TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/24 94/18/0103

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Veröffentlicht am 24.03.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §12;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1994, Zl. 100.220/2-III/11/93, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 18. Jänner 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines (seinen Angaben zufolge) Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, vom 23. August 1993 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz - AufG, BGBl. Nr. 466/1992, gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. iVm § 10 Abs. 1 Z.4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer in der Zeit von Oktober 1989 bis März 1993 viermal rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden sei (Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz wegen § 125 StGB; Urteil des Bezirksgerichtes Wels wegen § 88 Abs. 1 StGB; Urteil des Landesgerichtes Feldkirch wegen §§ 15, 127, 229 Abs. 1, 15, 105 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB; Urteil des Landesgerichtes Linz wegen § 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Abs. 1), § 295 StGB). Darüber hinaus weise der Beschwerdeführer dreizehn rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen auf (vier Verstöße gegen die StVO, acht gegen das KFG und einen gegen die KDV). Er sei am 12. Februar 1990 und am 28. Februar 1992 von der Behörde nachweislich aufgefordert worden, sich in Zukunft den österreichischen Rechtsvorschriften entsprechend zu verhalten, da ansonsten mit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes vorgegangen werde. Ungeachtet dessen habe er sich in der Folge die Mehrzahl der genannten Verwaltungsübertretungen und die der vierten gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten zuschulden kommen lassen. Dieser Sachverhalt rechtfertige die Annahme, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit i.S. des § 10 Abs.1 Z. 4 FrG gefährden würde.

Hinsichtlich der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde fest, daß er als kroatischer Staatsbürger jederzeit nach Kroatien zurückkehren könne; es bestehe auch kein Hindernis, daß ihn seine Ehegattin dorthin begleite. Er sei in arbeitsfähigem Alter und könne in Kroatien eine Beschäftigung aufnehmen. Daß sein Haus in Kroatien zerstört worden sei, habe der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben nur gehört. Aufgrund der lediglich kurzzeitigen Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich könne von einer Integration im österreichischen Arbeitsmarkt nicht gesprochen werden. Die Ansicht des Beschwerdeführers, er sei als De-facto-Flüchtling zu behandeln, sei verfehlt, da als solche nur Personen anzusehen seien, die von der "Verordnung zum § 12 AufG" erfaßt seien. Zusammengefaßt sei demnach den maßgeblichen öffentlichen Interessen Vorrang gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers einzuräumen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, fälschlich die Feststellung getroffen zu haben, daß der Beschwerdeführer kroatischer Staatsbürger sei und sein Haus in Kroatien liege. Die belangte Behörde habe ihm keine Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Hätte sie dies getan, so hätte der Beschwerdeführer darlegen können, daß er Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina sei und er sich aufgrund der dort herrschenden Kriegswirren in Österreich aufhalte. Diese Feststellungen wären wesentlich gewesen, da nach der Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese hätten verlassen müssen und vor dem 1. Juli 1993 eingereist seien, eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung (bis 30. Juni 1994) im Bundesgebiet hätten.

2.2. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Denn auch wenn der Beschwerdeführer nicht, wie im bekämpften Bescheid festgestellt, kroatischer Staatsbüger, sondern, wie in der Beschwerde behauptet, Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina wäre, käme ihm die vorübergehende Aufenthaltsberechtigung gemäß § 4 Abs. 1 und 3 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 402/1993 schon deshalb nicht zu, weil er seinen eigenen Angaben in der Beschwerde zufolge bereits im August 1989 in Österreich eingereist ist und sich seither hier aufgehalten hat, also zu einer Zeit in das Bundesgebiet gekommen ist, zu der in Bosnien-Herzegowina noch keine bewaffneten Konflikte stattfanden, folglich er nicht aus diesem Grund seine Heimat verlassen hat. Abgesehen von dieser unter dem Gesichtspunkt der genannten Verordnung gegebenen - hier, wie dargetan, nicht zum Tragen kommenden - Relevanz der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers entbehrt diese Frage der rechtlichen Bedeutsamkeit, da die Beurteilung, ob der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erfüllt ist oder nicht, unabhängig von der Frage der Staatsbürgerschaft wie im übrigen auch der Frage ist, ob und in welches Land er ausreisen wird.

3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der Gerichtshof der Auffassung, daß die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, der (weitere) Aufenthalt würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bedeuten, und sie diese Beurteilung auch hinreichend begründet hat. Schon der Hinweis auf die zahlreichen gerichtlich strafbaren Handlungen - die rechtskräftige Verurteilung ist im gegebenen Zusammenhang nicht wesentlich -, insbesondere die mehrfachen Verstöße gegen die körperliche Sicherheit Dritter und gegen fremdes Vermögen, bildet eine ausreichende sachverhaltsmäßige Grundlage für die im § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme. Daß die - unbestritten gebliebene - zweimalige Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall weiteren rechtswidrigen Verhaltens den Beschwerdeführer nicht veranlaßt hat, von der neuerlichen Begehung strafbarer Handlungen abzusehen, war zweifellos geeignet, die Berechtigung der behördlichen Annahme, der Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, zu unterstreichen.

4. Gleichfalls unbedenklich hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß die - bei Heranziehung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu berücksichtigenden - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, die nach den unwidersprochenen Feststellungen im bekämpften Bescheid ohnehin von nur geringem Gewicht sind, gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse zurückzustehen hätten.

5. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde zutreffend den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als verwirklicht angesehen hat, haftet der im Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgesprochenen Versagung einer Bewilligung nach diesem Gesetz keine Rechtswidrigkeit an.

Mangels Vorliegens der behaupteten Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180103.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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