis über unfalleigene Heilbehandlung bestanden habe. Nach Darstellung des Obersten Gerichtshofes ist das auf Ersatz der vollen (den vom Krankenversicherungsträger übernommenen Betrag übersteigenden) Heilbehandlungskosten und der Fahrtkosten gerichtete Begehren für die Zeit bis 21. Juli 1986 im Revisionsverfahren strittig. Der antragstellende Gerichtshof erachtet daher §192 ASVG und §32 der Satzung anwenden zu müssen und trägt zu deren Rechtmäßigkeit folgendes vor:

"Der Unterschied zwischen den im §192 aufgezählten Personen und allen anderen Personen, die im Falle einer durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung Anspruch auf Unfallheilbehandlung haben, erscheinen dem erkennenden Senat nicht so wesentlich, daß sie es rechtfertigen könnten, diese beiden Personengruppen hinsichtlich des Beginnes der Unfallheilbehandlung verschieden zu behandeln und die erste Gruppe wesentlich zu benachteiligen.

Der durch §192 benachteiligte Personenkreis besteht aus drei Untergruppen: Zur ersten gehören selbständig Erwerbstätige, nämlich die gemäß §5 Abs1 Z10 von der Vollversicherung ausgenommenen und daher nach §7 Z2 litb in der Unfall- und Pensionsversicherung teilversicherten Zwischenmeister (Stückmeister), die gemäß §7 Z3 litc teilversicherten öffentlichen Verwalter, die unmittelbar vor ihrer Bestellung zu öffentlichen Verwaltern ausschließlich selbständig erwerbstätig gewesen sind, die gemäß den §§8 und 19 Unfallversicherten, die selbständig erwerbstätig sind, und die gemäß den §§3 und 11 Abs1 Z1 BSVG Unfallversicherten. Zur zweiten Untergruppe gehören die im Betrieb tätigen, gemäß §19 Abs1 Z2 versicherten Angehörigen und die gemäß §11 Abs1 Z2 BSVG versicherten Angehörigen, zur dritten die gemäß §8 Abs1 Z3 lith und i teilversicherten Schüler und Studenten.

Darüber, welche Gründe den Gesetzgeber dazu veranlaßt haben, bei den ersten beiden Untergruppen eine zweimonatige Karenzfrist für die Unfallheilbehandlung zu bestimmen, geben die Materialien keinen Aufschluß. Für den hinausgeschobenen Beginn der Unfallheilbehandlung bei Schülern und Studenten war die Überlegung maßgebend, daß in der Regel eine Vorleistungspflicht aus der Mitversicherung in der Krankenversicherung bestehen werde (MGA ASVG

46.

ErgLfg §192 FN 5 und die aaO §191 FN 1 zitierte RV zur

32.

ASVGNov.). Diese Überlegung ist jedoch nicht recht verständlich, weil auch fast alle anderen Personen, die im Fall einer durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperliche Beschädigung Anspruch auf Unfallheilbehandlung haben, Anspruch auf die entsprechenden Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung haben, oder für diese Personen ein solcher Anspruch besteht. Anspruch auf Unfallheilbehandlung durch den Träger der Unfallversicherung besteht ja nach §191 Abs1 nur, wenn und soweit der Versehrte nicht auf die entsprechenden Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch hat, bzw. für ihn kein solcher Anspruch besteht.

Sollte der Grund für den späteren Beginn der Unfallheilbehandlung nach §191 insbesondere für selbständig Erwerbstätige in der Annahme liegen, daß diese Personen aus wirtschaftlichen Gründen nicht sofort auf diese Leistungen angewiesen wären (vgl. Ricke im Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, §633 RVO RN 2: 'Wartezeiten können bei Unternehmergruppen angebracht sein, die nach ihrer durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage nicht sofort auf Leistungen angewiesen sind'), könnte dies eine unsachliche Differenzierung nicht verhindern, weil keine Rede davon sein kann, daß sich die im §192 genannten Personen allgemein in einer besseren wirtschaftlichen Lage befänden als alle anderen Versehrten, welche die Heilbehandlung bereits unmittelbar nach dem Eintritt des Versicherungsfalles erhalten.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Kosten einer Unfallheilbehandlung in den ersten Wochen nach dem Arbeitsunfall in der Regel höher sein werden als nach Ablauf der zweimonatigen Karenzzeit, und daß die in den Krankenversicherungen nach dem GSVG und dem BSVG Versicherten für die vom Krankenversicherungsträger gewährten Sachleistungen in der Regel 20 v.H. der dem Versicherungsträger erwachsenden Kosten als Kostenanteil zu ersetzen haben (§86 GSVG, §80 BSVG). Dazu kommt noch, daß bei den im §192 angeführten Versicherten nach §204 Abs3 die Versehrtenrente, wenn die Satzung bei Gefährdung des Lebensunterhalts keinen früheren Zeitpunkt bestimmt, ebenfalls erst mit dem Beginn des dritten Monats nach dem Eintritt des Versicherungsfalls anfällt, was diesen Personen die Beteiligung an den Kosten der Unfallheilbehandlung während der beiden Karenzmonate erschwert.

Der Oberste Gerichtshof hält es daher für geboten, dem hiefür ausschließlich zuständigen Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, §192, dessen Verfassungsmäßigkeit übrigens schon in der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 8.3.1985 SSV 25/38 bezweifelt wurde, zu überprüfen und stellt daher nach §89 Abs2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, die bedenkliche Gesetzesstelle nach Art140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

Schon weil im Fall der Aufhebung des §192 der auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmung erlassene §32 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in beiden in diesem Verfahren anzuwendenden, im Antrag angeführten Fassungen gesetzwidrig würde, und diese Satzung als Verordnung zu qualifizieren ist ..., war nach Art89 Abs2 und 3 B-VG beim Verfassungsgerichtshof auch zu beantragen, diese Satzungsstelle in der geltenden Fassung nach Art139 als gesetzwidrig aufzuheben bzw. auszusprechen, daß diese Satzungsstelle in der vorangegangenen Fassung gesetzwidrig war."

