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23/04 Exekutionsordnung;Norm
AbgEO §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des R in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Februar 1992, Zl. 7 - 48 Ke 15/28 - 1992, betreffend teilweise Ab- und teilweise Zurückweisung einer Vorstellung in einer Müllgebührenangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid vom 11. Jänner 1989 wurde dem Beschwerdeführer eine Müllbeseitigungsgebühr in der Höhe von insgesamt S 1.452,-- (Müllbeseitigungsgebühr S 1.320,--, 10 % Mehrwertsteuer S 132,--) vorgeschrieben. Infolge Nichtentrichtung und Vollstreckbarkeit dieser Abgaben wurde vom Bürgermeister der Marktgemeinde V der Rückstandsausweis vom 10. Juli 1990 über den Betrag von S 1.366,40 (S 1.320,-- Abgaben, S 46,40 Nebenansprüche) ausgestellt.
Gegen diesen Rückstandsausweis erhob der Beschwerdeführer "Berufung" mit der Begründung, die Marktgemeinde fordere für die Müllbeseitigung 1989 eine Abgabe von S 1.366,40, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Wie schon wiederholt in dieser Angelegenheit vorgebracht, bereichere sich die Marktgemeinde durch diese Vorgangsweise und handle somit rechtswidrig. Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den Rückstandsausweis dahingehend abzuändern, daß ein Gesamtrückstand mit Null festgesetzt werde.
Mit dem vom Bürgermeister unterschriebenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde vom 15. Oktober 1990 wurde der "Antrag aus der Berufung ..., den Rückstandsausweis vom 10.07.1990, ..., dahingehend abzuändern, daß ein Gesamtrückstand mit Null festgesetzt wird," als unbegründet abgewiesen.
Nach eingebrachter Vorstellung hob die belangte Behörde diese Entscheidung mit Bescheid vom 8. März 1991 gemäß § 94 Abs. 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Gebühren falle in den Zuständigkeitsbereich der Vollstreckungsbehörde und dies sei im vorliegenden Fall die Behörde erster Instanz. Gemäß § 3 Abs. 2 VVG seien Bescheide oder Rückstandsausweise, die von der Vollstreckungsbehörde mit der Bestätigung versehen seien, daß sie einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht mehr unterlägen, Exekutionstitel nach Maßgabe des § 1 der Exekutionsordnung. Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO seien an der Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen sei. Diese Behörde entscheide auch über die Einwendungen. Es stehe daher einer als Schuldner einer Verbindlichkeit herangezogenen Person eine Entscheidung über den Rückstandsausweis von der Titularbehörde zu, wenn ein Verwaltungsverfahren darüber mit dieser Person bisher noch nicht abgeführt worden sei. Da im anhängigen Fall die Entscheidung einer unzuständigen Behörde vorgelegen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Im zweiten Rechtsgang wies der Bürgermeister der Marktgemeinde mit Bescheid vom 25. April 1991 die "Berufung" als unbegründet ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen "Vorstellung" brachte der Beschwerdeführer vor, daß die Behörde auf den Kernpunkt seiner Beschwerde, auf der einen Seite würden Gebühren gefordert und auf der anderen Seite würde keinerlei Gegenleistung erbracht, im bekämpften Bescheid nicht eingegangen sei.
In dem - im weiteren Verfahren relevanten - Spruch II des (abermals vom Bürgermeister unterfertigten) Bescheides des Gemeinderates vom 9. Juli 1991 wurde die "Vorstellung" des Beschwerdeführers als Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde vom 25. April 1991 gewertet und auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates der Marktgemeinde vom 8. Juli 1991 gemäß § 213 Abs. 2 LAO als unbegründet abgewiesen. Zu Spruch II dieses Bescheides wurde in der Begründung ausgeführt, wenn in der Berufungschrift behauptet werde, von der Marktgemeinde würde keinerlei Gegenleistung erbracht und trotzdem würden Gebühren gefordert, so sei die Marktgemeinde jederzeit zur Erbringung einer solchen Leistung bereit, wenn vom Beschwerdeführer der bescheidmäßig festgesetzte Standort des Müllbehälters benützt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Februar 1992 wies die belangte Behörde im "Spruch I" die Vorstellung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Berufung gegen den Rückstandsausweis als unbegründet ab. Im "Spruch II" wurde die Vorstellung "hinsichtlich des in der Vorstellung geäußerten Mehrbegehrens" als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung zu "Spruch I" wird im wesentlichen ausgeführt, daß die im Instanzenzug vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers über das Bestehen der im Rückstandsausweis ausgewiesenen Leistungsverpflichtung auf keinen Tatsachen beruhten, die eine Hemmung bzw. Aufhebung der Exekution hervorrufen könnten, zumal an aufhebenden Tatsachen nur Zahlung (Erfüllung), Schulderlaß, Aufrechnung und ähnliches mehr sowie an hemmenden Tatsachen die Stundung des Anspruchs, insbesondere nachträgliche Gewährung von Ratenzahlungen, Wirkung entfalten könnten. "Spruch II" wird im wesentlichen damit begründet, nach Ansicht der belangten Behörde begehre der Beschwerdeführer die Abänderung eines Bescheides, über den bereits rechtskräftig entschieden worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem Vorbringen darin beschwert, daß die Marktgemeinde für einen Zeitraum Müllgebühren einhebe, ohne irgend eine Gegenleistung zu erbringen.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen der Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 idF VOR der Novelle LGBl. Nr. 457/1992, lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 2. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten nach Maßgabe des Abs. 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die landesgesetzlichen Abgabenverfahrensvorschriften auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.
