TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 93/18/0632

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der V in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 18. November 1993, Zl. St 236/93, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vertreter der Beschwerdeführerin stellte am 22. Oktober 1993 "im Hinblick auf die von meiner Mandantin im Falle ihrer Rückkehr nach Jugoslawien zu befürchtenden Nachteile" den Antrag auf Feststellung, daß stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in Jugoslawien aus Gründen des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Über diesen Antrag wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. November 1993 dahin abgesprochen, daß gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt werde, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in Jugoslawien (frühere SFRJ) gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei; ihre Abschiebung in "die frühere SFRJ" sei zulässig. In der Begründung verwies die Behörde darauf, daß die Beschwerdeführerin nicht angegeben habe, welches die von ihr im Falle einer Rückkehr nach Jugoslawien zu befürchtenden Nachteile wären. Aus ihrer "Asyleinvernahme" vom 22. November 1991 ergebe sich, daß sie aus Gründen der Familienzusammenführung nach Österreich gekommen sei. In ihrer Berufung gegen den negativen Asylbescheid habe sie ausgeführt, daß ihr Lebensgefährte zu fünf Jahren Haft verurteilt worden wäre. In ihrer Heimat sei sie mehrmals von der Polizei verhört worden, um den Aufenthaltsort ihres Lebensgefährten bekanntzugeben. Hiebei habe man ihr auch eine Haft angedroht. Bereits im (negativen) Asylbescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Februar 1993 werde hervorgehoben, daß die Beschwerdeführerin während ihres gesamten Asylverfahrens keine Umstände geltend gemacht habe, die unter das Asylgesetz 1991 zu subsumieren wären. Zusammenfassend gelangte die Behörde zu dem Ergebnis, daß das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht erkennen lasse, daß sie in Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß die Behörde "bei korrekter Vorgangsweise und Überprüfung der von ihr im Asylverfahren vorgetragenen Argumente" zu der Feststellung hätte gelangen müssen, daß ihr Feststellungsantrag berechtigt sei. Die Abweisung ihres Asylantrages rechtfertige für sich alleine nicht die Abweisung des Feststellungsantrages. Tatsächlich habe sie auch im Asylverfahren "Verfolgungssituationen" geltend gemacht, die die Annahme einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 bzw. 2 FrG rechtfertigten.

Dieser Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 und 2 FrG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend bestätigt, daß als "Jugoslawien (frühere SFRJ)" die "Bundesrepublik Jugoslawien" zu verstehen sei. In der Begründung bezeichnete die belangte Behörde die Ausführungen in dem im Asylverfahren ergangenen Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres, daß die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände geltend gemacht habe, die unter das Asylgesetz 1991 zu subsumieren wären, als zutreffend. Wenn aber derartige Verfolgungsakte nicht vorlägen, so fehlten auch stichhaltige Gründe, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (§ 37 Abs. 2 FrG). Umsoweniger seien aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin Gründe für die Annahme zu ersehen, daß sie Gefahr laufen würde, in ihrem Heimatstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung der von ihr (der Beschwerdeführerin) vorgetragenen Gründe zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, daß ihr Antrag berechtigt sei. Wenn sich die belangte Behörde mit einem Verweis auf die Ergebnisse des Asylverfahrens begnügt habe, so sei dies unzutreffend, da die Abweisung des Asylantrages keinesfalls automatisch die mangelnde Berechtigung des Feststellungsantrages nach den §§ 37 und 54 FrG bedeute. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Einerseits bleibt die Beschwerdeführerin jegliche Begründung für den Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der von ihr vorgetragenen Gründe schuldig, andererseits trifft die Behauptung, die belangte Behörde habe lediglich aufgrund der Abweisung des Asylantrages die Berechtigung des Feststellungsantrages verneint, nicht zu. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht klar hervor, daß die belangte Behörde das im Asylverfahren erstattete - oben wiedergegebene - Vorbringen der Beschwerdeführerin für nicht geeignet ansah, konkrete, der Beschwerdeführerin in ihrer Heimat - aktuell - drohende Verfolgungshandlungen aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Wenn die belangte Behörde daraus das Fehlen stichhaltiger Gründe für die in § 37 Abs. 2 FrG umschriebene Annahme ableitete, so begegnet dies keinen Bedenken. Auch die Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß das Vorbringen der Beschwerdeführerin keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer - aktuellen - Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG erkennen lasse, ist nicht zu beanstanden.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, daß die belangte Behörde nichts unternommen habe, um ihr Vorbringen im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG zu überprüfen und konkrete Erhebungen zur Menschenrechtssituation in ihrem Heimatland zu veranlassen. Hätte sie dies getan, hätte sich ergeben, daß die Beschwerdeführerin jedenfalls aufgrund der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland damit hätte rechnen müssen, inhaftiert und unmenschlich und erniedrigend behandelt oder gar gefoltert zu werden. Bei konkreten Erhebungen und Ermittlungen durch die belangte Behörde, zu denen diese aufgrund der Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsfeststellung auch verhalten gewesen wäre, hätte sich damit die Berechtigung ihres Antrages herausgestellt. Dem ist zu entgegnen, daß die belangte Behörde zu derlei Erhebungen nicht veranlaßt war, weil die Beschwerdeführerin entgegen der sie treffenden Verpflichtung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0381) - wie oben angeführt - konkrete Angaben über das Vorliegen stichhaltiger Gründe für die in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG umschriebenen Annahmen unterlassen hatte. Bei der gegebenen Sachlage kann auch von keinem der belangten Behörde unterlaufenen entscheidungswesentlichen Begründungsmangel die Rede sein.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180632.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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