Der Antrag auf Aufhebung des §192 ASVG und einen Antrag auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des §32 der genannten Satzung stellt der Oberste Gerichtshof auch in einem zu 10 Ob S 381/90 anhängigen Revisionsverfahren, in dem es um den 20%igen Kostenanteil von 70,14 S für die ambulante Behandlung in einem Krankenhaus wegen eines am 18. Juni 1984 erlittenen Arbeitsunfalles geht.

2. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales geht im Verordnungsprüfungsverfahren davon aus, daß die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Satzung nur aus der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Gesetzes abgeleitet sind und verweist insofern auf die Stellungnahme der Bundesregierung.

Die Bundesregierung hat indessen mitgeteilt, von der Erstattung einer meritorischen Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren Abstand zu nehmen; sie beantragt, für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Schließlich hat aber die beteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Äußerung erstattet, in der sie auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verweist, wonach eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Berufsgruppen im Beitrags- und Leistungsrecht sachlich gerechtfertigt sein kann, und dazu ausführt:

"Nach Auffassung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVG) sind im Bereich der bäuerlichen Unfallversicherung solche Rechtfertigungsgründe gegeben, die zumindest für den nach dem BSVG unfallversicherten bzw. -geschützten Personenkreis eine Verfassungswidrigkeit ausschließen.

Sieht man von den im §148 Z1 und 2 BSVG normierten (im konkreten Fall aber nicht relevanten) Sonderregelungen ab, so enthält das BSVG keine eigenen Bestimmungen über das für die nach §3 BSVG in der Unfallversicherung pflichtversicherten Personen geltende Leistungsrecht, sondern lediglich den Verweis, daß hinsichtlich der Leistungen der Unfallversicherung die Bestimmungen des dritten Teiles des ASVG gelten.

Obwohl eine ausdrückliche Aussage des Gesetzgebers darüber fehlt, daß bestimmte leistungsrechtliche Sonderregelungen des ASVG, die von den für unselbständig erwerbstätige Personen getroffenen Regelungen abweichen (wie z.B. §181, der eine Bemessungsgrundlage nach festen Beträgen vorsieht; §192, womit Einschränkungen hinsichtlich der Unfallheilbehandlung getroffen wurden und §204 Abs3, der eine Sonderregelung beim Anfall von Versehrtenrenten enthält) nur deswegen beibehalten wurden, weil sie auf der Beitragsseite entsprechend berücksichtigt worden sind, ergibt sich dies doch schlüssig aus folgenden Überlegungen.

2. Das Leistungsrecht der bäuerlichen Sozialversicherung war seit jeher darauf ausgerichtet, den Leistungsbezieher in zumutbarer Weise an den Kosten zu beteiligen, um gleichzeitig niedrigere Beiträge zur Sozialversicherung zu ermöglichen. Leistungsrecht und Beitragsrecht steht - nicht nur aus Finanzierungsgründen - in einem innigen Zusammenhang.

Beispielsweise werden dafür angeführt

-

die zum Unterschied von anderen Krankenversicherungsgesetzen durchgehende Kostenbeteiligung des §80 BSVG - meist in der Höhe von 20 % der Kosten - in der Bauernkrankenversicherung; der Beitragssatz in der Bauernkrankenversicherung ist mit 4,8 % vergleichsweise niedrig (ASVG: 5 % bzw. 6,3 %, GSVG: 7,7 %; BKUVG:

6,4 %);

-

das Ausgedinge als zweites Standbein der bäuerlichen Altersvorsorge neben der Bauernpension; dadurch kann eine niedrigere Mindestbeitragsgrundlage in der Bauernpension (BSVG:

3.829 S Wert 1991; GSVG 8.636 S Wert 1991) ermöglicht werden;

-

der spätere Anfall von Unfallheilbehandlung und Versehrtenrente, sowie die besondere Rentenbemessung in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung; damit wird ein vergleichbar niedriger Beitragssatz ermöglicht (1,9 % Betriebsbeitrag für alle gemäß §3 BSVG versicherten Personen).

In der Folge darf auf die berufsspezifischen Besonderheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung eingegangen werden.

Nach der derzeitigen Gesetzeslage enthält nicht nur §192 ASVG eine Sonderregelung für selbständig erwerbstätige Personen, es sehen vielmehr auch die §§181 und 204 Abs3 ASVG Sonderregelungen vor. Würde §192 ASVG als verfassungswidrig aufgehoben werden, so könnten auch diese 'Ungleichbehandlungen' als verfassungswidrig bekämpft und allenfalls für verfassungswidrig erklärt werden, da auch diese Bestimmungen letztlich aufwanddämpfende Maßnahmen vorsehen.

In diesem Falle käme es bei einer Aufhebung des §181 ASVG und einer Angleichung an das für unselbständig Erwerbstätige bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage geltende Recht (§179 ASVG) zu dem letztlich kaum tolerierbaren Ergebnis, daß bei Land- (Forst)wirten und deren Angehörigen, bei denen bzw. für die derzeit der Betriebsbeitrag nach der Mindestbeitragsgrundlage entrichtet wird (61 % der Versicherten!) die Vollrente im Hinblick auf §§179, 205 ASVG lediglich S 2.098,-- betragen würde, während sie sich nach §181 ASVG auf S 4.853,-- beläuft (Werte 1990).

