Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der C in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. November 1993, Zl. MD-VfR-B XIII-25 u. 26/93, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 24. Juni 1993 wurde "den Eigentümern des Hauses und der Liegenschaft 13. Bezirk, X-Gasse ONr. 37, EZ nn1 der KG Ober St. Veit" unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der nachstehende Auftrag erteilt:
"Binnen 4 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides sind die im Hause auf der Liegenschaft 13, X-Gasse ONr. 37, in der Feuermauer zur Nachbarliegenschaft 13, X-Gasse ONr. 39, ident mit Y-Gasse ONr. 4-6, im 2. Stock im Wohnzimmer der Wohnung Tür Nr. 5, ohne baubehördlicher Bewilligung hergestellte Maueröffnung (Fensteröffnung) im Ausmaß von ca. 1,05 m x 1,30 m und die im 2. Dachgeschoß im Bereich der Terrasse ohne Baubewilligung hergestellte Maueröffnung (Fensteröffnung) im Ausmaß von ca. 1,10 m x 1,97 m durch Abmauerung in der vollen Mauerstärke, beseitigen zu lassen.
Dieser Auftrag gilt nicht, wenn innerhalb der gleichen Frist um die nachträgliche Baubewilligung angesucht und diese in der Folge erwirkt wird."
Die von der Beschwerdeführerin dagegen eingebrachte Berufung, in welcher sie sich ausschließlich dagegen gewandt hat, daß sich der Auftrag an "die Miteigentümer" und nicht nur gegen diejenigen Miteigentümer richte, "in deren Rechtssphäre und tatsächlichem Einflußbereich die konsenslosen Mauerdurchbrüche geschaffen wurden", wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. November 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
Die Berufungsbehörde führte in der Begründung ihres Bescheides aus, gerade die von der Beschwerdeführerin zitierte Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien spreche gegen die Ansicht, daß der Beseitigungsauftrag lediglich an jene Wohnungseigentümer zu richten sei, in deren Rechtssphäre und tatsächlichem Einflußbereich die konsenslosen Öffnungen bestehen. Angesicht des Umstandes, daß bestimmte Bauführungen innerhalb eines Wohnungseigentumsobjektes nicht der Zustimmung aller anderen Miteigentümer bedürften, habe aus der Fassung, welche diese Bestimmung vor der Novelle LGBl. für Wien Nr. 34/1992 gehabt habe, auf die alleinige Verantwortlichkeit eines Wohnungseigentümers für bestimmte, in seinem Bereich bestehende Konsenswidrigkeiten geschlossen werden können. Abgesehen davon, daß Änderungen der äußeren Gestaltung des Gebäudes (dazu gehören Öffnungen in der Außenmauer zweifellos) auch nach der erwähnten Rechtslage der Zustimmung aller Miteigentümer bedürften, sei diese Sonderregelung für den Fall des Wohnungseigentums durch die vorgenannte Novelle zur Bauordnung für Wien aufgehoben worden. Die teilweise an ihre Stelle getretene Bestimmung des § 62 (Bauanzeige), welche vom Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers (der Miteigentümer) in bestimmten Fällen gleichfalls absehe, sei auf Bauführungen nicht anwendbar, die eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes bewirken. Bauführungen mit solchen Wirkungen "waren und sind" gemäß § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien bewilligungsbedürftig und könnten nur bewilligt werden, wenn das Ansuchen von der Zustimmung aller Miteigentümer getragen sei. Dies gelte ausnahmslos auch im Falle des Wohnungseigentums. Bedürfe die zulässige, mit Bewilligung der Behörde vorgenommene Veränderung des äußeren Ansehens des Gebäudes durch Herstellung von Feuermaueröffnungen (Fenstern) der Zustimmung aller Miteigentümer des Hauses, dann sei es nur folgerichtig, den Auftrag zur Beseitigung eigenmächtig hergestellter Öffnungen ebenfalls an alle Eigentümer des Hauses zu richten. Sollten einzelne Miteigentümer aus irgendwelchen, auch rechtlichen Gründen nicht in der Lage sein, der Verpflichtung zu entsprechen, dann erweise sich in einer solchen Situation der eigentliche Zweck eines baubehördlichen Auftrages. Als Vollziehungsverfügung im Sinne der Verwaltungsrechtslehre soll er die Herstellung des gestzmäßigen Zustandes mit den Mitteln des Verwaltungszwanges (Ersatzvornahme) auch dort ermöglichen, wo die Verpflichteten nicht bereit oder nicht fähig seien, das Notwendige selbst zu veranlassen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beseitigen und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.