(2) Im Verfahren nach diesem Bundesgesetz bei den im Abs. 1 genannten Behörden gelten nachstehende Abweichungen:
b) Vollstreckungsbehörde ist die nach den besonderen Vorschriften mit der Vollstreckung betraute Behörde. Sie kann die Bezirksverwaltungsbehörde und die Durchführung der Vollstreckung ersuchen.
c) Die in lit. b bezeichneten Behörden haben die Aufgaben zu besorgen, die nach diesem Bundesgesetz den Finanzämtern obliegen.
§ 3. (1) Die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche werden nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.
(2) Eine Vollstreckung auf bewegliche körperliche Sachen, auf grundbücherlich nicht sichergestellte Geldforderungen und auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen kann im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden.
(3) Bei allen übrigen Vollstreckungsarten ist nur ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren zulässig. Die Durchführung eines solchen Verfahrens schließt die gleichzeitige Durchführung eines finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens gemäß Abs. 2 nicht aus. Das Offenbarungseidverfahren obliegt nur den Gerichten.
(4) Finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind jene Verfahren, die die Abgabenbehörden (Abs. 1) zur Einbringung und Sicherung öffentlicher Abgaben selbst durchzuführen haben.
§ 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.
§ 12. (1) Gegen den Anspruch können im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
...
(3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluß gleichzeitig geltend gemacht werden.
(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen."
Die belangte Behörde hat - zwar unter Zitierung einer unzutreffenden Gesetzesstelle - in der Begründung ihres im ersten Rechtsgang erlassenen, rechtskräftigen Bescheides vom 8. März 1991 für das folgende Verfahren unmißverständlich und bindend ausgesprochen, daß die als Berufung gegen den Rückstandsausweis bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers als Einwendung gegen den Anspruch (richtigerweise nach § 12 AbgEO) zu werten war.
Bei Einwendungen gemäß § 12 AbgEO kommen ebenso wie bei der Oppositionsklage gemäß § 35 EO nur solche Tatsachen in Betracht, die erst nach Ausstellung des vollstreckbaren Rückstandsausweises eingetreten sind. Es wird also diesfalls nicht behauptet, daß der ausgestellte Rückstandsausweis unrichtig (gesetzwidrig oder irrtümlich ausgestellt) sei, sondern es werden hier solche Tatsachen vorgebracht, die den an sich und seinerzeit richtig bescheinigten Anspruch aufheben oder hemmen. Dies wird insbesondere dann zutreffen, wenn nach Ausstellung des Rückstandsausweises die Abgabenschuld zur Gänze oder zum Teil gestundet wurde. Soweit sich die vorgebrachten Einwendungen jedoch gegen den Entstehungsgrund der Abgabenschuld (Abgabenbescheid) richten, ist die Titelbehörde berechtigt und verpflichtet, diese Einwendungen bescheidmäßig zurückzuweisen (Reeger-Stoll, Abgabenexekutionsordnung, 46 und 47 zu § 12 soweit 56 zu § 15).
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es würden Müllbeseitigungsgebühren ohne irgendeine Gegenleistung erhoben, dann hat er damit - unbeschadet der Frage, ob diese Behauptung zutrifft - nicht einmal nach Ausstellung des Rückstandsausweises eingetretene, die Vollstreckung hemmende Tatsachen behauptet oder dargetan. Solche Tatsachen sind den Verwaltungsakten auch nicht zu entnehmen.
Im übrigen enthält die Vorstellung des Beschwerdeführers vom 13. Mai 1991 gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde vom 9. Juli 1991, in der der Antrag gestellt wurde, "der Vorstellung Folge zu geben und die bekämpfte Entscheidung des Gemeinderates als rechtswidrig aufzuheben", kein Mehrbegehren. Damit kann der Beschwerdeführer aber auch nicht durch die im "Spruch II" des angefochtenen Bescheides erfolgte Zurückweisung dieses vermeintlichen Begehrens beschwert sein.
Da sich das Beschwerdevorbringen im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als nicht berechtigt erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992170129.X00Im RIS seit
20.11.2000