Würde man §204 Abs3 ASVG im Sinne einer Angleichung an §205 Abs5 ASVG abändern, so wäre das Ergebnis zwar für die Versehrten nicht ungünstig, da erfahrungsgemäß in den beiden ersten Monaten nach einem Unfall stets mit einer hohen Minderung der Erwerbsfähigkeit zu rechnen ist, und zwar auch dann, wenn eine Anstaltspflege nicht erforderlich wird (in solchen Fällen könnte §208 ASVG zu einem Ruhen führen), sodaß in vielen Fällen für die erste Zeit nach einem Unfall eine Vollrente gewährt werden müßte. Dieser Umstand würde aber mit Sicherheit eine Erhöhung der Beiträge erforderlich machen.

Letztlich müßte in diesem Zusammenhang auch noch bedacht werden, daß im Bereich der bäuerlichen Unfallversicherung besondere Vertragsbeziehungen weder zu Ärzten noch zu anderen Vertragspartnern bestehen und die Abrechnungen im Rahmen der Krankenversicherung erfolgen. Dementsprechend nehmen auch die Abrechnungen der Vertragspartner keine Rücksicht darauf, ob Leistungen auf Grund einer Erkrankung, eines Privatunfalles, oder eines Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit erbracht werden. Dies wäre im übrigen auch nur schwer möglich, weil im Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Vertragspartner meist noch nicht feststeht, ob ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt.

Würde allerdings die SVB als Träger der Krankenversicherung von ihren Vertragspartnern gesonderte Abrechnungen in jenen Fällen verlangen, in denen auch nur der Verdacht auf das Vorliegen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit besteht, so wäre (dies zeigen die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen eindeutig) damit zu rechnen, daß die angesprochenen Vertragspartner eigene und sicherlich höhere Unfallversicherungstarife verlangen würden.

Auch dieser Mehraufwand wäre mit den derzeitigen Beitragsregelungen nicht abzudecken.

3. Die Beitragssätze für die Unfallversicherung nach dem BSVG sind zwar mit 1,9 % der Beitragsgrundlage höher, als die für den Bereich der Unselbständigen (1,4 % der allgemeinen Beitragsgrundlage bzw. 1,3 % vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 1992 - ArtVI Abs3 SOSI-ÄG BGBl. 157/91), doch wird diese Tatsache dadurch relativiert, daß einerseits die Beitragsgrundlage nach dem BSVG (Versicherungswert gemäß §23 BSVG) die echten Einkommensverhältnisse nur zum Teil widerspiegelt und andererseits der nach dem BSVG zu leistende Unfallversicherungsbeitrag einen echten Betriebsbeitrag darstellt, der sowohl für den Betriebsführer, als auch für den Ehepartner und für praktisch alle nahen Angehörigen (§3 Abs1 Z2 BSVG) Versicherungsschutz sicherstellt, wenn diese Personen im Betrieb tätig werden.

Weiters ist dabei zu berücksichtigen, daß gerade und nur in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung §175 Abs3 ASVG eine Reihe besonders unfallträchtiger Tätigkeiten (Haushaltstätigkeiten, bestimmte Bauarbeiten, Arbeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe) unter Versicherungsschutz stellt. Es ist nun zwar nicht möglich, die Zahl der in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb bzw. in allen diesen Betrieben tätigen und damit versicherungsgeschützten Personen exakt festzustellen, da auch ein bloß gelegentliches und kurzfristiges Tätigwerden der im §3 Abs1 Z2 BSVG genannten Familienangehörigen den Versicherungsschutz auslöst, doch erscheint es realistisch, im Durchschnitt von drei Personen auszugehen, da die meisten land(forst)wirtschaftlichen Betriebe als Familienbetriebe geführt werden und neben dem Betriebsführer und dessen Gattin in der Regel auch ein Kind und oftmals (etwa an Wochenenden und zu Erntespitzen) auch andere Angehörige mitarbeiten. Dabei dürfen auch die Betriebsübergeber nicht außer Betracht gelassen werden (dies vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit, schon mit Vollendung des 55. Lebensjahres eine Erwerbsunfähigkeitspension relativ leicht zu erhalten), da solche Personen im Regelfall im Familienverband mit dem Betriebsführer leben und laufend oder doch zeitweise diverse betriebliche Tätigkeiten ausüben.

Bei Betrachtung der Beitragsbelastung ist zunächst zu beachten, daß (Beilage I) bei rund 61 % der land(forst)wirtschaftlichen Betriebe Beiträge nach der Mindestbeitragsgrundlage entrichtet werden und nur bei 0,5 % der Betriebe die Höchstbeitragsgrundlage wirksam wird. Es läßt dies zulässig erscheinen, bei Prüfung der Beitragsbelastung von einer durchschnittlichen Beitragsgrundlage auszugehen, die sich bei einem durchschnittlichen Einheitswert von S 81.700,-- mit S 7.478,-- ergibt, woraus - unter weiterer Berücksichtigung des Zuschlages zum Grundsteuermeßbetrag, der letztlich auch als Beitragsbestandteil anzusehen ist - ein durchschnittlicher jährlicher Betriebsbeitrag von S 1.990,80 resultiert.

