Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1973 §367 Z21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Oktober 1993, Zl. UVS-04/19/00137/93, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt wie folgt:
"Sie haben bei Betrieb ihrer gewerblichen Betriebsanlage in Wien, X-Straße 39, eine Auflage des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes vom 28. Juni 1991, Zl. MBA/67-Ba 4544/1/91, insofern nicht eingehalten, als sie entgegen Punkt 1) des Bescheides an folgenden Tagen die in das Stiegenhaus führende Türe zu Lüftungszwecken geöffnet hatten und nicht geruchsdicht abgedichtet hatten: ..."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit Punkt 1) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes vom 28. Juni 1991, begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzarreststrafe 15 Tage) verhängt werde. Zur Begründung wurde - nach zusammenfassender Darstellung der in der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 1993 erstatteten Aussagen sowie bezughabender Rechtsvorschriften - u.a. ausgeführt, dem Ergebnis des Beweisverfahrens habe entnommen werden können, daß die Zeugin die gangseitige Tür des gegenständlichen Betriebes zu mehreren Zeitpunkten in geöffnetem Zustand und einen offensichtlich diesem Betrieb entweichenden, subjektiv als unangenehm empfundenen Geruch wahrnehmen habe können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, "entgegen der Bestimmung des § 367 Z. 26 GewO 1973 vor allem auch im Hinblick auf § 31 VStG nicht bestraft zu werden und auf fehlerfreie Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens sowie auf Überprüfbarkeit des Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof". Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes u.a. vor, mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt vom 28. Juni 1991, sei ihm auf Grund des § 79 GewO 1973 sowie des § 25 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz die folgende zusätzliche Auflage vorgeschrieben worden: "1. Die Türe und die Fenster dürfen zu Lüftungszwecken nicht geöffnet werden und sind geruchsdicht abzudichten." Er verweise darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen habe, daß die Heranziehung eines gewerbebehördlichen Bescheides als Straftatbestand im Sinne des § 367 Z. 26 GewO 1973 nur dann zulässig sei, wenn dieser mit genügender Klarheit eine Gebots- oder Verbotsnorm dergestalt enthalte, daß der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar sei. Der oben zitierte Bescheid lege lediglich fest, daß die Türe und die Fenster zu Lüftungszwecken nicht geöffnet werden dürften und geruchsdicht abzudichten seien, lasse allerdings offen, welche Türe bzw. welches Fenster gemeint sei. Da dieser Bescheid nicht das geringste Bestimmtheitserfordernis erfülle, könne er noch weniger dazu dienen, um als Grundlage für eine verwaltungsrechtliche Bestrafung zu dienen.
Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer u.a. die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargetan hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0285, und die dort zitierte weitere hg.
Rechtsprechung), wird dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes.
Im Hinblick auf die durch § 367 Z. 26 GewO 1973 gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen, der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen reicht nicht aus (siehe hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/04/0171).
Die belangte Behörde verkannte nun schon insoweit die Rechtslage, daß - wie oben dargestellt - der im Verwaltungsrechtszug ergangene Schuldspruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage nicht aufweist, sondern einen bloßen Hinweis auf die ziffernmäßig bezeichnete Auflage enthält.
Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid - wie auch schon das erstbehördliche Straferkenntnis - insofern nicht dem dargestellten Sprucherfordernis, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens - insbesondere auch soweit dieses auf einen nicht ausreichend bestimmten Norminhalt der in Frage stehenden Auflage abstellt - bedurft hätte.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Mängel im Spruch Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040255.X00Im RIS seit
11.07.2001