Da die Beschwerdeführerin den erstinstanzlichen baupolizeilichen Auftrag in ihrer Berufung "lediglich insoweit angefochten" hat, "als er sich gegen die Miteigentümer und nicht nur gegen diejenigen Miteigentümer richtet, in deren Rechtssphäre und tatsächlichem Einflußbereich die konsenslosen Mauerdurchbrüche geschaffen worden sind ...", braucht auf das Vorliegen der meritorischen Voraussetzungen für die Erlassung des im Beschwerdefall erteilten Beseitigungsauftrages nicht eingegangen, sondern lediglich die Frage erörtert zu werden, ob dieser Auftrag zu Recht "den Eigentümern des Hauses und der Liegenschaft", und somit auch der Beschwerdeführerin als Wohnungseigentümerin einer in diesem Hause befindlichen Wohnung erteilt worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, auf S. 517 unter Z. 84 zitierten
hg. Erkenntnisse) die Auffassung, daß ein Beseitigungsauftrag für vorschriftswidrige Bauten stets an den Eigentümer zu richten ist, weshalb der vorliegende baupolizeiliche Auftrag zu Recht auch an die Beschwerdeführerin als Wohnungs- und damit Miteigentümerin der in Rede stehenden Baulichkeit adressiert worden ist. Diese Rechtsauffassung entspricht der Vorschrift des § 63 Abs. 1 lit. c leg. cit. (in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 34/1992), wonach der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen hat, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist, insofern, als sich daraus ergibt, daß BEWILLIGUNGSPFLICHTIGE Bauführungen eines Wohnungseigentümers nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer baubehördlich bewilligt werden dürfen. Die zum Gegenstand des im Beschwerdefall erteilten Beseitigungsauftrages gemachten Maueröffnungen sind aber zufolge § 60 Abs. 1 lit. c leg. cit. bewilligungspflichtig, weil durch sie das äußere Ansehen des Gebäudes verändert wird, und bedürften daher einer von der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer abhängigen baubehördlichen Bewilligung. Daß diese baulichen Maßnahmen gegebenenfalls ohne schuldhaftes Verhalten der Beschwerdeführerin hergestellt worden sind, vermag nichts daran zu ändern, daß der Beseitigungsauftrag allen Miteigentümern zu erteilen war (vgl. das a.a.O. auf S. 518 unter Z. 91 zitierte hg. Erkenntnis vom 17. November 1975, Zl. 1259/75). Es ist daher ohne Belang, ob die Maueröffnungen nicht mit Zustimmung sämtlicher übrigen Miteigentümer, sondern eigenmächtig ohne jede Verständigung derselben hergestellt worden seien, weshalb die Beschwerdeführerin als eine von mehreren Wohnungseigentümerinnen keine Gelegenheit gehabt habe, Abwehrmaßnahmen gegen das beabsichtigte Bauvorhaben zu ergreifen oder sich auch nur gegen eine derartige Vorgangsweise auszusprechen. Im übrigen nimmt die Beschwerdeführerin selbst an, daß "den einzelnen Wohnungseigentümern kein (ausschließliches) Nutzungsrecht an den Außenmauern zusteht", weshalb aber folgerichtig auch davon ausgegangen werden muß, daß der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag an die gemeinsam Verfügungsberechtigten, also sämtliche Wohnungseigentümer, und sohin auch an die Beschwerdeführerin, zu richten war. Eine Rechtswidrigkeit des auch der Beschwerdeführerin erteilten Beseitigungsauftrages kann auch nicht damit begründet werden, daß für den Fall einer Verweigerung der Erfüllung des Beseitigungsauftrages durch den unmittelbar betroffenen Miteigentümer die übrigen mit schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen, wie etwa einer Ersatzvornahme mit entsprechenden Pfandrechten zur Sicherstellung des Kostenaufwandes rechnen müßten, weil es der Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend bemerkt hat, unbenommen bleibt, nötigenfalls auf dem Zivilrechtsweg von den Verursachern der Konsenswidrigkeit den Ersatz jenes Schadens zu begehren, der ihr durch eine allenfalls notwendige Vollstreckung des Beseitigungsauftrages im Wege der Ersatzvornahme entsteht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt des Spruches Anführung des BescheidadressatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993050289.X00Im RIS seit
12.10.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009