Vergleicht man damit die Beitragsbelastung eines ähnlichen gewerblichen Betriebes, in welchem neben dem Betriebsführer zwei Dienstnehmer beschäftigt sind, so ergibt sich zunächst für den Betriebsführer ein Jahresbeitrag von S 689,--, zu dem noch die für die Dienstnehmer zu entrichtenden Beiträge, die zur Gänze vom Betriebsführer zu tragen sind, treten. Legt man dieser Berechnung (Vergleichswerte sind nur für 1989 vorhanden - Beilage II) das arithmetische Mittel des Monatsarbeitsverdienstes für Arbeiter von S 16.221,-- zugrunde, so ergeben sich für die beiden Dienstnehmer zusammen Unfallversicherungsbeiträge von jährlich S 6.356,--, insgesamt daher für den Betrieb eine jährliche Belastung durch Beiträge zur Unfallversicherung in Höhe von S 7.045,--. Selbst wenn man mit dem derzeit zur Diskussion stehenden Mindesteinkommen von S 10.000,-- rechnet, ergibt sich immer noch ein 'Jahresbetriebsbeitrag' von S 4.609,--. Bei dieser Gegenüberstellung dürfte im übrigen nicht außer acht gelassen werden, daß sehr viele gewerbliche Unternehmen in Form von Gesellschaften geführt werden, bei denen die Beitragsbelastung für die Betriebsführer je nach Anzahl der versicherten Gesellschafter entsprechend steigt.

Diese berufsspezifischen Differenzierungen auf der Beitragsseite lassen den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß eine entsprechende Differenzierung auch auf der Leistungsseite (hier:

Geltung des §192 ASVG für den Bereich der bäuerlichen Unfallversicherung) sachlich gerechtfertigt ist und daher nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.

4. Weiters ist zu bedenken, daß die derzeitige Regelung des §192 ASVG in Verbindung mit §32 der Anstaltssatzung kaum echte und ungerechtfertigte finanzielle Härtefälle zuläßt, die als gleichheitswidrig betrachtet werden könnten, da nach der Satzung die im Regelfall sehr hohen Kosten einer stationären Krankenbehandlung ohnehin den Versicherten nicht treffen, sondern zur Gänze von der SVB getragen werden (100 % aus Mitteln der Unfallversicherung) und den Versicherten selbst nur relativ kleine Beiträge (20 % der ambulanten Krankenbehandlung; Rezeptgebühr, sofern keine Befreiung besteht; ein Teil der Fahrtkosten) belasten.

Daß dies zutrifft, zeigt im übrigen auch der vom Obersten Gerichtshof zum Anlaß der Einleitung des Überprüfungsverfahrens genommene Fall Gerstberger, 10 Ob S 381/90, bei dem der Streitwert lediglich S 70,14 beträgt und auch im Fall Grill, 10 Ob S 259/90, dürften kaum höhere Beträge strittig sein. (Allerdings können darüber präzise Aussagen nicht getroffen werden, da sich der Akt nicht bei der Anstalt befindet). Von einer sachlich ungerechtfertigten Schlechterstellung der bäuerlichen Versehrten durch das Erfordernis einer Eigenbeteiligung kann daher wohl kaum gesprochen werden. Dies im übrigen umsoweniger, als das System einer Kostenbeteiligung, die letztlich die Beitragspflichtigen entlastet, der Sozialversicherung an sich nicht fremd ist (so z.B. Kostenbeteiligung bei der Anstaltspflege von Angehörigen der Versicherten im Bereich der Krankenversicherung nach dem ASVG, Rezeptgebühren, Kostenbeteiligung bei Heilbehelfen).

Diese Kostenbeteiligung ist unterschiedlich stark ausgeprägt, gerade im Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung und hier insbesondere im Bereich der Krankenversicherung ist aber die Überzeugung am stärksten verankert, daß die Leistungsempfänger in zumutbarer Weise an den Kosten zu beteiligen sind. Diese Regelung wird von den Betroffenen auch grundsätzlich akzeptiert, zumal derartige Maßnahmen des Gesetzgebers das Kostenbewußtsein stärken und auf der Beitragsseite eine Entlastung der Riskengemeinschaft mit sich bringen.

4.1. Würde §192 ASVG für den Bereich der bäuerlichen Unfallversicherung aufgehoben werden, brächte dies für die einzelnen Versehrten nicht viel, es würde aber die gesamte Riskengemeinschaft finanziell äußerst belastet werden. Dies vor allem durch den damit verbundenen Verwaltungsmehraufwand, der im Bereich der Unfallversicherung schon wegen des im Einzelfall komplizierten Versicherungsrechts (Abgrenzung Arbeitsunfall: Privatunfall, die oftmals mit Erhebungen verbunden ist), verhältnismäßig hoch liegt. Hauptursache für die zu erwartende Steigerung der Verwaltungskosten wäre sicherlich der mit der Aussiebung der in Betracht kommenden Honorarnoten und Rezepte verbundene Arbeitsaufwand, zumal diese nicht immer unmittelbar nach dem Unfall, sondern meist erst Monate später vorgelegt werden und aus denen nur sehr selten eindeutig ersichtlich ist, ob es sich dabei um eine Behandlung wegen einer Erkrankung bzw. wegen eines Freizeitunfalles oder aber wegen eines Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit handelt.

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (VfSlg. 9524), daß es auch der Gleichheitsgrundsatz an sich zuläßt, daß auch die Praktikabilität des Gesetzes in Rechnung gestellt wird, soferne nicht anderen Überlegungen, die gegen ein Gesetz sprechen, größere Bedeutung beizumessen ist, als den verwaltungsökonomischen Überlegungen; diese Einschränkung trifft aber nach Auffassung der SVB gerade im vorliegenden Fall nicht zu.

Die Höhe des Mehraufwandes kann zwar betragsmäßig nicht genau bekanntgegeben werden, sie ist jedoch sicherlich sehr erheblich. Dies ergibt sich schon daraus, daß (Beilage III) jährlich rund 20.000 Arbeitsunfälle anerkannt werden und bei einer Eliminierung des §192 ASVG mit höchster Wahrscheinlichkeit die Zahl der gemeldeten Unfälle steigen würde, da dann ein höherer Anreiz bestünde, auch in Bagatellunfällen den 20-%igen Selbstbehalt für die Kosten der nichtstationären Behandlung geltend zu machen.

