TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 94/18/0077

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §7 Abs1;
FrG 1993 §83 Z2 lita;
FrG 1993 §89 Abs2;
FrPolG 1954 §14c Z2 lita;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Oktober 1993, Zl. SD 367/93, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Oktober 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 2 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer Ende 1989 nach Österreich gekommen, um hier zu studieren. Im Sommer 1990 sei er in Oberösterreich beim Handel mit Bildern betreten worden. Er habe sein Reisedokument in Wien gelassen und sich daher nicht damit ausweisen können. Er sei deswegen in der Folge bestraft worden. Im August 1991 sei er in Niederösterreich wiederum kontrolliert worden. Er habe seinen Reisepaß nicht vorweisen können, weil er ihn in Wien gelassen hätte. In diesem Falle sei es - offenbar aufgrund eines Versehens - nicht zu einer Bestrafung gekommen. Im April 1992 sei er neuerlich in Oberösterreich beim Handel mit Bildern beanstandet worden. Er habe abermals seinen Reisepaß nicht bei sich gehabt und behauptet, nicht gewußt zu haben, daß er dazu verpflichtet sei. Wegen dieses Verhaltens sei er wieder bestraft worden. Ein am 29. Oktober 1992 im Wege seines Vertreters eingebrachter Sichtvermerksantrag, mit dessen Erledigung der Beschwerdeführer vor dem am 30. Oktober 1992 erfolgten Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Sichtvermerkes nicht habe rechnen können, sei später abgewiesen worden. Am 22. Jänner 1993 sei der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt worden, daß die Behörde die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtige. Mitte März 1993 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Er halte sich jedenfalls unerlaubt in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer sei zweimal gemäß § 14c Z. 2 lit. a in Verbindung mit § 2 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes bestraft worden. Diese Übertretungen seien auch gemäß § 83 Z. 2 FrG strafbar. Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, die auch nach dem Fremdengesetz strafbar seien, das gleiche Gewicht hätten. Die stetige Wiederholung der gleichartigen Tat lasse erkennen, daß der Beschwerdeführer nicht bereit sei, sich den speziell für Fremde geltenden Bestimmungen, die ein geordnetes Fremdenwesen sicherstellen sollen, zu unterwerfen. Es zeige sich damit deutlich, daß sein Verhalten öffentlichen Interessen, wie sie im Art. 8 Abs. 2 MRK genannt seien, nämlich die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, zuwiderlaufe. Den Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers betreffend sei zu bedenken, daß ihm vor vier Jahren gestattet worden sei, in Österreich zu studieren, weil auch sein Unterhalt durch seine Eltern gesichert gewesen sei. Tatsächlich habe das Verhalten des Beschwerdeführers gezeigt, daß er sich nicht allein seinen Studien gewidmet habe, sondern auch einem Erwerb nachgegangen sei. Die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin habe er erst geschlossen, als er bereits gewußt habe, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Der Eingriff falle daher nicht relevant ins Gewicht. Jedenfalls erscheine aber auch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nunmehr zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, nämlich Verteidigung der Ordnung, d.h. Fremde vom weiteren Aufenthalt in Österreich auszuschließen, die nicht bereit seien, sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten, dringend geboten. Angesichts des bisherigen Zweckes des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner Ehe ergebe sich keineswegs ein beträchtliches Maß an Integration. Den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers komme keine so schwerwiegende Bedeutung zu, wie den öffentlichen Interessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist nach den in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zweimal wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes rechtskräftig bestraft worden. Er bekämpft die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde, daß aufgrund der zwei rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei. Nach Auffassung der Beschwerde sei es "fremdengesetz-widrig", daß Verstöße gegen das Fremdenpolizeigesetz bei der Anwendung des Fremdengesetzes als "Übertretungen dieses Gesetzes, nämlich des Fremdengesetzes" zu gelten hätten.

Diese Auffassung des Beschwerdeführers ist im Hinblick auf die gleichartige Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens nach dem Fremdenpolizeigesetz (§ 14c Z. 2 lit. a) und nach dem FrG (§ 83 Z. 2 lit. a) in Zusammenhalt mit der in der Verweisungsbestimmung des § 89 Abs. 2 FrG zum Ausdruck gebrachten Gleichwertigkeit der Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes und der entsprechenden Bestimmungen des FrG, verfehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0318). Die zwei Bestrafungen nach dem Fremdenpolizeigesetz entsprechen daher solchen nach dem Fremdengesetz. Bei einer Übertretung dieses Gesetzes kommt es gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG nicht auf die angedrohte Höchststrafe an. Der Auffassung des Beschwerdeführers, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG werde nur durch die rechtskräftige Bestrafung wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen verwirklicht, steht der klare Gesetzeswortlaut entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt die mehr als einmal erfolgte rechtskräftige Bestrafung wegen eines der im § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG genannten Gesetze jedenfalls den Tatbestand dieser Bestimmung (vgl. auch hiezu das vorzitierte Erkenntnis vom 30. September 1993, sowie die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0534, und vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0017). Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG aufgrund der zwei rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes erfüllt sei, ist demnach nicht rechtswidrig. Wenn die belangte Behörde weiters davon ausgegangen ist, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme (hier: in bezug auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung) gerechtfertigt und auch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Wahrung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Interessen dringend geboten (§ 19 FrG) sei, kann ihr entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten werden: Durch die mehrfachen Verstöße des Beschwerdeführers gegen fremdenrechtliche Vorschriften wird das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß sich in der Wiederholung des gleichartigen rechtswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers seine mangelnde Bereitschaft, die für ihn maßgebenden Vorschriften einzuhalten, manifestiert. Dazu kommt, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers entgegen seiner Auffassung mit Ablauf des 30. Oktober 1992 unrechtmäßig ist. Daß er auch seit diesem Zeitpunkt im Besitz eines österreichischen Sichtvermerkes gewesen sei, wurde von ihm nicht behauptet. Sein Hinweis, daß er gegen den seinen Antrag vom 29. Oktober 1992 auf Erteilung eines Sichtvermerkes abweisenden Bescheid eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil weder die Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes noch die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen einen einen solchen Antrag abweisenden Bescheid die Rechtswirkungen eines Sichtvermerkes zu verschaffen mag.

Die Beschwerde erachtet auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig. Der Beschwerdeführer führt dabei ins Treffen, daß er sich das fünfte Jahr in Österreich aufhalte und seit 9. März 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Als Inhaber eines Befreiungsscheines arbeite er regelmäßig und offiziell.

Der Beschwerdeführer vermag damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer hielt sich seit Ende 1989 bis 30. Oktober 1992 rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Daraus ist noch kein hoher Grad an Integration abzuleiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0595). Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Eheschließung keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich hatte, durfte er auch nicht damit rechnen, allein aufgrund der Eheschließung und des daraufhin erteilten Befreiungsscheines in Österreich bleiben zu können, weshalb auch seiner Ehe und der in der Folge aufgrund des Befreiungsscheines aufgenommenen Tätigkeit im Rahmen der Interessenabwägung keine entscheidende Bedeutung zukommt. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Diese sind von großem Gewicht, weshalb nicht davon auszugehen ist, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, daß er mit seiner nunmehrigen Gattin seit 1990 befreundet und seit 1991 zur Ehe entschlossen gewesen sei, und die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes wiegen entgegen der Auffassung der Beschwerde keineswegs schwerer als die erheblichen öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes.

Der Verfahrensrüge ist aufgrund dieser Ausführungen der Boden entzogen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen (zur Zl. AW 94/18/0041 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180077.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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