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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache der Stadtgemeinde S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Dezember 1993, Zl. 556.475/32-VIII/6/93, betreffend ein Vorprüfungsverfahren gemäß § 4 des Starkstromwegegesetzes 1968, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Unter dem Datum 7. Dezember 1993 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten einen Bescheid erlassen, dessen Spruchteil I. nachstehenden Wortlaut hat:
"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten trifft gemäß § 4 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 6. Februar 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken (Starkstromwegegesetz 1968) in Beachtung der Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes BGBl. Nr. 57/1965 einschließlich der dazu ergangenen Durchführungsverordnungen und allgemein verbindlich erklärten SNT-Vorschriften sowie gemäß § 40 ff AVG 1950, BGBl. Nr. 172 i. g.F., die Feststellung:
Das modifizierte Projekt
* Abänderung des genehmigten generellen Projektes des Teilabschnittes "UW Südburgenland - UW Wien Südost" der 380-kV-Leitung "UW Kainachtal - UW Wien Südost" in den Gemeindebereichen Unterkohlstätten, Sieggraben, Mattersburg, Stadtschlaining, Schwendgraben-Unterrabnitz, Draßmarkt, Pilgersdorf, Ebreichsdorf, Trumau und Münchendorf,
* Mitführung eines 110-kV-Systems der BEWAG auf dem neuen
Gestänge der 380-kV-Leitung im Bereich von Stadtschlaining bis Draßmarkt/Schwendgraben unter gleichzeitiger Demontage der bestehenden 110-kV-Doppelhochspannungsleitung "Oberwart - Oberpullendorf" im Bereich Stadtschlaining bis Piringsdorf und der bestehenden 110-kV-Einfachhochspannungsleitung "St. Martin - Oberwart" vom UW St. Martin bis in den Bereich zwischen Oberwart und Unterwart,
* Verlegung des Endpunktes der
380-kV-Vierfachhochspannungsleitung von der Gemeinde Pottendorf "Reisenbach" in die Gemeinde Trumau,
* im Erstausbau Mitführung der
200-kV-Doppelhochspannungsfreileitung "Ternitz - Wien Südost" auf dem neuen Gestänge der 380-kV-Leitung im Bereich von Trumau bis zum Netzknoten Wien Südost unter gleichzeitiger Demontage der bestehenden 220-kV-Leitung in diesem Bereich,
widerspricht
a)
NICHT dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie gemäß § 7 Abs. 1 StWG (grundsätzliche Bewilligung des Projektes) und
b)
NICHT den sonstigen gemäß § 7 Abs. 1 StWG wahrzunehmenden öffentlichen, durch das Projekt berührten Interessen, soferne im Zuge der Detailplanung des Projektes gemäß der hier bewilligten generellen Trasse nachfolgende Bedingungen, Auflagen und Detailplanungsziele eingehalten werden:
1.
Demontage der bestehenden 110-kV-Doppelhochspannungsleitung "Oberwart - Oberpullendorf" im Bereich Stadtschlaining bis Piringsdorf. Demontage der bestehenden 110-kV-Einfachhochspannungsleitung "St. Martin - Oberwart" vom UW St. Martin bis in den Bereich zwischen Oberwart und Unterwart.
2.
Die generelle Trasse des Teilstückes der 380-kV-Freileitung zwischen dem geplanten UW Südburgenland und dem bestehenden UW Wien Südost zum Unterscheid vom ursprünglichen Projekt in folgenden Gemeindebereichen wie folgt festgelegt wird:
a)
Stadtschlaining:
Ab dem Schnittpunkt der Trasse mit der 110-kV-Doppelleitung "Rotenturm - Oberpullendorf" der BEWAG wird diese in Richtung Norden bis in den Bereich Piringsdorf demontiert und ein 110-kV-System auf dem 380-kV-Gestänge mitgeführt. Die nunmehrige 380/110-kV-Trasse verläuft hier in nordwestliche Richtung und führt unter bestmöglicher Ausnutzung des "Kohlleitenbach-Grabens" zum projektsgemäßen Winkelmast Nr. 38 beim Birkenwald. Beim Winkelmast Nr. 45 südöstlich von Goberling wird die abgeänderte Trasse zur abzutragenden 110-kV-Einfachleitung
"Stegersbach - St. Martin" der BEWAG geführt und verläuft anschließend auf deren Trasse bis zum Verlassen des Gemeindegebietes bei der Waldmühle. ...."
Unter Punkt II. wurden "alle in den örtlichen, mündlichen Verhandlungen gestellten zivilrechtlichen Ansprüche und Anträge, wie Entschädigungsansprüche, Schadenersatzansprüche, Haftungsübernahmen etc., als nicht verhandlungsgegenständlich zurückgewiesen bzw. auf den zivilrechtlichen Weg verwiesen".
Durch Punkt III. des Spruches dieses Bescheides wurden mehrere Verhandlungsschriften, u.a. jene die beschwerdeführende Stadtgemeinde betreffende vom 28. September 1993, "zur allfälligen Interpretation als integrierender Bestandteil dieses Bescheides" erklärt.
Unter Spruchpunkt IV. wurde der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG gemäß § 5 des Starkstromwegegesetzes 1968 "das Recht erteilt, zur Vornahme von Vorarbeiten .... fremde Grundstücke zur Ausarbeitung eines Detailprojektes im Bereich der im Spruchteil I. beschriebenen generellen Trasse der zu errichtenden 380-kV-Leitungsanlage in Anspruch zu nehmen".