Dieser Mehranfall könnte in etwa mit jenem Ausmaß verglichen werden, um das die Zahl der gemeldeten und anerkannten Arbeitsunfälle in der zweiten Jahreshälfte 1966 (Inkrafttreten der leistungsrechtlichen Bestimmungen der Bauernkrankenversicherung mit 1. April 1966 - B-KVG) zurückging, da Grund zur Annahme besteht, daß seit diesem Zeitpunkt Bagatellunfälle nicht mehr so oft gemeldet wurden, weil die damit verbundenen Aufwendungen ohnehin von der bäuerlichen Krankenversicherung zum Großteil abgedeckt wurden. Die Zahl der gemeldeten und anerkannten Arbeitsunfälle ist jedenfalls (Beilage IV) gegenüber 1965 um rund 25 % gesunken. Der mit einem neuerlichen Ansteigen der Meldungen verbundene Verwaltungsmehraufwand könnte überschlagsmäßig etwa mit demselben Prozentsatz angenommen werden.

Eine nach den für 1989 erfaßten Daten vorgenommene Berechnung ergibt folgendes:

    Verwaltungsaufwand UV insgesamt               147,3 Mio S

    abzüglich Verwaltungaufwand für den

    Bereich des Beitragswesens UV                  39,3 Mio S

    Verwaltungskosten für den Leistungsbereich

    UV daher                                      108,0 Mio S

    Anzahl der anerkannten Versicherungsfälle     S 19.659,--

    Verwaltungskosten je Versicherungsfall rund   S  5.494,--

    Verwaltungsmehrkosten im Leistungsbereich UV     27 Mio S

    (unter der Annahme, daß sich die Zahl der

    anzuerkennenden Versicherungsfälle um 25 %

    erhöht).

Dem Betrag von 27 Mio S liegt ausschließlich der 'normale' Verwaltungsaufwand zugrunde, der sich aus der Bearbeitung der Unfallanzeige bis zur Feststellung des Arbeitsunfalles ergibt. Nicht berücksichtigt ist hiebei jener zusätzliche Verwaltungsaufwand unter der Annahme einer Leistungspflicht der Unfallversicherung ab Eintritt des Versicherungsfalles, welcher diesfalls darüberhinaus noch anfällt (hier wird auf die Ausführungen zu Pkt. 4.2 hingewiesen).

4.2. Das Ergebnis stellt sich wie folgt dar:

4.2.1. Kosten der nichtstationären (ambulanten) Behandlung im

1. oder 2. Monat nach dem Unfall

4.2.1.1. Stichprobenergebnisse

            Arbeits-  Anteil     ambulante Kosten    Selbstbehalt

            unfälle   in %     gesamt    DS pro Unf.  =Restkosten

Alle Unfälle    962   100,00   ---          ---       ---

Unf. mit Kosten 380    39,5    395.416,94   1.140,57  63.771,04

95%-Vertrauens-

bereich (+-Punkte/S)  +-3,1    ---          +-135,00

ambulante Beh.  136    14,1     74.497,63     562,48  14.845,90

ärztl. Hilfe    269    28,0    231.223,52     859,57  42.822,16

Heilmittel      104    10,8     31.605,50     303,90   2.687,90

Heilbehelfe       1     0,1         56,00      56,00  ---

Transporte       19     2,0     22.481,99   1.183,26   1.707,98

Fahrtkosten      42     4,8     33.552,30     798,86   1.707,10

Summe=Gesch.f.  571   ---

Durchschnittliche Geschäftsfälle pro Fall:                 1,5

Durchschnittliche Kosten pro Geschäftsfall:            S 692,00

Durchschnittliche Restkosten pro Geschäftsfall:        S 111,70

4.2.1.2. Hochrechnung

Unter der Annahme, daß mit einer Erhöhung der Meldetätigkeit zu rechnen ist, wird die Hochrechnung auf der Basis von 25.000 Arbeitsunfällen vorgenommen. Die Zahl 25.000 ergibt sich aus der auf 20.000 gerundeten Anzahl der anerkannten Arbeitsunfälle für 1989, erhöht um 25 % (vgl. die Ausführungen zu Punkt 4.1.).

Grundgesamtheit der Arbeitsunfälle          25.000

Unfälle mit ambulanten Kosten im 1. oder 2. Monat

- Durchschnitt 39,5 %                9.875

- Minimum      36,4 %                9.100

- Maximum      42,6 %               10.650

Durchschnittliche ambulante Kosten pro Fall

- Durchschnitt                                      S 1.040,57

- Minimum                         S   890,57

- Maximum                         S 1.190,57

Gesamte ambulante Kosten im 1. oder 2. Monat

- Durchschnitt                                  S 10,300.000,00

- Minimum                         Mio S  8,1

- Maximum                         Mio S 12,7

Geschäftsfälle insgesamt ca.                14.800

(9.875 x 1,5)

