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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des PI in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 7. Juli 1993, Zl. St 72-2/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Nigeria, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 in Verbindung mit den §§ 19 und 20 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der 21-jährige Beschwerdeführer von Holland kommend auf dem Luftwege am 21. Jänner 1991 nach Österreich gelangt sei. Sein Asylantrag sei mit Bescheid vom 5. Juni 1991 rechtskräftig abgewiesen worden. Wegen der in der Zeit vom 9. bis zum 12. Juni 1992 begangenen Betrügereien mit einer auf einen fremden Namen lautenden Kreditkarte sei der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft genommen und am 26. November 1992 vom Kreisgericht Wels wegen des Vergehens nach den §§ 12, 146, 147 Abs. 2, 148 und 15, 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt worden. Durch diese Verurteilung sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG hergestellt, sodaß aufgrund unwiderleglicher Rechtsvermutung die Annahme gerechtfertigt sei, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers insbesondere die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde. Durch den Umstand, daß der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsangehörigen seit 10. Oktober 1991 verheiratet sei, einer Beschäftigung nachgehe und bei einem Fußballklub mitspiele, werde durch das Aufenthaltsverbot in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zur Verteidigung der Ordnung scheine die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Nicht nur die Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Strafe und die mehrfache Begehung der Straftaten spreche dafür, sondern auch, daß der Beschwerdeführer nach einem Aufenthalt von nicht einmal eineinhalb Jahren straffällig geworden sei.
Was die familiären Bindungen des Beschwerdeführers betreffe, könne von solchen, zumindest von seiner Frau her, nicht mehr gesprochen werden. Sowohl vor der Bundespolizeidirektion Linz als auch im Berufungsverfahren habe die Gattin des Beschwerdeführers erklärt, zu ihm kein Vertrauen mehr zu haben. Sie habe die für den Beschwerdeführer abgegebene Verpflichtungserklärung zurückgezogen. Die Integration des Beschwerdeführers, insbesondere am Arbeitsplatz, scheine kaum gegeben. Zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme am 24. März 1993 sei der Beschwerdeführer arbeitslos gewesen. In dieser Niederschrift habe er ausgeführt, er hätte seit seiner Haftentlassung mehrmals versucht Arbeit zu finden. Er sei bei mehreren Firmen 1 bis 2 Tage beschäftigt gewesen. Warum er nicht länger beschäftigt worden sei, wisse er nicht. In der Berufung habe er eine Bestätigung vorgelegt, wonach er seit 13. April 1993 als Lagerarbeiter eingestellt worden sei. Mit Eingabe vom 14. Mai 1993 habe er eine Bestätigung vorgelegt, daß er seit 22. April 1993 bei einem anderen Unternehmen in "ungekündigter" Stellung sei.
Bei einer Aufenthaltsdauer von noch nicht einmal zweieinhalb Jahren, von denen allein 5 Monate in Untersuchungshaft verbracht worden seien, sei auch die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers noch nicht in einem Ausmaß berücksichtigungswürdig, daß dies die dem weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entgegenstehenden öffentlichen Interessen aufwiegen würde. Nach Auffassung der belangten Behörde seien, unter Berücksichtigung der Schwere der wiederholt begangenen Straftaten, die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht so schwerwiegend wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Das Aufenthaltsverbot sei daher im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
In der Beschwerde wird die von der belangten Behörde als maßgeblicher Sachverhalt angenommene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers nach den §§ 12, 146, 147 Abs. 2 und 148 StGB und nach den §§ 15, 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt auf 3 Jahre, nicht in Abrede gestellt; ebensowenig wird die rechtliche Beurteilung, daß durch diese Verurteilung der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht worden sei, bekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt weder gegen die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung noch gegen die Subsumtion rechtliche Bedenken.
Die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde, es sei die Annahme gerechtfertigt, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich insbesondere die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde, ist - im Ergebnis - ebenfalls nicht als verfehlt zu erkennen. Eine "unwiderlegliche Rechtsvermutung" für das Vorliegen der in § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme besteht nicht. Der Beschwerdeführer wurde dadurch, daß die belangte Behörde von einer solchen Rechtsvermutung ausging, in seinen Rechten nicht verletzt. Die belangte Behörde hatte vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache im Sinne des Abs. 1" (des § 18 FrG) auszugehen. Der genannten Verurteilung wegen des schweren gewerbsmäßigen Betruges kommt unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung öffentlicher Interessen schon für sich gesehen derart erhebliches Gewicht zu, daß sie nicht nur die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt, sondern auch das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer, dringend geboten erscheinen läßt. Daran vermag die Gewährung der bedingten Nachsicht eines Teiles der Strafe nichts zu ändern, weil die mit der Vollziehung des Fremdengesetzes betrauten Behörden diese Frage eigenständig zu beurteilen haben. Daß die Straftaten auf den Einfluß anderer Ausländer zurückzuführen seien, steht der Zulässigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Auch das (behauptete) Wohlverhalten seit der Haftentlassung am 27. November 1992 und das "ausdrückliche Beteuern" bei der Einvernahme am 1. April 1993, sich in Zukunft der österreichischen Rechtsordnung anzupassen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Umstände können in Anbetracht der Kürze des seither verstrichenen Zeitraumes und der Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Rechtsbrüche nicht entscheidend ins Gewicht fallen.
Die Beschwerde erachtet das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig. Der Beschwerdeführer macht hiezu geltend, daß er seit über zweieinhalb Jahren in Österreich wohne, mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei und mit dieser in aufrechter Lebensgemeinschaft lebe, seit April einer ständigen geregelten Beschäftigung nachgehe sowie Stammspieler des Fußballklubs H sei. Diese Umstände ließen erkennen, daß der Beschwerdeführer eine volle soziale Integration im Inland aufweise.
Diese Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Bereits die belangte Behörde hat darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer bei einer Aufenthaltsdauer von nicht einmal zweieinhalb Jahren allein 5 Monate in Untersuchungshaft verbracht habe. Im Hinblick auf die nach § 20 Abs. 1 FrG wesentlichen Kriterien der Dauer des Aufenthaltes und des Ausmaßes der Integration ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß dieser Aufenthalt in Österreich noch keinen hohen Integrationsgrad zu bewirken vermag. Daß seine Gattin österreichische Staatsbürgerin ist, vermag die Gewichtung der familiären Interessen nicht entscheidend zu beeinflussen. Darüber hinaus geht der Beschwerdeführer nach seinen Angaben erst nach einem Aufenthalt von mehr als 2 Jahren einer ständigen Beschäftigung nach und ist Spieler des Fußballklubs H. Diese Tätigkeiten werden seit Ende April 1993 ausgeübt, sohin bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides weniger als drei Monate lang. Von einer vollen sozialen Integration kann daher entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht gesprochen werden. Daß die belangte Behörde angesichts des großen Gewichtes der maßgeblichen öffentlichen Interessen (hier insbesondere jenen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer) die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie gegenüber den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung nicht als schwerer wiegend erachtet hat, begegnet keinen Bedenken. Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge ist somit der Boden entzogen.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993180394.X00Im RIS seit
11.07.2001