Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Jänner 1994, Zl. SD 812/93, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Jänner 1994 wurde gemäß § 54 Fremdengesetz (FrG) festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, in Nigeria gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 3. Dezember 1991 sei rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, er sei Katholik. Als er am 14. Oktober 1991 an einem Gottesdienst teilgenommen habe, sei die Kirche von bewaffneten Moslems überfallen worden. Einige Tage später sei der Supermarkt seiner Mutter von Moslems in Brand gesetzt worden. Dabei seien die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers von Moslems mißhandelt worden. Da er seine Familie verteidigt habe, hätten die Moslems gedroht, ihn zu ermorden. Die Polizei in Nigeria sei nicht in der Lage, die Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems zu unterbinden. Von einem Freund habe er erfahren, daß Moslems intensiv nach ihm suchten. Deshalb habe er sich zur Flucht aus seinem Heimatstaat entschlossen. Eine Rückkehr nach Nigeria habe eine Gefahr für seine Familie, vielleicht sogar für sein Leben zur Folge.
Bei der Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen gewesen, daß in Nigeria die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt sei. Christen würden wegen ihres Glaubens nicht verfolgt. Der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, konkreten und individuellen Verfolgungshandlungen durch die Behörden seines Heimatlandes ausgesetzt gewesen zu sein. Seinen Angaben sei auch nicht zu entnehmen, daß er auch nur den Versuch unternommen habe, sich unter den Schutz des Staates zu stellen, um den angeblichen Drohungen der Moslems zu entgehen. Eine allfällige Bedrohung des Lebens durch Moslems könne auch nicht als mittelbare staatliche Verfolgung gewertet werden, da es sich dabei um Übergriffe von Einzelpersonen oder Gruppen handle, die sich nicht als vom Staat initiierte oder geduldete Verfolgungshandlungen darstellten. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, die nigerianische Polizei sei nicht in der Lage gewesen, ihn zu schützen, sei nicht geeignet, eine Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG darzutun.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist.
Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Zufolge des § 37 Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).
2. Soweit der Beschwerdeführer meint, "hinsichtlich der Gefährdung und Bedrohung gemäß § 37 FrG" sei es nicht relevant, ob diese sich als unmittelbare oder auch nur mittelbare staatliche Verfolgung darstelle oder nicht, ist ihm die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die Anwendung der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 und 2 FrG voraussetzt, daß die dort umschriebene Gefahr oder Bedrohung für den Fremden vom Staat ausgeht. Eine Bedrohung, die - ohne Billigung durch staatliche Stellen - nur von Privatpersonen ausgeht, ist nicht geeignet, diese Tatbestände zu erfüllen (siehe dazu die Erkenntnisse vom 11. März 1993, Zl. 93/18/0083, vom 8. Juli 1993, Zlen. 93/18/0283, 0284, und vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0381). Daß Christen in Nigeria wegen ihrer Religion vom Staat nicht verfolgt werden, wird in der Beschwerde ausdrücklich zugestanden.
3. Selbst wenn man im Sinne des Beschwerdeführers den Fällen der vom Staat ausgehenden oder von ihm gebilligten Bedrohung jene Fälle gleichstellt, in denen der Staat nicht in der Lage ist, Verfolgungen einer bestimmten Gruppe durch andere zu verhindern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1986, Slg. Nr. 12.005/A), ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil Verhältnisse, wie sie dem zitierten Erkenntnis zugrundegelegen sind, im Falle des Beschwerdeführers nicht gegeben sind. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, daß eine Gefahr oder Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG für den Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat nicht anzunehmen ist.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180082.X00Im RIS seit
20.11.2000