4.2.2. Selbstbehalt der nichtstationären (ambulanten) Kosten

Gesamte Restkosten (= Selbstbehalt)

bei 25.000 Arbeitsunfällen

(111,70 öS x 14.800) Mio S 1,7

4.2.3. Verwaltungaufwand

Wie unter Punkt 2. bzw. 4.1. bereits ausgeführt, kann mit dem herkömmlichen Verwaltungsaufwand/Fall nicht das betragsmäßige Auslangen gefunden werden, da dieser unter der Annahme der bestehenden Rechtslage (sohin eines Anspruches auf Unfallheilbehandlung erst mit Beginn des dritten Monats) erfolgt. Der bislang bereits gegebene Verwaltungsaufwand von S 5.494,-- muß folglich noch um jene Kosten erhöht werden, welche durch zusätzliche Kleinerhebungen bei Bagatellunfällen anfallen! Hiebei handelt es sich um die Refundierung des 20%igen Selbstbehaltes für jene Leistungen, welche der Versicherte infolge des verspäteten Einsetzens der Leistungspflicht der Unfallversicherung in den ersten beiden Monaten aus der Krankenversicherung bezieht. Infolge der Zeitspanne, welche notwendigerweise bis zur definitiven Anerkennung des Arbeitsunfalles vergehen muß, kann die besagte Refundierung erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die Leistungsabrechnung mit den Vertragspartnern aus der Krankenversicherung bereits abgeschlossen ist. Jeder Leistungsfall und sei es nur die Refundierung der Rezeptgebühr für ein aus Anlaß des Arbeitsunfalles bezogenes Heilmittel, bedarf daher einer mühevollen Kleinarbeit, um die Voraussetzungen für die Refundierung zu schaffen.

Der diesbezüglich erforderliche zusätzliche Arbeitsaufwand (amtswegiges Heraussuchen der Fälle, gesonderte Anweisungen, Beurteilung der Kausalität) für die gesonderte Behandlung der Restkosten wurde mit einer Stunde pro Geschäftsfall veranschlagt.

Anzahl der Geschäftsfälle             14.800

1. Arbeitsstunde von C2/10                         S 184,00

(S 22.119,20 + AGA + S 3.687,00 f. SZ + AGA

+ 4,5 % FBF = S 31.916,50 : 173,2)

= Zusätzlicher Verwaltungsaufwand              Mio S   2,7

    4.2.4. Gegenüberstellungen

_________________________________________________________________

                       Gesamt                  pro Geschäftsfall

                     in Mio . S                      in S

_________________________________________________________________

Mehraufwand für

Leistungen             1,7                        111,70

Mehraufwand für

Verwaltung             2,7                        184,00

Gesamt                 4,4                        295,70

                       ===                        ======

_________________________________________________________________

Setzt man folglich den errechneten Mehraufwand für Leistung und Verwaltung in Relation, so steht einer Erbringung an Leistung von S 100,00 ein Verwaltungsaufwand von S 159,00 alleine nur in bezug auf die Restkostenrefundierung gegenüber !!! Im übrigen zeigt ein Vergleich des mit S 111,70 errechneten Mehraufwandes für Restkosten pro Geschäftsfall mit jenen streitgegenständlichen S 70,14 im Anlaßfall zu 10 Ob S 381/90 recht deutlich, daß die Wahrscheinlichkeit der angestellten Hochrechnung sehr hoch angesetzt werden muß, da der Fall Gerstberger viele typische Merkmale aufweist, aus denen auf die gleichartige Lagerung hinkünftiger Einzelfälle geschlossen werden kann.

Als Ergebnis muß folglich der aus einer allfälligen Aufhebung des §192 ASVG hinkünftig resultierende zusätzliche Verwaltungskostenaufwand mit einem Betrag von ca. 30 Mio Schilling (!) veranschlagt werden. Die dazu korrespondierende aus der Sicht der Versicherten zu erwartende 'Leistungsverbesserung' steht hiezu in keinem Verhältnis, sodaß auch aus diesem Blickwinkel die Verfassungskonformität der bestehenden Rechtslage bejaht werden muß.

4.3. Nach den vorhandenen Unterlagen besteht jedenfalls Grund zur Annahme, daß der Verwaltungsmehraufwand (siehe Punkt 3.1.) in keinem Verhältnis zu den den Versehrten zu ersetzenden Leistungen (siehe Punkt 3.2.) stünde, die Versichertengemeinschaft aber vermutlich in einem Ausmaß belastet würde, daß eine ausgeglichene Gebarung nicht mehr zu erwarten wäre. Die SVB wäre daher gezwungen, zunächst bei den freiwilligen Leistungen (besondere Unterstützung nach §196 ASVG, Leistungen aus dem Unterstützungsfonds und Leistungen im Rahmen der sozialen Maßnahmen der Rehabilitation) Einschränkungen vorzunehmen.

Allerdings ist die Möglichkeit in der Unfallversicherung im allgemeinen und in der bäuerlichen Unfallversicherung im besonderen von vornherein sehr begrenzt, da hier im Jahr 1989 die Aufwendungen für besondere Unterstützung nur 2,68 Mio S, für Leistungen aus dem Unterstützungsfonds 0,30 Mio S und für soziale Maßnahmen der Rehabilitation 1,57 Mio S betragen haben. Da eine völlige Einstellung der freiwilligen Leistungen nicht in Frage kommt, würde das Einsparungspotential auf diesem Gebiet keinesfalls ausreichen, den durch eine etwaige Eliminierung des §192 ASVG entstehenden Mehraufwand abzudecken, sodaß die zu erwartenden Ausfälle wohl nur durch Änderungen im Beitragsrecht wettgemacht werden könnten. Für letzteres spricht im übrigen auch die Tatsache, daß in der bäuerlichen Unfallversicherung in den Jahren 1988 und 1989 lediglich Mehrerträge von rund 29 Mio S erzielt werden konnten, wie folgende Aufstellung zeigt:

1988:

    Aufwendungen ....................     986,32 Mio S

    Erträge .........................   1.015,88 Mio S

    Mehrertrag ...................... +    29,56 Mio S

    1989:

    Aufwendungen ....................   1.017,71 Mio S

    Erträge .........................   1.046,80 Mio S

    Mehrertrag ...................... +    29,09 Mio S

    1990:

    Aufwendungen ....................   1.075,82 Mio S

    Erträge .........................   1.065,70 Mio S

    Mehraufwand ..................... -    10,12 Mio S

    1991: Voranschlag

    Aufwendungen ....................   1.136,08 Mio S

    Erträge .........................   1.097,93 Mio S

    Mehraufwand

Die genannten Mehrerträge der Jahre 1988 und 1989 mögen zwar auf den ersten Blick beachtlich erscheinen, tatsächlich sind sie es aber keineswegs, da ein Vergleich mit den Aufwendungen in diesen Jahren zeigt, daß sie praktisch nur eine Leistungsreserve für 10 Tage darstellen und - bei Wegfall des §192 ASVG und den oben geschilderten Konsequenzen - allein durch die damit verbundene Steigerung der Verwaltungskosten (siehe die Aufstellung in Punkt 3.1.) fast erreicht werden.