Schließlich enthält Punkt V. des Spruches dieses Bescheides Aussprüche gemäß §§ 77 und 78 AVG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach deren Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) sich die beschwerdeführende Stadtgemeinde durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt erachtet, "eine Starkstromleitung auf ihrem Gemeindegebiet und in einem Natur- und Landschaftspflegegebiet dulden zu müssen, dadurch in ihrem verfassungsgesetzlich garantierten Souveränitätsrecht verletzt zu sein und eine Schädigung von Pflanzen und Tierbestand sowie eine Gesundheitsschädigung von Menschen hinnehmen zu müssen". Der Beschwerdepunkt bezieht sich daher lediglich auf die unter Punkt I. des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation ist demnach die Behauptung des Beschwerdeführers, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß eine Beschwerde trotz der Behauptung des Beschwerdeführers, in einem Recht verletzt worden zu sein, sich dennoch als unzulässig erweist, wenn die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht besteht (vgl. etwa die Entscheidungen vom 9. April 1965, Slg. Nr. 6659/A, vom 2. Juli 1969, Slg. Nr. 7618/A, und vom 13. Oktober 1977, Slg. Nr. 9407/A).
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Starkstromwegegesetzes 1968 haben nachstehenden Wortlaut:
"Vorprüfungsverfahren
§ 4.
(1) Die Behörde kann über Antrag oder von Amts wegen ein Vorprüfungsverfahren anordnen, wenn ein Ansuchen um Bewilligung der Inanspruchnahme fremden Gutes zur Vornahme von Vorarbeiten (§ 5) oder um Bewilligung zur Errichtung und Inbetriebnahme elektrischer Leitungsanlagen (§ 6) vorliegt und zu befürchten ist, daß durch diese elektrischen Leitungsanlagen öffentliche Interessen nach § 7 Abs. 1 wesentlich beeinträchtigt werden. In diesem sind der Behörde durch den Bewilligungswerber über Aufforderung folgende Unterlagen vorzulegen:
a)
ein Bericht über die technische Konzeption der geplanten Leitungsanlage,
b)
ein Übersichtsplan im Maßstab 1:50.000 mit der vorläufig beabsichtigten Trasse und den offenkundig berührten, öffentlichen Interessen dienenden Anlagen.
(2) Im Rahmen eines Vorprüfungsverfahrens sind sämtliche Behörden und öffentlich-rechtliche Körperschaften, welche die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten öffentlichen Interessen (§ 7 Abs. 1) vertreten, zu hören.
(3) Nach Abschluß des Vorprüfungsverfahrens ist mit Bescheid festzustellen, ob und unter welchen Bedingungen die geplante elektrische Leitungsanlage den berührten öffentlichen Interessen nicht widerspricht. ...
Bau- und Betriebsbewilligung
§ 7.
(1) Die Behörde hat die Bau- und Betriebsbewilligung zu erteilen, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. In dieser Bewilligung hat die Behörde durch Auflagen zu bewirken, daß die elektrischen Leitungsanlagen diesen Voraussetzungen entsprechen. Dabei hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind im Ermittlungsverfahren zu hören.
...."
Der beschwerdeführenden Stadtgemeinde wurde offensichtlich im Hinblick auf die Vorschrift des § 4 Abs. 2 leg. cit. Gelegenheit gegeben, die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlich erscheinende Stellungnahme abzugeben, wovon sie entsprechend der vorliegenden Ausfertigung der Verhandlungsschrift vom 28. September 1993 Gebrauch gemacht und ausgeführt hat, daß "aus der Sicht der Gemeinde und Rücksprache und Aufklärung der Gemeindevertreter diese unter Berücksichtigung der angebotenen Veränderungen hinsichtlich der Trassenführung und Abbau der angesprochenen 110-kV-Leitungen bzw. Verkabelung der 20-kV-Leitung, wenn auch landschaftliche und gesundheitliche Bedenken vorhanden sind, bereit sind, dem Vorschlag der Verbundtrasse zuzustimmen".
Die beschwerdeführende Stadtgemeinde ist daher - ungeachtet des vorstehend wiedergegebenen Beschwerdepunktes - durch den angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht in ihrem aus § 4 Abs. 2 leg. cit. resultierenden Anhörungsrecht verletzt worden. Aus diesem Anhörungsrecht ergibt sich aber kein darüber hinausgehender Anspruch darauf, in dem in Rede stehenden Vorprüfungsverfahren gemäß § 4 leg. cit. als Partei im Sinne des § 8 AVG teilzunehmen, sodaß in dieser Hinsicht gleiche Erwägungen wie hinsichtlich des Bewilligungsverfahrens im Sinne der §§ 6 ff des Starkstromwegegesetzes 1968 gelten (vgl. dazu den dieselbe beschwerdeführende Stadtgemeinde betreffenden hg. Beschluß vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0192, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Da dem Beschwerdevorbringen im übrigen nicht entnommen werden kann, daß die beschwerdeführende Stadtgemeinde durch die Errichtung der geplanten Leitungsanlage etwa deshalb in ihren Privatrechten betroffen sein könnte, weil das Projekt ohne Beanspruchung ihres Eigentums nicht ausgeführt werden kann, sind Erörterungen darüber entbehrlich, ob sie in einem solchen Fall in dem abgeführten Vorprüfungsverfahren Parteistellung besessen hätte. Im übrigen kann es bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin durch den in Rede stehenden Feststellungsbescheid überhaupt im angeführten Beschwerdepunkt verletzt sein konnte.
Zusammenfassend ist davon auszugehen, daß der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die Berechtigung zur Anfechtung des vom Beschwerdepunkt erfaßten Teiles des angefochtenen Bescheides fehlt, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet zurückzuweisen war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050022.X00Im RIS seit
28.09.2001