Die negative Gebarung des Jahres 1990 ist auch in den bekannten Windwurfkatastrophen im Winter 1989/1990 begründet, welche vermehrten Arbeitseinsatz und erhöhtes Unfallrisiko mit sich gebracht haben; auch im Jahre 1991 muß mit einer negativen Gebarung gerechnet werden.

Da gerade bei durch gesetzliche Anordnung gebildeten Riskengemeinschaften der Gesetzgeber eine besonders ökonomische Verwendung der Mittel fordert und diese durch die Aufhebung des §192 ASVG in Frage gestellt wäre, erscheint die Beibehaltung dieser Bestimmung und die dadurch normierte primäre Leistungspflicht der Krankenversicherung für die ersten beiden Monate einer arbeitsunfallbedingten Unfallheilbehandlung zumindest für den Bereich der bäuerlichen Unfallversicherung sachlich gerechtfertigt und verfassungsmäßig unbedenklich. Dies umsomehr, wenn - wie dies durch die Satzung der SVB geschehen ist - die normalerweise besonders hohen Kosten einer unfallbedingten stationären Behandlung den Versehrten nicht treffen, sondern zur Gänze von der SVB getragen werden."

II. Die Gesetzesprüfungsanträge sind nur zulässig, soweit sie die Wortfolge ", die gemäß den §§3 und 11 Abs1 Z1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes Unfallversicherten" betreffen. Die Verordnungsprüfungsanträge sind im Ergebnis insgesamt unzulässig.

Die Anlaßfälle betreffen Kläger, die nach §3 BSVG in der Unfallversicherung pflichtversichert sind. Das Verfahren hat zwar nichts ergeben, was daran zweifeln ließe, daß der Oberste Gerichtshof bei Entscheidung über die Revisionen §192 ASVG anzuwenden hätte. Er hätte diese Gesetzesstelle aber nur insoweit anzuwenden, als sie die nach §3 BSVG Unfallversicherten betrifft. Für den Fall des Zutreffens seiner Bedenken müßte sich die Aufhebung daher auf jene Wortfolge beschränken, welche die in §192 ASVG angeordnete Rechtsfolge auf die nach §3 BSVG Unfallversicherten erstreckt. Wegen des sprachlichen Zusammenhanges ist dies die auf die §§3 und 11 Abs1 Z1 BSVG verweisende Wortfolge. Nach ihrer Entfernung bliebe in §192 eine vollständige und für das antragstellende Gericht nicht präjudizielle Regelung bestehen. In bezug auf diesen Teil sind daher die Anträge unzulässig (vgl. VfSlg. 9936/1984, G236/89 vom 3. März 1990 und G146/90 vom 12. Oktober 1990).

Was die Verordnungsprüfungsanträge betrifft, so geben die Anträge des Obersten Gerichtshofes Teile des §32 der Satzung in der ab 1. Mai 1987 gültigen Fassung wieder, führen aber - offenbar in Anbetracht der dem Verfassungsgerichtshof eingeräumten Möglichkeit, in gewissen Fällen die ganze Verordnung aufzuheben (Art139 Abs3 B-VG) - nicht näher an, welche Bestimmungen aus welchen Gründen anwendbar sein sollen und welches die einschlägigen Teile der früheren Fassung sind. Da es sich bei den Klägern (arg. "Kostenanteile", "Selbstbehalt") offenbar um Personen handelt, die nach dem BSVG auch krankenversichert sind und ambulante Behandlung in einer von Abs1 Z1 nicht erfaßten Anstalt erfahren haben, wäre vielleicht Abs1 Z2 anzuwenden (wobei eine Aufhebung der Worte "bei stationärer Behandlung" ein gesetzmäßiges Ergebnis herbeiführen würde) und, was die Fahrtkosten betrifft, Abs2 (wo die Worte "nach Abs1 Z1" dem Klagebegehren im Wege stehen). Es ist aber offenkundig ausgeschlossen, daß auf Zeiträume im Jahre 1984 und 1986 die Satzung in einer Fassung anzuwenden wäre, die ab 1. Mai 1987 wirksam ist. Andrerseits ist nicht zu sehen, welcher Teil des §32 in der Fassung bis zum 30. April 1987 anzuwenden sein sollte. Die Akten lassen nicht erkennen, daß die Sachverhalte im Verfahren jemals an der alten Fassung gemessen worden wären. Die noch am ehesten in Betracht kommende Stelle in Abs1 Z2 (alt), in der nur die Voraussetzung des Fehlens einer Krankenversicherung entfernt werden müßten, scheidet schon deshalb aus, weil die dazu parallele Bestimmung der neuen Fassung (Abs1 Z2 litc) in den Anträgen garnicht wiedergegeben ist, also dem Obersten Gerichtshof selbst offenbar als nicht anwendbar erscheint. Es ist aber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes zu untersuchen, ob und inwiefern welche angegriffene Norm dennoch für das antragstellende Gericht präjudiziell sein könnte.

Die Anträge entsprechen insoweit nicht den Bestimmungen des §57 VerfGG und sind daher zurückzuweisen.

III. Im zulässigen Umfang sind die Anträge unbegründet. §192 ASVG verletzt nicht das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung.

1. Auszugehen ist von der im §191 ASVG verankerten Subsidiarität der Unfallversicherung im Verhältnis zur Krankenversicherung. Die Leistungszuständigkeit zwischen diesen beiden Versicherungszweigen ist derart abgegrenzt, daß zunächst die Krankenversicherung leistungspflichtig wird und die Unfallversicherung - sofern sie die Leistungserbringung nicht aus Gründen der Zweckmäßigkeit an sich zieht - nur eingreift, wenn der Versicherte nicht krankenversichert ist oder die Krankenversicherung eine entsprechende Leistung nicht erbringt.

In der Bauernkrankenversicherung kommen als Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit die Krankenheilbehandlung, die Hauskrankenpflege und erforderlichenfalls die Anstaltspflege in Betracht (§75 Z2); die Krankenbehandlung umfaßt ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe (§83 Abs1). Die Leistungen der Krankenbehandlung werden, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, als Sachleistungen erbracht (§83 Abs2 Satz 3). Anstelle der Sachleistung der ärztlichen Hilfe kann die Satzung unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenerstattung vorsehen (§85 Abs1 Satz 2). Im Falle der Notwendigkeit der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe ist der Ersatz der Reise(Fahrt)kosten nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren; bei Festsetzung des Ausmaßes des Kostenersatzes ist auf die örtlichen Verhältnisse, auf den dem Versicherten bei Benutzung des billigsten öffentlichen Verkehrsmittels erwachsenden Reisekostenaufwand und auf §80 Bedacht zu nehmen (§85 Abs4).

Bei Sachleistungen hat der Versicherte nämlich nach §80 Abs2, soweit nichts anderes bestimmt ist, 20 v.H. der dem Versicherungsträger erwachsenden Kosten als Kostenanteil zu ersetzen; Kostenzuschüsse werden in der Regel bei Fehlen vertraglicher Regelungen über die Vergütung der Leistungen der Vertragspartner (nach Maßgabe näherer Bestimmungen) gewährt; auch sie dürfen 80 v.H. der dem Versicherten tatsächlich erwachsenden Kosten nicht übersteigen.

In der Unfallversicherung sind gemäß §3 Abs1 BSVG die in §2 Abs1 Z1 bezeichneten und nach dieser Gesetzesstelle kranken- und pensionsversicherten Personen (Z1) und deren Angehörige versichert, wenn sie in deren Betrieb tätig sind (Z2); aus dem Kreis dieser Angehörigen sind Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder, die im Betrieb hauptberuflich beschäftigt sind, gemäß §2 Abs1 Z2 gleichfalls kranken- und pensionsversichert. Der den Betrieb nicht auch mit führende (oder von einem anderen mit für sich führen lassende) Ehegatte und die bloß (nebenberuflich) mittätigen Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder, sofern sie nicht ohnehin einer eigenen krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, erhalten in der Regel die für sie als Angehörige nach §78 BSVG gewährten Leistungen, und die Eltern, Großeltern, Wahl-, Stief- und Schwiegereltern sind häufig als Bezieher einer Pension nach §4 Z1 BSVG krankenversichert. §11 BSVG ermöglicht bestimmten in der Unfallversicherung nicht pflichtversicherten selbständig Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft und im Betrieb tätigen Angehörigen die Selbstversicherung in der Unfallversicherung.

Im Bereich der hier insgesamt in Rede stehenden Riskengemeinschaft der nach dem BSVG Unfallversicherten gibt es also neben Kranken- und Unfallversicherten auch eine kleine Gruppe von Personen - im wesentlichen die keine Pension beziehenden Eltern, Großeltern, Wahl-, Stief- und Schwiegereltern und nur nebenberuflich mittätige großjährige Kinder, Enkel, Wahl-, Stief- und Schwiegerkinder -, die in Ermangelung einer anderweitigen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nur unfallversichert sind. Wie die Verhandlung ergeben hat, spielt diese Gruppe in der Praxis so gut wie keine Rolle.

Beiden Gruppen ist freilich gemeinsam, daß eine auch nur subsidiär leistungszuständige Unfallversicherung gleichwohl immer (zumindest teilweise) von Beginn an zum Zuge käme. Während nämlich im Bereich des ASVG die Subsidiarität der Unfallversicherung im Ergebnis dazu führt, daß sie nur für die Langzeitfolgen oder die fehlende Krankenversicherung eintritt, müßten im Bereich der Bauernversicherung - wegen des Selbstbehaltes - ausnahmslos sogleich (Teil)Leistungen erbracht werden.

2. Eben das soll aber nach §192 ASVG nicht der Fall sein. Er verhindert, daß der in der Bauernkrankenversicherung bestehende Selbstbehalt durch die Unfallversicherung übernommen wird, und beschränkt die nach §3 BSVG bloß Unfallversicherten auf jene Heilbehandlung (und sonstige Leistung), die auch zwei Monate nach dem Unfall noch erforderlich ist. Damit nimmt er zwecks Wahrung der Subsidiarität der Unfallversicherung auf die unterschiedliche Gestaltung der Krankenversicherung Bedacht und verhindert, daß deren Leistungsbeschränkung durch ein - wenngleich subsidiäres Eingreifen der Unfallversicherung durchkreuzt wird, indem an die Stelle des Selbstbehaltes (arg. "... soweit ... nicht") eine teilweise Kostentragung durch die Unfallversicherung tritt, oder durch eine Beschränkung der Karenz auf Krankenversicherte die bloß Unfallversicherten bessergestellt werden als die auch Krankenversicherten. Die Nebenfolgen eines solchen Effektes hat die beteil

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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